Das eine Geheimnis - Missionszentrale der Franziskaner
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s<strong>eine</strong>/ihre Erkenntnisse erweitern und<br />
neue Dimensionen in den Beziehungen<br />
zu unseren Geschwistern mit an<strong>der</strong>en<br />
Glaubensweisen entdecken kann.<br />
1. Der historische Kontext<br />
Wie je<strong>der</strong> Mensch lebt auch Franziskus<br />
in enger Anbindung an s<strong>eine</strong>n historisch-gesellschaftlichen<br />
Kontext. S<strong>eine</strong><br />
wahre Größe wird uns bewusst, wenn wir<br />
uns klar machen, wie unabhängig er war<br />
in s<strong>eine</strong>m Handeln und Denken, mit dem<br />
er oft in direktem Gegensatz zu dem allgemein<br />
Üblichen in s<strong>eine</strong>r Zeit stand. Einige<br />
kurze Hinweise auf den historischen<br />
Kontext zu Lebzeiten von Franz von Assisi<br />
werden s<strong>eine</strong>n prophetischen Gestus<br />
im Hinblick auf den interreligiösen Dialog<br />
unterstreichen.<br />
... wie unabhängig Franziskus<br />
war in s<strong>eine</strong>m Handeln und Denken,<br />
mit dem er oft in direktem<br />
Gegensatz zu dem allgemein<br />
Üblichen in s<strong>eine</strong>r Zeit stand.<br />
Im Jahrhun<strong>der</strong>t von Franz und Klara<br />
steht die Christenheit im Zenith ihrer<br />
Macht. Während des Pontifikats von<br />
Papst Innozenz III. (1198-1216) kann die<br />
Kirche – trotz <strong>der</strong> Spannungen mit dem<br />
deutschen Kaiser – ihre politische und<br />
wirtschaftliche Macht im Okzident enorm<br />
entfalten. Sie versteht sich als Gegengewicht<br />
zur Macht <strong>der</strong> Mauren, die<br />
den Mittleren Orient beherrschen und<br />
ihre Macht nach Europa – im Osten sowohl<br />
wie im Westen auf <strong>der</strong> Iberischen<br />
Halbinsel – ausdehnen, ebenso im Norden<br />
Afrikas, in Zentralasien, in <strong>eine</strong>m<br />
großen Teil Indiens bis nach China. Beson<strong>der</strong>s<br />
erinnerungswürdig ist hier, dass<br />
die Araber das philosophische Erbe des<br />
Aristoteles aufbewahren, insbeson<strong>der</strong>e<br />
durch die Weisen Avicenna und Averroës.<br />
Thomas von Aquin macht den Aristotelismus<br />
zur Grundlage s<strong>eine</strong>r Philosophie<br />
und Theologie, und die Scholastik wird<br />
schließlich für mehr als 500 Jahre von ihm<br />
bestimmt. Handel und Diplomatie spielen<br />
<strong>eine</strong> große Rolle. Der Dinar, die arabische<br />
Münze, hat <strong>eine</strong>n dem heutigen<br />
Dollar vergleichbaren Status (Caspar,<br />
1995, S. 224). <strong>Das</strong> lässt erkennen welche<br />
Bedeutung die Handelstätigkeit mit<br />
den Europäern hatte. Die Araber waren<br />
den Christen in Mathematik, Astronomie,<br />
Medizin und Chemie weit überlegen. K<strong>eine</strong><br />
europäische Stadt hätte sich mit den<br />
kulturellen Zentren des Islam vergleichen<br />
können.<br />
Diese Überlegenheit <strong>der</strong> Araber, die<br />
eifrig über ihren Glauben an Mohammed<br />
wachen, übt <strong>eine</strong>n entscheidenden Einfluss<br />
auf die Beziehungen zu den Christen<br />
in Westeuropa aus. Diese fühlen sich von<br />
<strong>eine</strong>r fremden Großmacht bedroht. Die<br />
Kirche geht dazu über, den Islam hinsichtlich<br />
s<strong>eine</strong>r religiösen Dimension systematisch<br />
zu bekämpfen. Eindeutig sind auch<br />
an<strong>der</strong>e Interessen mit im Spiel. Es wird<br />
<strong>eine</strong> Verleumdungskampagne gegen den<br />
Glauben an den Koran und den Propheten<br />
Mohammed entfesselt, absurde Geschichten<br />
über Mohammed werden verbreitet.<br />
Man bezeichnet ihn als Betrüger,<br />
als neuen Arius, als die Bestie <strong>der</strong> Apokalypse,<br />
als Anti-Christ, als menschgewordenen<br />
Teufel (Caspar 1995, S. 227). Es<br />
ist <strong>eine</strong> Zeit gegenseitiger Vorurteile und<br />
Antipathien (Vadakkekara, 2003, S. 256).<br />
„<strong>Das</strong> gesamte Denken <strong>der</strong> Christen war<br />
nicht vom Verteidigungskrieg, son<strong>der</strong>n<br />
von <strong>eine</strong>m totalen Vernichtungskrieg<br />
gegen die Moslems beherrscht“ (Rossi,<br />
2001, S. 42).<br />
Die Organisation <strong>der</strong> „Kreuzzüge“ ist<br />
<strong>der</strong> beste Beweis für diese Art des Denkens.<br />
Zum ersten Mal werden sie von<br />
Papst Urban II. am 27. 11. 1095 proklamiert.<br />
Allein die Tatsache, dass man diese<br />
Grüne Schriftenreihe Nr. 99 – <strong>Das</strong> <strong>eine</strong> <strong>Geheimnis</strong> und die vielen Religionen