Pflichten und Kontrolle - Flotte.de
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Recht<br />
+++ Rechtsprechung +++<br />
Drängeln im langsamen Stadtverkehr kann strafbare<br />
Nötigung sein<br />
Dichtes, bedrängen<strong>de</strong>s Auffahren auf <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rmann<br />
kann – insbeson<strong>de</strong>re bei gleichzeitigem Betätigen von<br />
Lichthupe <strong>und</strong> Hupe – <strong>de</strong>n Tatbestand <strong>de</strong>r Nötigung auch<br />
dann erfüllen, wenn dies im innerörtlichen Verkehr stattfin<strong>de</strong>t.<br />
Eine Nötigung liegt vor, wenn <strong>de</strong>r Täter mit seinem<br />
Fahrzeug innerorts über eine Strecke von knapp 300<br />
Metern bei einer Geschwindigkeit von 40 bis 50 km/h einen<br />
vor ihm fahren<strong>de</strong>n Verkehrsteilnehmer bedrängt, in<br />
<strong>de</strong>m er dicht auffährt <strong>und</strong> Lichthupe <strong>und</strong> Hupe betätigt,<br />
um <strong>de</strong>n Bedrängten zu schnellerem Fahren o<strong>de</strong>r einer Freigabe<br />
<strong>de</strong>r Fahrbahn zu veranlassen.<br />
(BVerfG, Beschluss vom 29.03.2007, Az. 2 BvR 932/06)<br />
Entfernt sich ein Unfallverursacher vorsatzlos, han<strong>de</strong>lt<br />
es sich nicht um Fahrerflucht<br />
Wer einen Unfall verursacht <strong>und</strong> sich danach berechtigt<br />
o<strong>de</strong>r entschuldigt vom Unfallort entfernt, etwa weil er einen<br />
Verletzten ins Krankenhaus bringt, <strong>de</strong>r muss nachträglich<br />
gegenüber Unfallbeteiligten o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Polizei seine<br />
Personalien angeben. Wer dies versäumt, macht sich<br />
wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort strafbar <strong>und</strong><br />
riskiert bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Der B<strong>und</strong>esgerichtshof<br />
<strong>und</strong> ihm folgend die Strafgerichte <strong>de</strong>r unteren<br />
Instanzen haben in jahrelanger Rechtsprechung <strong>de</strong>n Standpunkt<br />
vertreten, dass auch <strong>de</strong>rjenige wegen unerlaubten<br />
Entfernens vom Unfallort zu bestrafen sei, <strong>de</strong>r sich vorsatzlos<br />
entfernt habe, weil er <strong>de</strong>n Unfall nicht bemerkt<br />
hatte. Dagegen wandte sich ein Beschuldigter, <strong>de</strong>r vom<br />
Amtsgericht Herford verurteilt wor<strong>de</strong>n war. Er klagte vor<br />
<strong>de</strong>m B<strong>und</strong>esverfassungsgericht <strong>und</strong> gewann. Wer sich „berechtigt<br />
o<strong>de</strong>r entschuldigt“ vom Unfallort entfernen, han<strong>de</strong>le<br />
unter ganz an<strong>de</strong>ren Voraussetzungen als <strong>de</strong>rjenige,<br />
<strong>de</strong>r das mangels Kenntnis <strong>de</strong>s Unfallgeschehens tue.<br />
Anmerkung: Wer einen Unfall verursacht, ohne dies<br />
zunächst zu bemerken, dann aber später darauf aufmerksam<br />
gemacht wird, darf künftig nicht mehr wegen unerlaubten<br />
Entfernens vom Unfallort bestraft wer<strong>de</strong>n. Bisher<br />
machte sich nach <strong>de</strong>r BGH-Rechtsprechung auch strafbar,<br />
wer zunächst unabsichtlich weiterfährt, dann aber – nach<strong>de</strong>m<br />
er <strong>de</strong>n Unfall bemerkt hat – nicht unverzüglich die<br />
Feststellung seiner Personalien ermöglicht. Nunmehr kippt<br />
das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht diese langjährige BGH-<br />
Rechtsprechung zur Fahrerflucht. Nach <strong>de</strong>n Verfassungsrichtern<br />
wird dadurch <strong>de</strong>r Wortlaut <strong>de</strong>s einschlägigen §<br />
142 StGB unzulässig ausge<strong>de</strong>hnt. Dies verstoße gegen das<br />
Bestimmtheitsgebot im Gr<strong>und</strong>gesetz.<br />
(BVerfG, Beschluss vom 19.03.2007, Az. 2 BvR 2273/06)<br />
Anhörungsbogen an Firma hinsichtlich Verkehrsordnungswidrigkeit<br />
unterbricht Verfolgungsverjährung<br />
nur bei erkennbarer Ermittlung gegen Einzelperson<br />
Das Amtsgericht hatte gegen <strong>de</strong>n Betroffenen wegen vorsätzlicher<br />
Überschreitung <strong>de</strong>r zulässigen Höchstgeschwindigkeit<br />
eine Geldbuße von 800,00 Euro festgesetzt <strong>und</strong><br />
im Urteil zugleich ein Fahrverbot von drei Monaten angeordnet.<br />
Hiergegen legte <strong>de</strong>r Betroffene Rechtsbeschwer<strong>de</strong><br />
ein. Das Oberlan<strong>de</strong>sgericht stellte bei <strong>de</strong>r Prüfung <strong>de</strong>r<br />
Verfahrensvoraussetzungen fest, dass die Verfolgung <strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>m Betroffenen zur Last gelegten Ordnungswidrigkeit<br />
bereits verjährt war <strong>und</strong> stellte daraufhin das Verfahren<br />
ein.<br />
In seinen Feststellungen führte das OLG aus, dass <strong>de</strong>r Betroffene<br />
die Ordnungswidrigkeit am 31. Mai 2005 begangen<br />
haben soll. Das vom Geschwindigkeitsmessgerät gefertigte<br />
Foto zeigte jedoch wegen <strong>de</strong>r herunter geklappten<br />
Sonnenblen<strong>de</strong> nur <strong>de</strong>n unteren Teil <strong>de</strong>s Gesichts <strong>de</strong>s<br />
Fahrers. Der Betroffene hatte nicht eingeräumt, zur Tatzeit<br />
<strong>de</strong>r Fahrer <strong>de</strong>s fraglichen Fahrzeugs gewesen zu sein.<br />
Die drei-monatige Frist <strong>de</strong>r Verfolgungsverjährung bis zum<br />
Erlass eines Bußgeldbescheids wur<strong>de</strong> nach Ansicht <strong>de</strong>s OLG<br />
bereits am 15. Juni 2005 durch die Übersendung <strong>de</strong>s ersten<br />
Anhörungsbogens durch das Straßenverkehrsamt an<br />
die Firma <strong>de</strong>s Betroffenen unterbrochen. Der Anhörungsbogen<br />
richtete sich „An <strong>de</strong>n Geschäftsführer ...“ mit <strong>de</strong>r<br />
Anschrift <strong>de</strong>r Firma <strong>de</strong>s Betroffenen. Aus <strong>de</strong>m Gesamteindruck<br />
dieses Bogens ergab sich, dass die Straßenverkehrsbehör<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>n Betroffenen als Halter <strong>de</strong>s Wagens <strong>und</strong> Inhaber<br />
bzw. Geschäftsführer <strong>de</strong>r Firma anhand <strong>de</strong>s augenscheinlich<br />
einen Mann abbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Fotos <strong>de</strong>r Ordnungs-<br />
Fortsetzung auf Seite 72<br />
<strong>Flotte</strong>nmanagement 3/2007<br />
Bekannte Alkoholprobleme erfor<strong>de</strong>rn eine intensive Überprüfung <strong>de</strong>s Führerscheins<br />
ten, Reparaturen, Abschreibung für Abnutzung,<br />
Verzinsung <strong>de</strong>s Anschaffungspreises, Steuern<br />
<strong>und</strong> Versicherung etc. ein be<strong>de</strong>utsames Indiz<br />
für die Haltereigenschaft: Diese Kosten sind üblicherweise<br />
in <strong>de</strong>r Person zu sehen, bei <strong>de</strong>r sie<br />
sich wirtschaftlich letztendlich auswirken.<br />
Damit steht regelmäßig das Unternehmen in <strong>de</strong>r<br />
Halterverantwortung, welches das Fahrzeug angeschafft<br />
hat <strong>und</strong> das <strong>de</strong>n Fuhrpark unterhält<br />
<strong>und</strong> betreibt. Halterverantwortlich ist damit primär<br />
die Geschäftsleitung <strong>de</strong>s Unternehmens. In<br />
<strong>de</strong>n seltensten Fällen hat aber ein Geschäftsführer<br />
die nötige Zeit, sich selbst um je<strong>de</strong>s einzelne<br />
Fahrzeug <strong>und</strong> die Fahrer zu kümmern. Da<br />
dieser Umstand nicht von einer prinzipiellen<br />
Halterhaftung entlasten kann, wird üblicherweise<br />
die Geschäftsführung ihre eigene Halterverantwortung<br />
durch organisatorische Maßnahmen<br />
auf an<strong>de</strong>re Personen wie einen Fuhrparkleiter<br />
übertragen. Eine solche Delegation von<br />
Halterpflichten sollte immer ausdrücklich, klar<br />
<strong>und</strong> vor allem schriftlich geregelt wer<strong>de</strong>n. Wird<br />
eine zuverlässige <strong>und</strong> sachk<strong>und</strong>ige Person –<br />
dies ist regelmäßig <strong>de</strong>r Fuhrparkmanager – mit<br />
<strong>de</strong>r Erfüllung <strong>de</strong>r Halterpflichten zur Erfüllung<br />
in eigener Verantwortung beauftragt, kann die<br />
Halterhaftung je<strong>de</strong>nfalls für die Geschäftsleitung<br />
beschränkt wer<strong>de</strong>n – sofern auch hier regelmäßige<br />
<strong>Kontrolle</strong>n <strong>de</strong>s Fuhrparkverantwortlichen<br />
durch die Geschäftsleitung erfolgen.<br />
Pflicht <strong>de</strong>s Fuhrparkleiters zur Führerscheinkontrolle<br />
Den im Rahmen <strong>de</strong>r Delegation von Halterpflichten<br />
nunmehr vollumfänglich halterverantwortlichen<br />
Fuhrparkleiter treffen sämtliche<br />
<strong>Pflichten</strong> eines Fahrzeughalters unmittelbar,<br />
gleich ob die Halterpflicht ihre Gr<strong>und</strong>lage im<br />
Zivil-, Straf-, Ordnungswidrigkeiten- o<strong>de</strong>r Verwaltungsrecht<br />
hat. Als Halterverantwortlicher<br />
darf <strong>de</strong>r Fuhrparkmanager nieman<strong>de</strong>n fahren<br />
lassen, <strong>de</strong>r keine Fahrerlaubnis besitzt. Der<br />
Fuhrparkleiter in seiner Eigenschaft als „<strong>de</strong>le-<br />
gierter“ Fahrzeughalter muss sich <strong>de</strong>shalb regelmäßig<br />
davon überzeugen, dass alle Fahrzeugführer<br />
eine gültige Fahrerlaubnis besitzen. Er muss sich<br />
die sichere Überzeugung verschaffen, dass <strong>de</strong>r Fahrer<br />
die erfor<strong>de</strong>rliche uneingeschränkte Fahrerlaubnis<br />
hat (vgl. OLG Köln VersR 1969, S. 741 ff.). Diese<br />
Pflicht besteht gr<strong>und</strong>sätzlich unabhängig davon, ob<br />
das Fahrzeug einem einzelnen Mitarbeiter zur ständigen<br />
alleinigen Nutzung als Dienstwagen überlassen<br />
wur<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r ob es sich um ein sogenanntes Poolfahrzeug<br />
han<strong>de</strong>lt, bei <strong>de</strong>m die Nutzer je nach Bedarfslage<br />
täglich – teils sogar mehrfach – wechseln.<br />
Der Fuhrparkleiter kann <strong>de</strong>n Besitz einer Fahrerlaubnis<br />
nur durch Einsichtnahme in <strong>de</strong>n Original-Führerschein<br />
kontrollieren. Die Art <strong>de</strong>r Fahrzeugnutzung<br />
kann dabei Auswirkungen darauf haben, auf<br />
welche Art <strong>und</strong> Weise <strong>und</strong> mit welcher Kontrolldichte<br />
die Führerscheinkontrolle dann letztlich durchzuführen<br />
ist.<br />
Häufigkeit <strong>de</strong>r Führerscheinkontrolle<br />
Zumin<strong>de</strong>st bei <strong>de</strong>r Einstellung eines Fahrers muss<br />
sich <strong>de</strong>r Halterverantwortliche die Fahrerlaubnis im<br />
Original vorlegen lassen (vgl. BGH VRS 34, S. 354;<br />
OLG Zweibrücken VRS 63, S. 55). Der Fuhrparkleiter<br />
muss sich zwar im Regelfall nicht vor Antritt je<strong>de</strong>r<br />
einzelnen Fahrt <strong>de</strong>n Führerschein vorlegen lassen.<br />
Vielmehr ist es nach <strong>de</strong>r Rechtsprechung aber<br />
ausreichend, wenn <strong>de</strong>r Halterverantwortliche <strong>de</strong>s<br />
Unternehmens regelmäßige Stichproben durchführt.<br />
Dabei ist eine zweimalige Prüfung pro Jahr<br />
angemessen <strong>und</strong> ausreichend, es sei <strong>de</strong>nn, beson<strong>de</strong>re<br />
Umstän<strong>de</strong>, wie beispielsweise bekannte Alkoholprobleme<br />
eines Fahrers, begrün<strong>de</strong>n im Einzelfall<br />
die Erfor<strong>de</strong>rlichkeit einer intensiveren Überprüfung<br />
<strong>de</strong>s Führerscheins. Nach herrschen<strong>de</strong>r Ansicht<br />
muss – unter Berufung auf ein Urteil <strong>de</strong>s B<strong>und</strong>esgerichtshofs<br />
(vgl. BGH VRS 34, S. 354) – die Überprüfung<br />
<strong>de</strong>r Fahrerlaubnis min<strong>de</strong>stens zweimal jährlich<br />
durch Einsichtnahme in <strong>de</strong>n Original-Führerschein<br />
erfolgen.<br />
Es sollte also ein geeignetes Wie<strong>de</strong>rvorlagesystem<br />
eingerichtet wer<strong>de</strong>n. Eine lediglich einmalige Ein-