Das eine Geheimnis - Missionszentrale der Franziskaner
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was er später im Verhältnis zu den Moslems<br />
zeigt. Wir überlassen diese Analyse<br />
weiteren Studien und betrachten jetzt<br />
genauer die Beziehung des Franziskus zur<br />
islamischen Religion als Sinnbild für den<br />
Interreligiösen Dialog. Wir werden das in<br />
zwei Schritten tun. Zuerst werden wir uns<br />
die Geschichte <strong>der</strong> Begegnungen bzw.<br />
<strong>der</strong> Bemühungen um Begegnungen mit<br />
den Sarazenen und <strong>der</strong>en Ergebnisse vor<br />
Augen halten. Dann schauen wir genauer<br />
auf die Methodologie für ein friedvolles<br />
Zusammenleben und den interreligiösen<br />
Dialog im Kapitel 16 <strong>der</strong> Nichtbullierten<br />
Regel, dem bedeutsamsten Text <strong>der</strong> franziskanischen<br />
Bewegung, weil er kollektiv<br />
während mehr als <strong>eine</strong>s Lebensjahrzehnts<br />
verfasst wurde.<br />
3.1. Franziskus begegnet den<br />
Anhängern des Mohammed<br />
Drei Bemühungen des Franziskus<br />
um die Annäherung an die Mohammedaner<br />
sind überall anerkannt. Die erste<br />
ereignet sich höchstwahrscheinlich im<br />
Jahre 1212 14 . Zu diesem Zeitpunkt wurde<br />
ganz Europa mobilisiert, das Heilige<br />
Land durch <strong>eine</strong> religiös-militärische Bewegung<br />
zu befreien. Die einfachen Leute<br />
hofften beson<strong>der</strong>s auf die spirituelle Belohnung.<br />
Deshalb wurde das Unternehmen<br />
als „Kin<strong>der</strong>kreuzzug“, o<strong>der</strong> besser<br />
gesagt als „Kreuzzug <strong>der</strong> Armen“ bezeichnet.<br />
Daran waren we<strong>der</strong> Adelige<br />
noch Könige beteiligt. Viele bestiegen<br />
im Hafen von Venedig das Schiff, an<strong>der</strong>e<br />
wollten es im Hafen von Brindisi tun 15 .<br />
Franziskus gehörte zu diesen Armen. Er<br />
schiffte sich in Venedig ein, um Richtung<br />
Syrien zu fahren, und zwar nicht mit <strong>der</strong><br />
Absicht, spirituellen (vollkommenen Ablass)<br />
o<strong>der</strong> materiellen Nutzen (Beute) davon<br />
zu haben, son<strong>der</strong>n mit dem Wunsch,<br />
zum Frieden beizutragen und die Bekehrung<br />
<strong>der</strong> Muslime zu erreichen (Spoto,<br />
2002, S. 186) 16 . Thomas von Celano erwähnt<br />
nicht, dass es das Ziel war, den<br />
Frieden anzustreben, vielleicht weil er auf<br />
Anordnung des Papstes, dem obersten<br />
Kommandeur <strong>der</strong> Kreuzzüge, das Leben<br />
des Franziskus beschreibt und weil es sein<br />
Anliegen war, die Heiligkeit des Franziskus<br />
nachzuweisen. Er betrachtet kaum<br />
den Wunsch des Franziskus, die Sarazenen<br />
zu bekehren und als Märtyrer zu sterben<br />
(1 Cel 55,1-3). <strong>Das</strong> Schiff, das Franziskus<br />
in Venedig bestiegen hatte, wurde<br />
wenig später gegen die Inseln Slawoniens<br />
(des heutigen Kroatien) geschleu<strong>der</strong>t, so<br />
dass die Fortsetzung <strong>der</strong> Reise unmöglich<br />
wurde. Einige Wochen später gelang es<br />
Franziskus, nach Italien zurückzukehren.<br />
Weil er jedoch <strong>eine</strong>n starken Willen<br />
hat, unternimmt Franziskus im darauffolgenden<br />
Jahr <strong>eine</strong>n neuen Versuch. Er<br />
verlässt Assisi in <strong>der</strong> Absicht, zu Fuß über<br />
Spanien nach Marokko zu gelangen. So<br />
will er das Risiko <strong>eine</strong>s neuen Schiffbruchs<br />
umgehen. Von Assisi aus folgt er <strong>der</strong> traditionellen<br />
Route durch Florenz, Pisa,<br />
Lyon, übersteigt die Pyrenäen und gelangt<br />
nach Santiago de Compostela. S<strong>eine</strong><br />
physische Schwäche (er schleppt den<br />
Malaria-Virus mit sich, das periodisch auftretende<br />
Fieber, die häufigen Fieber-Krisen)<br />
zwingt ihn dazu, lange – vermutlich<br />
mehrere Monate – in Compostela zu verweilen.<br />
Belegt ist, dass er drei Tage lang<br />
nicht sprechen und nicht verstehen kann,<br />
was man ihm sagt; offenbar <strong>eine</strong> Art Delirium<br />
als Folge des Malaria-Fiebers und<br />
<strong>eine</strong>s kl<strong>eine</strong>n Infarktes 17 . Angesichts des<br />
Zustandes entscheiden er und Bernhard<br />
von Quintavalle, die Reise aufzugeben<br />
und nach Assisi zurückzukehren.<br />
1219 sieht Franziskus erneut <strong>eine</strong><br />
Gelegenheit, sein Bemühen um die Begegnung<br />
mit den Muslimen wie<strong>der</strong> aufzunehmen.<br />
Der fünfte Kreuzzug beginnt,<br />
<strong>der</strong> offiziell von Papst Innozenz III. beim<br />
IV. Laterankonzil im November 1215 ausgerufen<br />
worden war. Vier Jahre später also<br />
ist Franziskus wie<strong>der</strong> auf <strong>eine</strong>m Kreuzfah-<br />
Grüne Schriftenreihe Nr. 99 – <strong>Das</strong> <strong>eine</strong> <strong>Geheimnis</strong> und die vielen Religionen