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Das eine Geheimnis - Missionszentrale der Franziskaner

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3<br />

e) Die Früchte des Dialogs<br />

Nach Luis Massignon hat Franziskus<br />

nach s<strong>eine</strong>r Erfahrung von Damiette stets<br />

für „die muselmanischen Brü<strong>der</strong>“ gebetet.<br />

Er empfand großen Schmerz darüber,<br />

wie man sie behandelte und welche<br />

vorgefertigten Urteile man über sie fällte.<br />

Sein „Denken war auf den Orient ausgerichtet“<br />

(Basetti-Sani, 1993, S. 698).<br />

Er wusste, „dass er selbst <strong>eine</strong>m zutiefst<br />

frommen und friedfertigen Menschen<br />

(Malik al-Kamil) begegnet war, <strong>der</strong> auch<br />

an den einzigen Gott glaubte“ (Spoto,<br />

2002, S. 239), und <strong>eine</strong>m Volk, das s<strong>eine</strong>n<br />

Glauben wahrhaftig leben wollte. Er fühlte<br />

sich als erster in <strong>der</strong> Geschichte dazu<br />

gedrängt, <strong>eine</strong> Methode <strong>der</strong> Begegnung<br />

und des Dialogs mit den Muslimen zu entwickeln<br />

(NbR 16). S<strong>eine</strong> Methode wird<br />

sicherlich unpassend als Evangelisierung<br />

<strong>der</strong> Muslime bezeichnet, da er viel mehr<br />

an <strong>eine</strong>m friedlichen und harmonischen<br />

Zusammenleben interessiert war bei aller<br />

Respektierung ihrer kulturellen und religiösen<br />

Unterschiede, als sie im engeren<br />

Sinne zu bekehren, auch wenn dieses<br />

S<strong>eine</strong> Methode wird sicherlich<br />

unzutreffend als Evangelisierung<br />

<strong>der</strong> Muslime bezeichnet.<br />

Ziel k<strong>eine</strong>swegs fehlte. Dies bedenkend<br />

begreift man die Tragweite des Textes,<br />

<strong>der</strong> die Lebensregel enthält. Gleichzeitig<br />

gestattet es, angemessen s<strong>eine</strong> Initiative<br />

zu würdigen, durch die er die Lenker <strong>der</strong><br />

Völker – durch ein Schreiben – bittet, dem<br />

Volk ein Zeichen zu geben, das es an das<br />

Beten erinnert. Er freute sich an <strong>der</strong> muslimischen<br />

Sitte, von den Trompeten <strong>der</strong><br />

Muezzins zusammengerufen zu werden,<br />

innezuhalten, sich in Richtung Mekka<br />

nie<strong>der</strong>zuwerfen und zu Gott Allah zu beten.<br />

Franziskus stellt unter Beweis, dass er<br />

von jenen etwas gelernt hat, die üblicher-<br />

weise verteufelt wurden. Diesen Wert <strong>der</strong><br />

„Ungläubigen“ hat Franziskus in <strong>eine</strong>m<br />

Gestus des echten interreligiösen Dialogs<br />

unter den Christen eingeführt, jedoch<br />

ohne s<strong>eine</strong> Herkunft zu deklarieren.<br />

Schluss<br />

Zwei kurze Bemerkungen möchte<br />

ich zum Schluss anfügen.<br />

a) Erstens wurde im Verlauf unserer<br />

Reflexion deutlich, dass wir mit dem Thema<br />

Ökumenismus und interreligiöser Dialog<br />

noch ganz am Anfang stehen. Es erweist<br />

sich in diesem Zusammenhang als<br />

dringend notwendig, die Beziehung des<br />

Franziskus zu den religiösen Armutsbewegungen<br />

zu erforschen, von denen er mehr<br />

gelernt zu haben scheint als von den an<strong>der</strong>en<br />

zeitgenössischen Ordensgemeinschaften.<br />

Insofern die meisten Armutsbewegungen<br />

von <strong>der</strong> Kirche verurteilt<br />

o<strong>der</strong> zumindest misstrauisch betrachtet<br />

wurden, sollte es da mit ihnen überhaupt<br />

k<strong>eine</strong> Art interreligiösen Dialogs gegeben<br />

haben? Und dass er niemals die Katharer<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e sogenannte „häretische“<br />

Gruppen angegriffen hat, bedeutet das<br />

nicht <strong>eine</strong> Fähigkeit zu geschwisterlicher<br />

„ökumenischer“ Beziehung, selbst wenn<br />

er sich nicht darüber im klaren war, wie<br />

wir das heute sein können? Worin besteht<br />

<strong>der</strong> große Unterschied zwischen dem,<br />

was er damals tat und dem, was wir heute<br />

am Beginn des dritten Jahrtausends im<br />

„ökumenischen Kreuzzug“ tun, <strong>der</strong> uns<br />

auf den Weg zu <strong>eine</strong>m religiösen Pluralismus<br />

zu bringen scheint, wie unter an<strong>der</strong>en<br />

José Maria Vigil o<strong>der</strong> Raimon Panikkar<br />

m<strong>eine</strong>n? Ihrer Überzeugung nach<br />

können wir alle Religionen als – autonome<br />

– Wege <strong>der</strong> Erlösung verstehen. Vor<br />

kaum <strong>eine</strong>m Jahrhun<strong>der</strong>t erst haben die<br />

christlichen Kirchen diesen Prozess <strong>der</strong><br />

Öffnung und des Dialogs begonnen, ohne<br />

zu leugnen, dass es hier und da in <strong>der</strong><br />

Vergangenheit bereits schöne Zeugnisse<br />

Grüne Schriftenreihe Nr. 99 – <strong>Das</strong> <strong>eine</strong> <strong>Geheimnis</strong> und die vielen Religionen

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