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zur Person - D&K drost consult

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Der Kneiphof – ein leerer Raum?<br />

Die Insel ist seit dem Kriegsende 1945 eine unbesiedelte Brache geblieben und genau das ist<br />

wahrscheinlich ihre einmalige, kulturelle Chance, nicht im Zugriff von Investoren vorschnell und<br />

maßstabslos bebaut zu sein, wie die ihr gegenüberliegenden Ufer (Abb. 2). So ist immer noch<br />

Zeit und Raum gegeben, um über die Zukunft des Kneiphofes nachzudenken und seine zukünftige<br />

Gestalt an verschiedenen Alternativen zu diskutieren.<br />

Die heute von einer breiten, aufgeständerten Straßenbrücke überquerte Inselbrache in ihrem<br />

IST-Zustand als Freifläche liegen zu lassen, erscheint zunächst nahe liegend. Aber dieser Topos<br />

einer ursprünglich eigenständigen Stadt verdient es dennoch, nach seinem kulturellen und urbanen<br />

Wert befragt – oder nach den ökonomischen Kriterien von Prof. Jürgen Bloech „nach seinen<br />

harten und weichen Standortfaktoren“ – untersucht zu werden.<br />

Einen ersten Bebauungsvorschlag wagte bereits in den 1980er Jahren der junge, gerade sein<br />

Studium abschließende Kaliningrader Architekt Yuriy Zabuga. Sein unter damaligen Verhältnissen<br />

mutiger, nicht historisierend, sondern modern angelegter Entwurf eröffnete schon damals<br />

den notwendigen Diskurs über eine Neubesiedlung der Insel am alten und neuen Pregel.<br />

Alter Stadtgrundriss – neue Bebauung<br />

In einer russisch-deutschen Zusammenarbeit wurden dazu Mitte der 1990er Jahre eine neuere<br />

Alternative, die sich in der Methode einer „kritischen Rekonstruktion“ an dem historischen Stadtgrundriss<br />

des ehemaligen Kneiphofes zu orientieren versucht, entwickelt (Abb. 3). Denn nicht<br />

mehr in den anderen beiden geschundenen, inzwischen wieder bebauten Bereichen von Altstadt<br />

und Löbenicht, sondern nur noch hier, auf der leer geräumten Kneiphofinsel könnte der – wie der<br />

Kaliningrader Stadtarchäologe Venzel Salachov sagt – „genetische Code der versunkenen Stadt“<br />

mit ihrer reichen Kultur- und Handelsgeschichte und mit ihrem verlorenen menschlichen Maßstab<br />

wieder entschlüsselt werden. Eine wiederum auf vier Geschosse begrenzte Bebauung, die<br />

Nachzeichnung ihrer ehemaligen Baufluchten und Platzkanten würde ein kulturelles und städtebauliches<br />

Kontinuum über die Verwüstung der Insel hinweg fortschreiben, um an das Leben auf<br />

dem alten Kneiphof zu erinnern.<br />

Seine alten Straßen, Plätze und Höfe sind seit 60 Jahren mit einer 1½ bis 2 Meter hohen Schuttschicht<br />

bedeckt, die das Gemäuer des Domes wie eingesunken erscheinen lässt. Unter diesen<br />

Trümmern existiert noch immer ein Fundament mit den Keller- und Sockelgeschossen der alten<br />

Bebauung. Diese historische Schicht wieder freizulegen und auch den neuen Bürgern zugänglich<br />

zu machen, würde bedeuten, das Schicksal dieser Stadtinsel mit „gesenktem oder erhobenem<br />

Daumen“ nunmehr öffentlich zu diskutieren.<br />

In einem solchen Verständnis offen gelegter, erweiterter Raumerkenntnisse ließen sich überzeugende<br />

Argumente finden, um diesem historischen Topos sein früher dichtes und urbanes Leben<br />

<strong>zur</strong>ückzugeben. Und damit im Stadtkern an der heute noch einzig möglichen Stelle jene alte –<br />

nur scheinbar – versunkene europäische Stadt gedanklich zu transformieren in das neue europäische<br />

Stadtmodell (Abb. 4), das von der russischen Regierung und Bevölkerung gegenwärtig<br />

auch politisch postuliert wird.<br />

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