Voerster Katalog 24 - J. Voerster - Antiquariat für Musik und ...
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Das Kupfer zeigt die Leipziger Pleisse <strong>und</strong> an ihrem Ufer Bosens <strong>und</strong> Apels Garten.<br />
Im Hintergr<strong>und</strong> sind die Thomaskirche <strong>und</strong> die Thomas-Schule sowie die Pleissenburg<br />
erkennbar. Das Schellhauersche Haus war vermutlich der Ort, an dem die<br />
Lieder von dem Mitgliedern der „lustigen Gesellschaft“ gesungen wurden.<br />
Besonders reizvoll sind die Musizierungen im Vordergr<strong>und</strong> mit 2 Clavicorden.<br />
Auch die Titelblätter sind liebevoll im Stil des Rokoko entworfen <strong>und</strong> gestochen.<br />
Die mißverständliche Bezeichnung „2. mahl 50 Oden“ soll heißen 2 mal 50 = 100<br />
Oden.<br />
Hinsichtlich der Vielfalt der Holzschnitt-Zierstücke stellt der „Sperontes“ unter<br />
den Lieder-Sammelausgaben des Barock eine einzigartige Spezies dar.<br />
Bei allen Ausgaben des Hauptteiles stehen am Anfang aller Liedtexte kleine, reizvolle<br />
Holzschnittfiguren. Der verbleibende Raum unterhalb der T exte ist mit<br />
größeren Holzschnittfiguren ausgefüllt.<br />
Da die Figuren in den verschiedenen Ausgaben des Hauptteiles voneinander abweichen,<br />
haben wir es nicht nur mit 100 Holzschnittfiguren zu den 100 Liedern<br />
zu tun, sondern mit mehr als 200 Figuren. Ein unglaublicher Reichtum der typographischen<br />
Ausgestaltung!<br />
Die Fortsetzungen weichen insofern vom Hauptteil ab, als bei ihnen um die Initialen<br />
der Textanfänge herum aus Einzelstücken „gesetzte“ Zierstücke angebracht wurden.<br />
Jeder Lied-Text hat seine eigene Initial-Verzierung.<br />
Die 3 Fortsetzungen des „Sperontes“ stellen somit eine Art Setzmeister-Sammlung<br />
der Breitkopfschen Druckerei dar, eine Perspektive, die von der Forschung bisher<br />
vernachlässigt wurde.<br />
Vorbilder <strong>für</strong> die Zusammensetzung von Zierstücken finden sich übrigens auf den<br />
Bucheinbänden des Barock.<br />
Auffällig ist, daß Breitkopf nur wenige Jahre später im Notendruck mit einer neuen<br />
aber sinnverwandten Erfindung in die Öffentlichkeit tritt. Anstelle des Noten-<br />
Stiches werden die Noten <strong>und</strong> Notenlinien aus einzelnen Notenteilen zusammen-<br />
„gesetzt“.<br />
Diese Notensetzweise hält Breitkopf bis zur Partitur von Mozarts Don Giovanni<br />
bei. Letztlich hat sie sich jedoch nicht durchgesetzt.<br />
Hinter dem Pseudonym Sperontes verbirgt sich der 1705 geborene Johann Sigism<strong>und</strong><br />
Scholze, der an der Leipziger Universität studierte <strong>und</strong> bis zu seinem Tode<br />
1750 im Dienste eines Rechtsanwalts stand.<br />
Wir verdanken Sperontes die Überlieferung von nicht weniger als 250 Liedern aus<br />
dem Barock, vorwiegend aus Leipzig <strong>und</strong> Mitteldeutschland.<br />
„Inmitten der sogenannten liedlosen Zeit, die seit etwa 1680 den Liebhabern des Gesanges<br />
fast nur noch Opernarien mit italienischem Stempel bot, knüpfte Sperontes<br />
an Vorläufer in Gestalt handschriftlicher Liedersammlungen, vor allem der inhaltlich<br />
ähnlichen „<strong>Musik</strong>alischen Rüstkammer“ von 1719 (<strong>Musik</strong>bibliothek Leipzig)<br />
an, betonte … das Sololied <strong>und</strong> ermunterte … Hausgesang. Liedkomposition <strong>und</strong><br />
erneute Sammelfreudigkeit“ (Irrgang).<br />
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