Urheberrecht in digitalisierter Wissenschaft und Lehre - TIB
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Prof. Dr. Thomas Hoeren<br />
Weigerung e<strong>in</strong>es Unternehmens, das e<strong>in</strong>e beherrschende Stellung wegen der Inhaberschaft an<br />
Immaterialgüterrechten <strong>in</strong>nehat, e<strong>in</strong>em anderen Unternehmen e<strong>in</strong>e Lizenz zur Verwendung dieser<br />
Rechte zu erteilen, ke<strong>in</strong>en Missbrauch e<strong>in</strong>er beherrschenden Stellung im S<strong>in</strong>ne von Artikel 82 EG<br />
dar. E<strong>in</strong>e Ausnahme gilt, wenn folgende Bed<strong>in</strong>gungen erfüllt s<strong>in</strong>d:<br />
Das Unternehmen, das um die Lizenz ersucht hat, beabsichtigt, auf dem Markt für die Lieferung<br />
der betreffenden Daten neue Erzeugnisse oder Dienstleistungen anzubieten, die der Inhaber des<br />
Rechts des geistigen Eigentums nicht anbietet <strong>und</strong> für die e<strong>in</strong>e potenzielle Nachfrage der<br />
Verbraucher besteht.<br />
Die Weigerung ist nicht aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.<br />
Die Weigerung ist geeignet, dem Inhaber des Rechts des geistigen Eigentums den Markt für die<br />
Lieferung der Daten über den Absatz von Arzneimitteln <strong>in</strong> dem betreffenden Mitgliedstaat<br />
vorzubehalten, <strong>in</strong>dem jeglicher Wettbewerb auf diesem Markt ausgeschlossen wird.<br />
VII. Verwertungsgesellschaften<br />
Die zahlreichen von der Onl<strong>in</strong>e-Nutzung betroffenen Urheber- <strong>und</strong> Leistungsschutzrechte machen<br />
e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle Nutzung des Internet sehr schwierig. Wollte der Content-Provider e<strong>in</strong>e digitale<br />
Bild- oder Musikdatenbank e<strong>in</strong>richten, bräuchte er je nach Speicherkapazität die Zustimmung<br />
tausender Urheber <strong>und</strong> Leistungsschutzberechtigter. So musste z. B. für die Herstellung der CD-<br />
ROM anlässlich des 100. Geburtstages des Komponisten Carl Orff der Musikverlag Schott mehr<br />
als 800 Urheber- <strong>und</strong> Leistungsschutzrechte e<strong>in</strong>holen 109 . Gäbe es nicht zum<strong>in</strong>dest die<br />
Verwertungsgesellschaften, die e<strong>in</strong>ige Rechte treuhänderisch 110 wahrnehmen, müsste der Content-<br />
Provider mit jedem e<strong>in</strong>zelnen Berechtigten verhandeln. Die Nutzung von Multimedia wäre damit<br />
von vornhere<strong>in</strong> unmöglich. Hier bietet sich die Idee e<strong>in</strong>es One-Stop-Shops an, e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zigen<br />
„Geschäfts für digitale Rechte“.<br />
Bekanntes Beispiel e<strong>in</strong>er Verwertungsgesellschaft ist die <strong>in</strong> München <strong>und</strong> Berl<strong>in</strong> ansässige<br />
GEMA. Wer bei e<strong>in</strong>em Vere<strong>in</strong>sfest Musik per Band spielen will, wer die K<strong>und</strong>en <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />
Geschäft mit H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>musik erfreuen will, der muss dafür an die GEMA e<strong>in</strong>en Obolus<br />
entrichten. Die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungsrechte) führt das Geld nach<br />
Abzug ihrer Verwaltungsgebühren an die Rechte<strong>in</strong>haber ab. Ähnliche Gesellschaften existieren<br />
für andere Werkarten.<br />
Die GEMA lässt sich u.a. die „Rechte der Aufnahme auf Tonträger <strong>und</strong> Bildtonträger <strong>und</strong> die<br />
Vervielfältigungs- <strong>und</strong> Verbreitungsrechte an Tonträgern <strong>und</strong> Bildtonträgern” übertragen. Die<br />
Klausel bezieht sich nur auf die unveränderte Übernahme e<strong>in</strong>es vollständigen Musikwerkes auf<br />
109 Möschel/ Bechthold, Copyright-Management im Netz, MMR 1998, 571 f.<br />
110 Der zwischen dem Urheber <strong>und</strong> der Verwertungsgesellschaft geschlossene Wahrnehmungsvertrag begründet e<strong>in</strong><br />
fremdnütziges Treuhandverhältnis, durch welches der Treuhänder das ausschließliche Nutzungs- <strong>und</strong><br />
Verwertungsrecht erhält; vgl. LG Köln <strong>in</strong> ZUM 1998, S. 168 f.<br />
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