09.03.2013 Aufrufe

Das eine Geheimnis - Missionszentrale der Franziskaner

Das eine Geheimnis - Missionszentrale der Franziskaner

Das eine Geheimnis - Missionszentrale der Franziskaner

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Bekenntnis im Dialog<br />

Zur Ortsbestimmung des interreligiösen<br />

Dialogs im heutigen interkulturellen Kontext<br />

0. Einführung<br />

Es war ein reicher Mann, <strong>der</strong> kleidete<br />

sich in Purpur und f<strong>eine</strong>s L<strong>eine</strong>ngewand<br />

und hielt alle Tage glänzende Gottesdienste<br />

und bewegende Predigten über<br />

das Reich Gottes und s<strong>eine</strong> Gerechtigkeit.<br />

Vor s<strong>eine</strong>r Tür lag ein armer Heide namens<br />

Lazarus, mit Geschwüren ganz bedeckt.<br />

Tagein, tagaus zerbrach sich <strong>der</strong> Reiche<br />

den Kopf über die Heilsmöglichkeiten<br />

von Nicht-Christen wie Lazarus. Denn diese<br />

wollten sich nicht taufen lassen. Der<br />

reiche Mann bemühte sich mit allen Mitteln,<br />

dem Lazarus die bedingungslose<br />

Liebe und die alles umfassende Fürsorge<br />

und Vorsehung des himmlischen Vaters<br />

beizubringen. Aber <strong>der</strong> arme Lazarus kapierte<br />

dies nicht und saß still und schweigend<br />

da. Und während die Hunde kamen<br />

und an s<strong>eine</strong>n Geschwüren leckten, dachte<br />

er über die Vergänglichkeit des Leides<br />

und des Lebens nach.<br />

Da starb <strong>der</strong> Arme und wurde von<br />

den Engeln in den Schoß Abrahams getragen.<br />

Doch auch <strong>der</strong> Reiche starb und<br />

ward begraben. Als er s<strong>eine</strong> Augen erhob,<br />

sah er entgeistert in <strong>der</strong> Ferne Abraham<br />

und in dessen Schoß den Lazarus. Da rief<br />

er: „Vater Abraham! Wie hast du nur den<br />

Lazarus hereingeschmuggelt?“ Abraham<br />

jedoch erwi<strong>der</strong>te: „Kind, Du erinnerst<br />

Dich, was Du über die bedingungslose<br />

Liebe unseres himmlischen Vaters gepredigt<br />

hast? Bedenke, Dir ist es in D<strong>eine</strong>m<br />

Leben gut ergangen, dem Lazarus hinge-<br />

D‘Sa – Bekenntnis im Dialog<br />

Francis X. D’Sa S.J.,<br />

Prof. für Missionstheologie an<br />

<strong>der</strong> Universität Würzburg<br />

gen schlecht. Jetzt wird er hier getröstet.<br />

Du aber wirst nicht gepeinigt, denn Gott<br />

ist größer als unser jüdisch-christliches<br />

Herz!“<br />

Ist es nicht verwun<strong>der</strong>lich, dass trotz<br />

des Näherrückens <strong>der</strong> Kulturen wir nach<br />

wie vor immer nur von <strong>der</strong> Perspektive<br />

unserer eigenen Kultur her alles betrachten?<br />

Ist es nicht noch verwun<strong>der</strong>licher,<br />

dass wir uns in <strong>eine</strong>r Zeit <strong>der</strong> Begegnung<br />

bzw. Konfrontation <strong>der</strong> Kulturen dieser<br />

Tatsache nicht einmal bewusst sind, und<br />

dass wir deshalb aneinan<strong>der</strong> vorbei reden?<br />

Zwar lernen wir die Sprachen, die<br />

Geschichte, die Wirtschaftsentwicklung<br />

und die Politik an<strong>der</strong>er Kulturen. Noch<br />

mehr: Wir lernen auch die Religionen an<strong>der</strong>er<br />

Menschen kennen – und dennoch,<br />

wenn es um Wichtiges geht, nämlich<br />

um Werte und Visionen frem<strong>der</strong> Menschen<br />

und Kulturen, verstehen wir herzlich<br />

wenig. Nicht nur verstehen wir sie<br />

nicht, meistens verstehen wir sie falsch.<br />

<strong>Das</strong>s auch die an<strong>der</strong>en Kulturen im selben<br />

Boot sitzen und dass auch sie uns falsch<br />

verstehen, ist kein großer Trost.<br />

Kulturen benehmen sich, als ob sie<br />

wasserdicht wären. Sie bilden sich routinemäßig<br />

ein, dass ihr Wahrheits- und<br />

Wirklichkeits-Verständnis das Wahrheitsund<br />

Wirklichkeits-Verständnis aller Kulturen<br />

ist. Wir formulieren dies nicht thematisch.<br />

Tatsache aber ist, dass wir so<br />

tun, als ob unsere Kultur, unsere Werte,<br />

3

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!