Das eine Geheimnis - Missionszentrale der Franziskaner
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ligiosität nicht als ein „neues“ o<strong>der</strong> „an<strong>der</strong>es“<br />
Dialogfeld vorstellen. Vielmehr<br />
möchte ich einige ganz bescheidene Anmerkungen<br />
zum interreligiösen Dialog<br />
anbieten, <strong>der</strong> m<strong>eine</strong>r Meinung nach bereits<br />
seit langem auf dem Gebiet <strong>der</strong> Religiosität<br />
stattfindet. Ich möchte lediglich<br />
auf <strong>eine</strong>n Bereich aufmerksam machen,<br />
in dem <strong>der</strong> Dialog längst schon vollzogen<br />
wird, ohne dass man sich dabei zwangsläufig<br />
um ihn Sorgen macht. M<strong>eine</strong> Darlegung<br />
wird in zwei Schritten erfolgen:<br />
In <strong>eine</strong>m ersten Schritt halte ich es für<br />
wichtig zu beschreiben, was man unter<br />
„Religiosität“ versteht; in <strong>eine</strong>m zweiten<br />
Schritt werde ich in zehn Thesen Anmerkungen<br />
zum interreligiösen Dialog in <strong>der</strong><br />
Perspektive <strong>der</strong> Religiosität formulieren.<br />
1. Religiosität<br />
<strong>Das</strong> Wort „Religiosität“ wird häufig<br />
mit dem Zusatz „Volks...“ verwendet<br />
und dementsprechend verstanden. Als<br />
„Volksreligiosität“ bezeichnet man <strong>eine</strong><br />
Reihe von religiösen Praktiken und Glaubensweisen<br />
des „einfachen Volkes“, die<br />
ihren Platz eher am Rande <strong>der</strong> Institution,<br />
wenn nicht gar außerhalb <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Institution<br />
gefor<strong>der</strong>ten und gelebten „Religion“<br />
haben. Einige Kreise gebrauchen<br />
das Wort „Volksreligiosität“ mit <strong>eine</strong>r Art<br />
Vorurteil, weil sie darin <strong>eine</strong> Mischung aus<br />
Aberglauben, religiöser Einfalt und Ignoranz<br />
sehen. An<strong>der</strong>e Kreise verstehen unter<br />
dem Begriff <strong>eine</strong> Art religiöser Unverfälschtheit,<br />
weil sie den „wahren Kern“<br />
religiöser Überzeugung in ihr erkennen.<br />
Ich verstehe das Wort „Religiosität“<br />
nicht in dieser Weise und werde es im Folgenden<br />
auch nicht im Sinne von „Volksreligiosität“<br />
verwenden, was auch immer<br />
man darunter verstehen mag.<br />
Ich werde das Wort „Religiosität“ im<br />
Sinne des persönlich gelebten und erlebten<br />
Glaubens gebrauchen. Religiosität<br />
in diesem Sinne legt den Akzent auf die<br />
Glaubensüberzeugung und das religiöse<br />
Erleben des Menschen. Weil <strong>der</strong> Mensch<br />
<strong>eine</strong>n Glauben hat (vielleicht wäre es besser<br />
zu sagen „vom Glauben überzeugt<br />
ist“), praktiziert er auch ein religiöses<br />
Verhalten, das sich in Handlungen, Riten,<br />
Verhaltensweisen und Weltanschauung<br />
manifestiert, kurzum in Weisen des eigenen<br />
Verhaltens und des Umgangs mit<br />
an<strong>der</strong>en. <strong>Das</strong> Empfinden, das <strong>der</strong> subjektiven<br />
Seite aller dieser „religiösen“ Seinsweisen<br />
zugrunde liegt, bezeichne ich als<br />
Religiosität. Sie bedeutet also Ausdruck<br />
des Gefühls, <strong>der</strong> Seins- und <strong>der</strong> Lebensweise<br />
des Subjekts, ausgehend von <strong>der</strong><br />
Religion. Die so verstandene Religiosität<br />
ist unabhängig von <strong>der</strong> religiösen Institution,<br />
an die sich <strong>der</strong> Mensch gebunden<br />
fühlt. Sie ist unabhängig, weil sie sich<br />
we<strong>der</strong> für noch gegen das von <strong>der</strong> religiösen<br />
Institution vertretene Verständnis<br />
ausspricht. Die so verstandene Religiosität<br />
ist in <strong>der</strong> Person verwurzelt, im Menschen,<br />
<strong>der</strong> glaubt, ohne auf die Gültigkeit<br />
<strong>der</strong> religiösen Vorstellungen <strong>eine</strong>r Institution<br />
festgelegt zu sein. Der Mensch hat<br />
o<strong>der</strong> empfindet Religiosität unabhängig<br />
davon, ob er sie im Kontext <strong>eine</strong>r verfassten<br />
religiösen Institution als gültig erfährt<br />
o<strong>der</strong> nicht.<br />
Der Mensch hat o<strong>der</strong> empfindet<br />
Religiosität unabhängig davon,<br />
ob er sie im Kontext <strong>eine</strong>r<br />
verfassten religiösen Institution<br />
als gültig erfährt o<strong>der</strong> nicht.<br />
Wo ist denn nun aber persönliche Religiosität<br />
verwurzelt o<strong>der</strong> geachtet, wenn<br />
nicht in irgend<strong>eine</strong>r religiösen Institution?<br />
Nach m<strong>eine</strong>m Verständnis ist sie in <strong>der</strong> religiösen<br />
Erfahrung verwurzelt. Religiosität<br />
legitimiert sich zuallererst aus <strong>der</strong> Erfahrung,<br />
aus dem „religiösen Empfinden“,<br />
Grüne Schriftenreihe Nr. 99 – <strong>Das</strong> <strong>eine</strong> <strong>Geheimnis</strong> und die vielen Religionen