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Urheberrecht in digitalisierter Wissenschaft und Lehre - TIB

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Prof. Dr. Thomas Hoeren<br />

eigentlichen Kernbereich von Literatur, Musik <strong>und</strong> Kunst h<strong>in</strong>aus uferlos ausgeweitet wird <strong>und</strong><br />

auch bei m<strong>in</strong>imaler kreativer Gestaltung e<strong>in</strong> monopolartiger Schutz bis 70 Jahre nach Tod des<br />

Urhebers bejaht werden müsste.<br />

Teilweise wird diese traditionelle Sichtweise jedoch kritisiert. So wird das Kriterium der<br />

Gestaltungshöhe als „spezifisch deutschrechtlich” angesehen <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> europäischer<br />

Harmonisierungstendenzen e<strong>in</strong>e Abkehr von diesem Kriterium gefordert 26 . Diese Auffassung<br />

verkennt jedoch, dass auch <strong>in</strong> anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, <strong>in</strong>sbesondere<br />

soweit diese der kont<strong>in</strong>ental-europäischen Tradition des „Droit d´auteur“ zuzurechnen s<strong>in</strong>d,<br />

immer noch e<strong>in</strong> hoher Grad an Schöpfungshöhe als Gr<strong>und</strong>bed<strong>in</strong>gung e<strong>in</strong>es urheberrechtlichen<br />

Schutzes angesehen wird 27 . Selbst <strong>in</strong> der US-amerikanischen Rechtsprechung machen sich<br />

Tendenzen bemerkbar, erhöhte qualitative Kriterien an die Gewährung des Copyright anzulegen 28 .<br />

4. Pixel, So<strong>und</strong>s <strong>und</strong> Bits<br />

Schwierigkeiten bereiten Onl<strong>in</strong>eauftritte auch <strong>in</strong>sofern, als teilweise nicht ganze Sprach-,<br />

Lichtbild- oder Filmwerke e<strong>in</strong>gespeist, sondern kle<strong>in</strong>ste Partikel der betroffenen Werke verwendet<br />

werden. So wird etwa bei Musik manchmal lediglich der So<strong>und</strong> kopiert; die Melodie h<strong>in</strong>gegen<br />

wird nicht übernommen 29 .<br />

Bei Musik ist regelmäßig nur die Melodie geschützt. Diese ist Ausdruck der formgebenden.<br />

Außerhalb des urheberrechtlichen Schutzbereiches liegen die re<strong>in</strong> handwerkliche Tätigkeit, die<br />

ke<strong>in</strong> geistiges Schaffen ist, <strong>und</strong> alle geme<strong>in</strong>freien Elemente; so die formalen Gestaltungselemente,<br />

die auf den <strong>Lehre</strong>n von Harmonik, Rhythmik <strong>und</strong> Melodik beruhen. 30<br />

Schlagzeugfiguren, Bassläufe oder Keyboarde<strong>in</strong>stellungen s<strong>in</strong>d folglich nach allgeme<strong>in</strong>er<br />

Auffassung 31 urheberrechtlich nicht geschützt, da sie nicht melodietragend, sondern lediglich<br />

abstrakte Ideen ohne konkrete Form seien. Ähnliches gilt für Klangdateien (sog. Presets). 32<br />

Insoweit rächt sich die Unterscheidung von Idee <strong>und</strong> Form, die dazu führt, dass nur die Melodie<br />

als urheberrechtsfähig angesehen wird. Hier ist e<strong>in</strong> Umdenken erforderlich, das auch den So<strong>und</strong><br />

26<br />

Schricker, GRUR 1996, 815, 818; ähnlich auch Schricker, Festschrift Kreile, 715 <strong>und</strong> ders., – GRUR 1991, Band<br />

II, 1095, 1102; Nordemann/Heise, ZUM 2001, 128.<br />

27<br />

Vgl. hierzu Dietz, Das <strong>Urheberrecht</strong> <strong>in</strong> der Europäischen Geme<strong>in</strong>schaft, Baden-Baden 1978, Rdnrn. 78; Colombet,<br />

Major pr<strong>in</strong>ciples of copyright and neighbour<strong>in</strong>g rights <strong>in</strong> the world, Paris 1987, 11; Cer<strong>in</strong>a, IIC 1993, 579, 582.<br />

28<br />

Siehe etwa die Entscheidung des Supreme Court of the United States No. 89-1909 vom 27. März 1991 <strong>in</strong> Sachen<br />

Feist Publications Inc. v. Rural Telephone Service Company, Sup. Ct. 111 (1991), 1282 = GRUR Int. 1991, 933.<br />

29<br />

Vgl. hierzu Allen, Enterta<strong>in</strong>ment & Sports Law Review 9 (1992), 179, 181; Keyt, CalLR 76 (1988), 421, 427;<br />

McGraw, High Technology LJ 4 (1989), 147, 148. Zum deutschen Recht siehe Münker, <strong>Urheberrecht</strong>liche<br />

Zustimmungserfordernisse beim Digital Sampl<strong>in</strong>g, Frankfurt 1995; Bortloff, ZUM 1993, 476; Lew<strong>in</strong>ski, Verwandte<br />

Schutzrechte, <strong>in</strong>: Schricker (Hg.), <strong>Urheberrecht</strong> auf dem Weg zur Informationsgesellschaft, Baden-Baden 1997, 231.<br />

30<br />

BGH GRUR 1981, 267/268 "Dirlada"; vgl. auch BGH GRUR 1988, 810 "Fantasy" <strong>und</strong> 812 "E<strong>in</strong> bißchen Frieden"<br />

sowie BGH GRUR 1991, 533, "Brown Girl II".<br />

31<br />

So etwa Wolpert, UFITA 50 (1967), 769, 770.<br />

32<br />

LG Rottweil, Beschluss vom 18. März 2001, ZUM 2002, 490.<br />

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