Das eine Geheimnis - Missionszentrale der Franziskaner
Das eine Geheimnis - Missionszentrale der Franziskaner
Das eine Geheimnis - Missionszentrale der Franziskaner
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Kriege als „Kreuzzüge“ bezeichnet, lässt<br />
erkennen, dass man sie christlich mystifiziert<br />
begründen will. Ansch<strong>eine</strong>nd verfolgen<br />
die Kreuzzüge nur das Ziel, die<br />
heiligen Stätten, die mit den wichtigsten<br />
Ereignissen des Lebens Jesu verbunden<br />
sind, zu befreien. Die Kirche verspricht<br />
den Teilnehmern Nachlass aller Sünden<br />
und aller Sündenstrafen (Dozzi, 1989, S.<br />
72). Für den mittelalterlichen Christenmenschen<br />
ist dies ein verlocken<strong>der</strong> Preis,<br />
denn er fühlt sich stets von <strong>der</strong> Drohung,<br />
in <strong>der</strong> Hölle zu verbrennen, umgetrieben.<br />
Im Jahr nach <strong>der</strong> Proklamation durch Urban<br />
II. wird <strong>der</strong> erste Kreuzzug organisiert.<br />
Im April 1097 wird Jerusalem zum<br />
ersten Mal eingenommen. Mehr als 150<br />
Jahre wird Europa von diesen bewaffneten<br />
Auseinan<strong>der</strong>setzungen beherrscht;<br />
hun<strong>der</strong>t Tausende Menschen sind darin<br />
verwickelt, enorme Summen Geldes<br />
werden verschwendet. Franziskus von<br />
Assisi kennt das ganze Klima aus eigener<br />
Erfahrung, weil er für etwa drei bis 4 Monate<br />
am fünften Kreuzzug im Jahr 1219<br />
teilnimmt, allerdings mit völlig an<strong>der</strong>er<br />
Zielsetzung.<br />
Der Beitrag von Franziskus wird deutlicher<br />
erkennbar, wenn man bedenkt,<br />
dass das feindselige Klima <strong>der</strong> Kirche sich<br />
gegen alles richtet, was sich außerhalb<br />
ihres geographischen und politischen<br />
Herrschaftsbereichs befindet und von<br />
ihr als böse angesehen wird. Die kriegerische<br />
Einstellung <strong>der</strong> mittelalterlichen<br />
Christenheit verteufelt alles, was nicht zu<br />
ihr gehört, insbeson<strong>der</strong>e aber die Gegner<br />
<strong>der</strong> Kirche (Franco, 1986, S. 160). Damit<br />
rechtfertigt man die tödliche Verfolgung<br />
von Häretikern 1 . Der heilige Dominikus,<br />
Grün<strong>der</strong> des Predigerordens und Zeitgenosse<br />
von Franziskus, verwendet die Predigt,<br />
um die häretischen Albigenser zu<br />
bekämpfen und zu besiegen, das heisst,<br />
sie davon zu überzeugen, dass sie im Irrtum<br />
leben. S<strong>eine</strong> Methode ist die disputatio,<br />
<strong>der</strong> theologische Disput mit dem<br />
Crocoli – Franziskus und <strong>der</strong> Interreligiöse Dialog<br />
Ziel, den Gegner mit Hilfe <strong>der</strong> kirchlichen<br />
Lehre zu besiegen. Franziskus handelt<br />
völlig an<strong>der</strong>s, indem er jede Art von Debatte<br />
verbietet.<br />
<strong>Das</strong> IV. Laterankonzil im November<br />
1215, an dem Franziskus zusammen<br />
mit mehr als 800 Prioren sicherlich teilgenommen<br />
hat, verfolgte drei Ziele: das<br />
Ordensleben in <strong>der</strong> Kirche zu reorganisieren,<br />
die Häresien zu bekämpfen und zu<br />
<strong>eine</strong>m neuen Kreuzzug aufzurufen. Alle<br />
Prioren und die teilnehmenden 412 Bischöfe<br />
sollten nach <strong>der</strong> Rückkehr in ihre<br />
Städte und Klöster <strong>eine</strong> Kampagne beginnen,<br />
um für den „Heiligen Krieg“ zur<br />
Befreiung <strong>der</strong> von den Moslems geschändeten<br />
und entweihten Orte Finanzmittel<br />
zu sammeln und Kämpfer zu rekrutieren.<br />
Außer den materiellen Belohnungen<br />
durch Kriegsbeute wurden spirituelle Belohnungen<br />
von höchstem Wert versprochen.<br />
Es gibt allerdings k<strong>eine</strong> einzige<br />
Notiz darüber, dass Franziskus auch nur<br />
<strong>eine</strong>n Finger gerührt hätte, um diese Initiative<br />
zu unterstützen. Zwar hat er sich<br />
nicht öffentlich dagegen gewandt und er<br />
hat nicht als Militärkaplan 2 an diesem Unternehmen<br />
teilgenommen, son<strong>der</strong>n mit<br />
dem Ziel, die Christen vom Krieg abzuhalten<br />
und zum Friedensabkommen 3 mit<br />
dem Sultan zu finden.<br />
Diese kurzen Hinweise halte ich für<br />
ausreichend, um in groben Zügen das<br />
Umfeld anzudeuten, in dem Franziskus<br />
s<strong>eine</strong>n Beitrag zum „interreligiösen Dialog“<br />
geleistet hat. In den folgenden Ausführungen<br />
wird die Beziehung von Franziskus<br />
zu den Moslems als beispielhaft für<br />
s<strong>eine</strong>n Beitrag zum interreligiösen Dialog<br />
überhaupt herausgearbeitet.<br />
2. Franziskus –<br />
ein dialogischer Mensch<br />
Die dialogische Beziehung, die Franziskus<br />
zu Sarazenen hat, gehört in das<br />
breite Gefüge s<strong>eine</strong>r brü<strong>der</strong>lich-gesell-<br />
23