Urheberrecht in digitalisierter Wissenschaft und Lehre - TIB
Urheberrecht in digitalisierter Wissenschaft und Lehre - TIB
Urheberrecht in digitalisierter Wissenschaft und Lehre - TIB
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Prof. Dr. Thomas Hoeren<br />
1. Ausübende Künstler, §§ 73-84 UrhG<br />
Problematisch ist z.B. die Stellung des ausübenden Künstlers, <strong>in</strong>sbesondere im Falle der<br />
Übernahme von So<strong>und</strong>s e<strong>in</strong>es Studiomusikers 35 . Nach § 75 II UrhG dürfen Bild- <strong>und</strong> Tonträger,<br />
auf denen Darbietungen e<strong>in</strong>es ausübenden Künstlers enthalten s<strong>in</strong>d, nur mit se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>willigung<br />
vervielfältigt werden. Dieses Recht steht nach herrschender Auffassung auch dem Studiomusiker<br />
zu, auch wenn er unmittelbar ke<strong>in</strong> Werk vorträgt oder aufführt (vgl. § 73 UrhG) 36 . Beim So<strong>und</strong>-<br />
Sampl<strong>in</strong>g kann sich e<strong>in</strong> Studiomusiker nur dann gegen die Integration „se<strong>in</strong>er” So<strong>und</strong>s zur Wehr<br />
setzen, wenn die Leistung des Musikers zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum an Eigenart aufweist 37 .<br />
2. §§ 85, 86 UrhG<br />
Schwierigkeiten bereitet auch die Rechtsstellung des Tonträgerherstellers im H<strong>in</strong>blick auf neue<br />
Verwertungstechnologien.<br />
Überträgt er urheberrechtlich geschützte Musikwerke auf Tonträger <strong>und</strong> werden die Tonträger<br />
ungenehmigt ganz oder teilweise kopiert, kann er sich unzweifelhaft auf e<strong>in</strong> Leistungsschutzrecht<br />
aus § 85 I UrhG berufen. Streitig ist jedoch, ob sich das Herstellerunternehmen zum Beispiel<br />
gegen So<strong>und</strong>-Klau zur Wehr setzen kann, auch wenn So<strong>und</strong>s als solche nicht urheberrechtsfähig<br />
s<strong>in</strong>d 38 . Zu dieser Streitfrage haben Hert<strong>in</strong> 39 <strong>und</strong> Schorn 40 die Ansicht vertreten, dass sich der<br />
Tonträgerhersteller auch gegen die auszugsweise Verwendung e<strong>in</strong>es Tonträgers <strong>und</strong> damit auch<br />
gegen die Übernahme e<strong>in</strong>zelner Melodieteile (Licks) zur Wehr setzen könne, selbst wenn diese<br />
Melodieteile nicht urheberrechtsfähig seien. Das Oberlandesgericht Hamburg 41 wies diese<br />
Rechtsauffassung zurück: Der Tonträgerhersteller könne ke<strong>in</strong>e weitergehenden Rechte als der<br />
Urheber haben. Sei e<strong>in</strong> So<strong>und</strong> nicht schutzfähig, könne weder der Urheber noch die Plattenfirma<br />
gegen die ungenehmigte Verwertung dieses So<strong>und</strong>s vorgehen 42 .<br />
Schlecht sieht es auch für die Musikproduzenten aus, soweit es um Digital Audio Broadcast<strong>in</strong>g<br />
(DAB) geht. Die Produzenten verfügen zwar über e<strong>in</strong> eigenes Leistungsschutzrecht, dieses<br />
erstreckt sich jedoch nur auf die Kontrolle der Vervielfältigung <strong>und</strong> Verbreitung der von ihnen<br />
produzierten Tonträger, § 85 I UrhG. Für die Ausstrahlung e<strong>in</strong>er auf e<strong>in</strong>em Tonträger fixierten<br />
Darbietung e<strong>in</strong>es ausübenden Künstlers steht dem Hersteller des Tonträgers nur e<strong>in</strong><br />
Beteiligungsanspruch gegenüber dem ausübenden Künstler nach § 86 UrhG zu, der von e<strong>in</strong>er<br />
Verwertungsgesellschaft wahrgenommen wird. Der Produzent hat folglich ke<strong>in</strong>e Möglichkeit, die<br />
35<br />
Allgeme<strong>in</strong> dazu: Müller, ZUM 1999 S. 555 – 560.<br />
36<br />
Schricker/Krüger, <strong>Urheberrecht</strong>, 2. Aufl. München 1999, § 73 Rdnr. 16; Gentz, GRUR 1974 S. 328, 330; Schack,<br />
Urheber- <strong>und</strong> Urhebervertragsrecht Tüb<strong>in</strong>gen 1997, Rdnr. 589. Teilweise wird § 73 analog angewendet; vgl.<br />
Dünnwald, UFITA 52 (1969) S. 49, 63 f.; ders., UFITA 65 (1972) S. 99, 106.<br />
37<br />
Abweichend Möhr<strong>in</strong>g/Nicol<strong>in</strong>i, § 73 Anm. 2: „Es ist dabei nicht notwendig, dass der Vortrag oder die Aufführung<br />
des Werkes oder die künstlerische Mitwirkung bei ihnen e<strong>in</strong>en bestimmten Grad künstlerische Reife erlangt hat; (...).“<br />
38<br />
Vgl. Schack, Urheber- <strong>und</strong> Urhebervertragsrecht Tüb<strong>in</strong>gen 1997, Rdnr. 624 <strong>und</strong> Rdnr. 190.<br />
39<br />
GRUR 1989, S. 578 f. <strong>und</strong> GRUR 1991, S. 722, 730 f.<br />
40<br />
GRUR 1989, S. 579 f.<br />
41<br />
ZUM 1991, 545 – Roll<strong>in</strong>g Stones; vgl. hierzu auch Hert<strong>in</strong>, GRUR 1991, S. 722, 730 f.<br />
42<br />
Siehe auch: Hoeren, GRUR 1989, S. 580 f.<br />
40