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Das eine Geheimnis - Missionszentrale der Franziskaner

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3<br />

19 „Seht zu, dass ihr nicht in Verwirrung<br />

geratet“ (Mt 24,6).<br />

20 Denn in eurer Geduld werdet ihr eure<br />

Seelen besitzen (Lk 21,19).<br />

21 Und „wer ausharrt bis ans Ende, <strong>der</strong><br />

wird gerettet werden“ (Mt 10,22; 24,13).<br />

Neben <strong>der</strong> völligen Selbstlosigkeit<br />

empfiehlt <strong>der</strong> Text die Klugheit <strong>der</strong><br />

Schlangen und die Einfalt <strong>der</strong> Tauben.<br />

Klugheit und Einfachheit erleichtern die<br />

Annäherung. Die erste Tugend, die Klugheit,<br />

verbunden mit Mut, macht aufmerksam<br />

auf die Vorsicht, die in <strong>eine</strong>m<br />

konfliktiven Ambiente geboten ist, auf<br />

die notwendige Zurückhaltung, etwas zu<br />

beurteilen, zu kritisieren o<strong>der</strong> zu missbilligen.<br />

Die zweite Tugend, die Einfachheit,<br />

appelliert an Transparenz, Ehrlichkeit, Liebe<br />

zur Wahrheit, Integrität <strong>der</strong> Lebensführung<br />

etc. Dieses menschliche Fundament<br />

ist unverzichtbar, wenn man offen,<br />

wohlwollend und respektvoll dem an<strong>der</strong>en<br />

begegnen will; dies ist das fruchtbare<br />

Terrain, auf dem <strong>der</strong> Dialog gedeihen<br />

kann. <strong>Das</strong> scheint die Bedeutung <strong>der</strong> hier<br />

zitierten biblischen Texte zu sein.<br />

b) „Von den Brü<strong>der</strong>n, die unter die<br />

Sarazenen und an<strong>der</strong>e Ungläubige<br />

gehen wollen“<br />

3 Daher soll je<strong>der</strong> Bru<strong>der</strong>, <strong>der</strong> [auf<br />

göttliche Eingebung hin] unter die Sarazenen<br />

und an<strong>der</strong>e Ungläubige gehen will, mit<br />

<strong>der</strong> Erlaubnis s<strong>eine</strong>s Ministers und Dieners<br />

gehen [...]<br />

5 Die Brü<strong>der</strong> aber, die hinausziehen,<br />

können in zweifacher Weise unter ihnen<br />

geistlich wandeln (Nichtbullierte Regel 16,<br />

3.5).<br />

Interessant ist, dass dieser erste mittelalterliche<br />

Text, <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Evangelisierung<br />

„<strong>der</strong> Ungläubigen“ und vom<br />

interreligiösen Dialog handelt, in <strong>eine</strong>r<br />

Ordensregel enthalten ist und <strong>eine</strong> Spra-<br />

che verwendet, die wir als sehr fortschrittlich<br />

bezeichnen könnten. Er spricht davon<br />

„unter die Sarazenen zu gehen“.<br />

Wenn er stattdessen davon gesprochen<br />

hätte, „zu den Sarazenen zu gehen“, wäre<br />

die geistige und physische Distanz zu<br />

den Adressaten klar gewesen. Die Christenheit<br />

damals war kulturell nicht nur<br />

auf diese Distanz eingestellt, die sich in<br />

Unkenntnis und Gleichgültigkeit hätte<br />

nie<strong>der</strong>schlagen können, son<strong>der</strong>n organisierte<br />

sich dafür, „gegen die Sarazenen<br />

vorzugehen“. Die Kreuzzüge sind <strong>der</strong> beste<br />

Beweis für diese Einstellung. Franziskus<br />

spricht beson<strong>der</strong>s weitsichtig davon:<br />

„unter die Sarazenen (zu) gehen“. Hier<br />

scheint er das <strong>Geheimnis</strong> <strong>der</strong> Inkarnation<br />

anklingen zu lassen: „Er hat unter uns<br />

gewohnt“, er nahm unsere menschliche<br />

Gebrechlichkeit auf sich (2 Fi 4), wie Vadakkekara<br />

(2003, S. 260) vorschlägt, wenn<br />

er sich auf die Ausdrucksweise von Franziskus<br />

bezieht. Eine solche Einstellung<br />

setzt den Verzicht auf jede Form von<br />

Macht und Überlegenheit voraus. Später<br />

spricht Franziskus sogar von <strong>der</strong> Notwendigkeit,<br />

allen untertan zu sein. Ein Dialog<br />

hat zur Bedingung, dass zwei Menschen<br />

sich gleichrangig begegnen, dass sie sich<br />

mindestens gleichen Rang zuerkennen<br />

und dass sie voneinan<strong>der</strong> lernen können.<br />

„Mission darf we<strong>der</strong> offen noch versteckt<br />

erobern wollen. Sie darf auch nichts erzwingen<br />

wollen, nicht einmal maskiert<br />

durch die intellektuelle Überlegenheit<br />

des Missionars. Sie verwirklicht sich nur<br />

durch den Dialog.“ (Comblin, 2005, S.<br />

20-21)<br />

Ich halte es für wichtig, auf das Adverb<br />

„geistlich“ aufmerksam zu machen,<br />

das in diesem Satz das Verb „wandeln“<br />

qualifizieren soll. Eine Untersuchung<br />

des Bru<strong>der</strong>s Optato van Asseldonk über<br />

dieses Thema weist nach, dass „geistlich<br />

wandeln“ meint: „dem Geist Gottes“<br />

bzw. dem heiligen Geist entsprechend<br />

zu leben. 21 Franziskus beruft sich auf die<br />

Grüne Schriftenreihe Nr. 99 – <strong>Das</strong> <strong>eine</strong> <strong>Geheimnis</strong> und die vielen Religionen

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