1 <strong>eine</strong>n Dialog mit Konsequenzen, auf <strong>der</strong> Basis <strong>eine</strong>r Empfindung von Identifikation mit <strong>eine</strong>m gemeinsamen Ziel. Als Beispiel kann <strong>der</strong> Weihnachtsbaum dienen. Er weckt die Empfindung für das entstehende Leben, <strong>eine</strong>s Lebens, das nicht stirbt, son<strong>der</strong>n Wi<strong>der</strong>stand leistet; auf <strong>der</strong> Basis dieser Logik des gemeinsamen Zieles, <strong>eine</strong>r gemeinsamen Identifikation, wurde <strong>der</strong> Baum akzeptiert und mühelos in die christliche Tradition eingeglie<strong>der</strong>t. An<strong>der</strong>s verhält es sich mit <strong>der</strong> Logik des interreligiösen Dialogs auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> religiösen Institution. Sie definiert sich durch die Herkunft <strong>der</strong> am Dialog Beteiligten. Die religiöse Identität, ihre Darlegung, Erhaltung und Rechtfertigung ist hier <strong>der</strong> entscheidende Faktor. In dieser Logik <strong>der</strong> Herkunft gibt es k<strong>eine</strong> Konvergenz. Die Herkunftslogik hält durch die jeweilige Eigendynamik <strong>der</strong> Institution und ihrer Interessen an den Unterschieden fest. 5. These: <strong>Das</strong> „Angebot von religiösen Dienstleistungen“, das allgemein ein Angebot ist, um Erfahrungen zu machen, ist heutzutage zum privilegierten Ort für den interreligiösen Dialog in <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> Religiosität geworden. Mehrfach wurde hier bereits von Religiosität als von etwas gesprochen, das das Erleben des persönlichen Glaubens, die religiöse Erfahrung zur Grundlage hat. Ebenso davon, dass <strong>der</strong> interreligiöse Dialog in <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> Religiosität sich dann in <strong>der</strong> Konvergenz ereignet, in <strong>der</strong> Identifikation mit an<strong>der</strong>en religiösen Erfahrungen. Ich habe auch bereits darauf hingewiesen, dass diese Identifikation ein entscheiden<strong>der</strong> Faktor für den Dialogprozess in <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> Religiosität ist. Nun möchte ich auf einige Spuren aufmerksam machen, durch die man das Beschriebene in unserer Realität beobachten kann. Ich habe auch auf den Unterschied zwischen den Logiken <strong>der</strong> beiden Dialogformen – des Dialogs auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> Religiosität bzw. auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> religiösen Institution – hingewiesen, dass nämlich <strong>der</strong> Dialog seitens <strong>der</strong> religiösen Institution leicht Gefahr läuft, zu religiöser Diplomatie zu werden. Folglich wäre das Milieu <strong>der</strong> Institution nicht so sehr <strong>der</strong> privilegierte Ort, um den interreligiösen Dialog unter dem Gesichtspunkt <strong>der</strong> Religiosität zu praktizieren. Dieser vollzieht sich eher in an<strong>der</strong>er Umgebung als in <strong>der</strong> religiösen Institution selbst. M<strong>eine</strong>r Ansicht nach geschieht dieser Dialog heutzutage häufig durch das, was ich – vorsichtig formuliert – das „Angebot <strong>eine</strong>r religiösen Dienstleistung“ nennen würde. Dabei kann man sehr unterschiedliche Phänomene beobachten. Zum <strong>eine</strong>n gibt es die Angebote von Begegnungen, Seminaren, Workshops, Kursen etc. religiösen Charakters; Kurse für religiöse Tänze, Meditationserfahrungen, Entspannungsmethoden, ritualisierte Anwendungen von Gesundheitstherapien. Die tatsächliche Flut von Angeboten in dieser Hinsicht lässt darauf schließen, dass hier wirklich <strong>eine</strong> große Nachfrage vorliegt. Nicht immer präsentieren sich diese Aktivitäten als ausdrücklich religiös, son<strong>der</strong>n z. T. auch als solche, die die Weisheit irgend<strong>eine</strong>r religiösen Tradition wie<strong>der</strong> aufleben lassen wollen. Sie schöpfen in <strong>der</strong> Tat aus den religiösen Erfahrungen von Traditionen, die vor Jahrhun<strong>der</strong>ten entstanden sind und seitdem weitergegeben und erlernt wurden. Ebendeshalb verfügen sie über <strong>eine</strong>n hohen Grad an Effektivität (in dem Sinne: „es funktioniert“!), was dieser Art von Angeboten mit ihren erlebnis- und erfahrungsorientierten Ansätzen gemeinsam zu sein scheint. Es geht nicht nur um Grüne Schriftenreihe Nr. 99 – <strong>Das</strong> <strong>eine</strong> <strong>Geheimnis</strong> und die vielen Religionen
Foto: KNA Berkenbrock – Interreligiöser Dialog in <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> Religiosität 1