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Urheberrecht in digitalisierter Wissenschaft und Lehre - TIB

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Prof. Dr. Thomas Hoeren<br />

Internet erforderlichen Rechte zu erwerben. Dies dürfte zu erheblichen logistischen<br />

Schwierigkeiten führen, s<strong>in</strong>d doch die Rechte<strong>in</strong>haber unter Umständen nicht mehr auff<strong>in</strong>dbar oder<br />

gar verstorben. Darüber h<strong>in</strong>aus wittert der e<strong>in</strong>e oder andere Lizenzgeber gerade angesichts der<br />

Internet-Euphorie reiche Beute; er wird die Rechte nur gegen hohe Nachzahlungen e<strong>in</strong>räumen.<br />

§ 31 Abs. 4 UrhG könnte zur Crux der Content-Provider werden. 128<br />

b) Anwendbarkeit auf Onl<strong>in</strong>e-Dienste<br />

Fraglich ist dann aber, ob Onl<strong>in</strong>e-Dienste e<strong>in</strong>e neue Nutzungsart bilden. 129 Der Onl<strong>in</strong>ebereich<br />

unterliegt eigenen technischen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten. Die Verbreitung via<br />

Internet erfolgt <strong>in</strong>ternational ohne Rücksicht auf nationale Grenzen an e<strong>in</strong> eigenes Publikum. E<strong>in</strong><br />

Werk der Literatur, das Onl<strong>in</strong>e angeboten wird, erreicht neue Leserkreise. Im Rahmen des WWW,<br />

dem Onl<strong>in</strong>e-Pendant zur multimedialen CD, werden darüber h<strong>in</strong>aus Bild, Text <strong>und</strong> Ton zu e<strong>in</strong>er<br />

neuen E<strong>in</strong>heit verknüpft <strong>und</strong> neue Produkte geschaffen. Der K<strong>und</strong>e erhält nicht nur alte<br />

Informationen auf neuem technischen Übertragungsweg. Er surft vielmehr gerade deshalb durch<br />

das Internet, weil er dort e<strong>in</strong>e noch nie gekannte Form der Verknüpfung von Informationen zu<br />

e<strong>in</strong>er neuen E<strong>in</strong>heit erleben kann. Dementsprechend f<strong>in</strong>den sich auch für diesen Bereich eigene<br />

Benutzerkreise, eigene Zeitschriften <strong>und</strong> eigene Dienstleister. 130<br />

Zu beachten s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs arbeitsvertragliche oder sonstige Treuepflichten. E<strong>in</strong>em Arbeitnehmer<br />

ist es nach allgeme<strong>in</strong>em Arbeitsrecht untersagt, die Rechte an der Onl<strong>in</strong>e-Nutzung e<strong>in</strong>em anderen<br />

anzubieten <strong>und</strong> <strong>in</strong>soweit <strong>in</strong> Konkurrenz zum Arbeitgeber zu treten. Insofern besteht nach<br />

Maßgabe von § 242 BGB e<strong>in</strong>e Verhandlungspflicht, aufgr<strong>und</strong> derer der Arbeitnehmer dem<br />

Arbeitgeber den nachträglichen Erwerb der Onl<strong>in</strong>e-Rechte zu angemessenen Bed<strong>in</strong>gungen<br />

anzubieten hat.<br />

Umstritten ist, wie das spezifische Neue der Internet-Nutzung umschrieben werden kann. Die<br />

Digitalisierung selbst wird man noch nicht als das Entscheidende ansehen können. 131<br />

Entscheidend s<strong>in</strong>d die e<strong>in</strong>zelnen Dienste <strong>in</strong>nerhalb des Internets <strong>in</strong> Bezug auf die jeweils konkret<br />

genutzte Werkart. So stellt die Nutzung von Fotos im Internet e<strong>in</strong>e eigene Nutzungsart dar. 132<br />

Auch die Möglichkeit, Filme on demand abzurufen, ist e<strong>in</strong>e eigene Verwertungsform. 133 Selbst<br />

die Verwendung von Musik für Handy-Kl<strong>in</strong>geltöne wird als eigenständige Nutzungsart<br />

128 H<strong>in</strong>sichtlich der vielfältigen anderen Rechtsprobleme bei der Multimediaentwicklung siehe Hoeren, An<br />

assessment of long-term solutions <strong>in</strong> the context of copyright and electronic delivery systems and multimedia<br />

products, hrsg. von der Europäischen Kommission/DG XIII, Luxembourg 1995.<br />

129 Bei CD-ROM-Produkten ist <strong>in</strong>zwischen die Frage der unbekannten Nutzungsart gerichtlich geklärt. Verschiedene<br />

europäische Gerichte haben das Vorliegen e<strong>in</strong>er eigenen, neuen Nutzungsart bejaht <strong>und</strong> für die Frage der Neuheit auf<br />

die Zeit um 1990 abgestellt; siehe etwa LG Hamburg, MMR 1998, 44.; Bezirksgericht Amsterdam, MMR 1998, 34.<br />

130 So auch Bezirksgericht Amsterdam, MMR 1998, 34, 35.<br />

131 So auch Fromm/Ordemann/Hert<strong>in</strong>, §§ 31/32 RDnr. 18; Lehmann, Internet- <strong>und</strong> Multimediarecht, 1997, 61;<br />

Castedyk, MMR 2000, 295; Thurow, Festschrift Kreile 1994, 763, 770.<br />

132 LG Berl<strong>in</strong>, ZUM 2000, 73.<br />

133 OLG München, ZUM 1998, 413; LG München I, Urteil vom 10. März 1999, MMR 2000, 291.<br />

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