Seelenpflege 2016-3-4 Spezial
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Beiträge | Contributions<br />
fasst werden, in der man dem rhythmischen Verhältnis<br />
des Menschen zur Welt nachspüren kann, einem<br />
Geschehen, in dem das «Ich» immer neu nach einem<br />
Gleichgewicht zu der es umgebenden Welt strebt und<br />
das zu einer inneren Einheit mit deren Ereignissen und<br />
Geschehnissen führen kann. In dem bereits erwähnten<br />
Buch «Die Schwelle der geistigen Welt», das als eine<br />
Art von geisteswissenschaftlicher Hermeneutik und<br />
Herantasten an Steiners geisteswissenschaftliche Begriffsbildung<br />
verstanden werden kann, heisst es: «Die<br />
Seele fühlt, dass sie in diesem Leben von sich selbst<br />
loskommen kann. Dieses Gefühl aber braucht die<br />
Seele ebenso wie das entgegengesetzte, dasjenige des<br />
völlig In-sich-selbst-sein-Könnens. In beiden Gefühlen<br />
liegt der ihr notwendige Pendelschlag ihres gesunden<br />
Lebens» (Steiner 1913/1987, S. 10).<br />
In dem Buch «Resonanz – eine Soziologie der Weltbeziehung»<br />
von Hartmut Rosa findet sich eine Beschreibung<br />
dieses dynamischen und dialogischen<br />
Verhältnisses: «dass Subjekte nicht auf eine vorgeformte<br />
Welt treffen, sondern postuliert, dass beide<br />
Seiten – Subjekt und Welt – in der und durch die wechselseitige<br />
Bezogenheit erst geformt, geprägt, ja mehr<br />
noch: konstituiert werden. Was und wie ein Subjekt<br />
ist, lässt sich erst bestimmen vor dem Hintergrund der<br />
Welt, in die es sich gestellt und auf die es sich bezogen<br />
findet; Selbstverhältnis und Weltverhältnis lassen<br />
sich in diesem Sinne nicht trennen. Subjekte stehen<br />
der Welt also nicht gegenüber, sondern sie finden<br />
sich immer schon in einer Welt, mit der sie verknüpft<br />
und verwoben sind, der gegenüber sie je nach historischem<br />
und kulturellem Kontext fliessende oder auch<br />
feste Grenzen haben» (Rosa <strong>2016</strong>, S. 62–63). Wie alle<br />
dynamischen Beziehungen kann dieser Vorgang vielen<br />
Störungen unterliegen und so entspricht es der prekären<br />
Lage des «Ich», wenn der kanadische Philosoph<br />
Charles Taylor befürchtet, «dass in der dominanten naturalistisch-rationalistischen<br />
Selbstinterpretation der<br />
Moderne das Subjekt allmählich zu einem nur noch<br />
«punktförmigen Selbst» schrumpfe» (zit. nach Rosa<br />
<strong>2016</strong>, S. 63). Es verliert dann den Gegenpol der von<br />
aussen kommenden «peripheren» Weltwahrnehmung,<br />
die von zentraler Bedeutung für den rhythmischen Austauschprozess<br />
des Ichs ist.<br />
Der Weltbezug des «Ich» hängt jedoch von dessen Öffnung<br />
zur Welt ab und in welches Verhältnis es sich zu<br />
ihr setzt, von der Art und Weise wie es sich initiativ zwischen<br />
innen und aussen, zwischen Selbstbezug und<br />
Weltbezug bewegt. Es hat zu tun mit jener Fähigkeit<br />
des Loslassens von sich selbst, hin zu einer in die Tiefe<br />
gehenden Begegnung mit der Welt, vor allem mit dem<br />
anderen Menschen. Hin zur Entwicklung einer nichtegozentrischen<br />
Aufmerksamkeit, von der sich etwa der<br />
Kommunikationswissenschaftler Bernhard Pörksen das<br />
verspricht, «was man den Dominoeffekt des Zuhörens<br />
nennen könnte: Wenn jemand wirklich zuhört, ändert<br />
er das System der kommunikativen Spielregeln. Dinge<br />
geraten in Bewegung» (Pörksen <strong>2016</strong>, S. 50). Im Loslassen<br />
und seinem scheinbaren Selbstverlust kommt<br />
es zu einer neuen und überraschenden Begegnung<br />
nicht nur mit der Welt, sondern auch mit sich selbst.<br />
Sehr genau hat Rudolf Steiner den Vorgang dieser Art<br />
von Aufmerksamkeit im «Heilpädagogischen Kurs» beschrieben.<br />
Um sich in der dort beschriebenen Art und<br />
Weise mit Empathie in das Kind einfühlen zu können,<br />
ist es notwendig, die eigenen Emotionen – die Reaktionen<br />
von Sympathie und Antipathie – zurückhalten<br />
und in Ruhe das Kind in sich aufnehmen zu können.<br />
Es ist die Voraussetzung dafür, dass der Erziehende<br />
sein eigenes Fühlen (und eben nicht seine spontanen<br />
emotionalen Reaktionen) für einen Prozess der Wahrnehmung<br />
der Welt, in diesem Fall des Kindes, zur Verfügung<br />
stellt. Nur dann kommt es zu einer wirklichen<br />
Wahrnehmung und nicht zu blossen Projektionen. So<br />
sagte Steiner: «Erst dann, wenn man es so weit gebracht<br />
hat, dass einem eine solche Erscheinung zum<br />
objektiven Bild wird, dass man sie mit einer gewissen<br />
Gelassenheit als objektives Bild nimmt und nichts<br />
Anderes dafür empfindet als Mitleid, dann ist die im<br />
astralischen Leib befindliche Seelenverfassung da, die<br />
in richtiger Weise den Erzieher neben das Kind hinstellt.<br />
Und dann wird er alles übrige mehr oder weniger<br />
richtig besorgen» (Steiner 1924/1995, S. 35).<br />
Damit dieser unmittelbare Handlungsimpuls – die<br />
heilpädagogische Intuition – zustande kommen kann,<br />
muss eine entsprechende Tiefe der Begegnung stattfinden,<br />
die als Mitleid, Mitgefühl oder Empathie verstanden<br />
werden kann: «Wenn wir ein Wesen nur von aussen<br />
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