20 Grüne Schriftenreihe Nr. 99 – <strong>Das</strong> <strong>eine</strong> <strong>Geheimnis</strong> und die vielen Religionen
Franziskus und <strong>der</strong> Interreligiöse Dialog Einführung Ist es nicht anachronistisch, über Ökumenismus und interreligiösen Dialog bei Franz von Assisi zu sprechen? Man könnte es m<strong>eine</strong>n, denn im 13. Jahrhun<strong>der</strong>t existieren diese Fragestellungen we<strong>der</strong> im Denken noch in den Büchern <strong>der</strong> Geistesschaffenden. Auch wenn scheinbar Franziskus nie etwas <strong>der</strong>artiges erwähnt hat, kann sein Leben unter dieser Thematik betrachtet werden. Gegen Ende des konstantinischen Jahrhun<strong>der</strong>ts beginnt die Kirche, sich als privilegierterOrganismus<strong>der</strong>Gesellschaft zu verhalten. Sie versteht sich als Stellvertreterin Christi auf Erden, als Vermittlerin des besten – wenn nicht sogar einzigen – Weges zum Heil. Als Bündnispartnerin <strong>der</strong> ökonomischen, kulturellen und religiösen Macht will sie, dass alle Völker ihren Glauben übernehmen. Wer diesem Glaubensverständnis nicht zustimmt, wird misstrauisch betrachtet o<strong>der</strong> gar dämonisiert und folglich bekämpft, auch mit Mitteln <strong>der</strong> Gewalt. Und da ist es Franziskus, <strong>der</strong> – frei von jedem Machtstreben und in <strong>der</strong> gelebten Überzeugung von <strong>der</strong> Gleichrangigkeit aller Menschen und Geschöpfe – <strong>eine</strong> an<strong>der</strong>e Art <strong>der</strong> Beziehung zu den „Ungläubigen“ entdeckt. Ihm gelingt es, zum ersten Mal in <strong>der</strong> Geschichte <strong>eine</strong> Methode zu entwickeln, sich den Anhängern an<strong>der</strong>er Glaubensweisen auf dialogische Weise zu nähert. Er war wirklich ein Prophet. Ich will das Thema „Franziskus, die ökumenische Bewegung und <strong>der</strong> Interreligiöse Dialog“ in drei Abschnitten ent- Crocoli – Franziskus und <strong>der</strong> Interreligiöse Dialog Aldir Crocoli ofmcap, Prof. für Spiritualität am Theol- ogischen Institut <strong>der</strong> Kapuziner in Porto Alegre /Brasilien wickeln. Zunächst werden wir kurz den ideologischen und kulturell-religiösen Kontext s<strong>eine</strong>r Zeit betrachten, um die Bedeutung des Beitrags von Franziskus zu diesem Thema zu verstehen. Dabei sollten wir Folgendes bedenken: wenn Franziskus das, was er im 13. Jahrhun<strong>der</strong>t tat, heute tun würde, gäbe es überhaupt k<strong>eine</strong>n Grund, dies beson<strong>der</strong>s zu erwähnen, weil wir in <strong>eine</strong>r Zeit leben, die dem interreligiösen Dialog gegenüber viel aufgeschlossener ist. Im nächsten Abschnitt sollen einige Aspekte <strong>der</strong> dialogischen Lebensweise von Franziskus hervorgehoben werden. Man wird erkennen, dass er bei <strong>der</strong> Begegnung mit den Sarazenen ganz natürlich das fortsetzt, was er mit allen Menschen und allen Geschöpfen zu leben versuchte. Schließlich wird im letzten Abschnitt von dem die Rede sein, was als „<strong>eine</strong> Methodologie des interreligiösen Dialogs“ Ihm gelingt es, zum ersten Mal in <strong>der</strong> Geschichte <strong>eine</strong> Methode zu entwickeln, sich den Anhängern an<strong>der</strong>er Glaubensweisen auf dialogische Weise zu nähert. bezeichnet werden kann. Diese beruht vor allem auf dem 16. Kapitel <strong>der</strong> nichtbullierten Regel, <strong>eine</strong>m richtungsweisenden Text für s<strong>eine</strong> Mitbrü<strong>der</strong>, <strong>der</strong> dem Ordensleben wirklich <strong>eine</strong> neue Orientierung gab. Ich hoffe, dass <strong>der</strong> Leser/die Leserin durch diese ersten Überlegungen 21
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