Das eine Geheimnis - Missionszentrale der Franziskaner
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ist <strong>der</strong> erste Impuls zur Entwicklung des<br />
Angelus-Gebetes geworden mit den Glockenzeichen<br />
um 6, 12 und 18 Uhr. Bereits<br />
25 Jahre nach dem Tode des Franziskus<br />
soll praktisch in <strong>der</strong> Christenheit von ganz<br />
Westeuropa diese Praxis mohammedanischer<br />
Frömmigkeit eingeführt worden<br />
sein. Wichtig ist es, Ursprung und Motive<br />
s<strong>eine</strong>r Initiative zu begreifen: Als er sich<br />
bei den Muslimen aufhielt, bemerkte er,<br />
dass das Volk fünfmal am Tag, wenn die<br />
Muezzins die Minarette bestiegen und die<br />
Trompete bliesen, sofort s<strong>eine</strong> Aktivitäten<br />
unterbrach, sich gegen Mekka wandte<br />
und zu Allah betete. Dieser Gestus beeindruckte<br />
Franziskus so tief, dass er ihn<br />
auch bei den Christen einführen wollte.<br />
Merkwürdigerweise konsultiert er bezüglich<br />
dieser Initiative die kirchlichen Autoritäten<br />
nicht und, obwohl er sich stets als<br />
klein und Knecht aller bezeichnet, zögert<br />
er hier nicht, allen Lenkern <strong>der</strong> Welt <strong>eine</strong><br />
Art „Befehl“ zu erteilen, sogar mit harten<br />
und drohenden Worten. 19 Dieser Brauch<br />
des Islam erschien ihm so schön und gut,<br />
dass er nicht zögerte, ihn <strong>der</strong> Christenheit<br />
zu empfehlen, ja sogar vorzuschreiben,<br />
könnte man sagen, nicht im Sinne <strong>eine</strong>s<br />
autoritären Drucks von außen, wohl aber<br />
im Sinne <strong>eine</strong>r tiefen, klaren und starken<br />
Überzeugung, die er nicht für sich allein<br />
behalten konnte.<br />
Im September 1219 kehrte er nach<br />
Italien zurück. Am 16. Januar 1220 erfuhr<br />
er vom Martyrium s<strong>eine</strong>r fünf Brü<strong>der</strong><br />
(Bernhard und s<strong>eine</strong>r vier Gefährten). Als<br />
man ihm berichtete, wie sie sich gegenüber<br />
den Muslimen verhalten hatten und<br />
wie sie zu Tode gekommen waren, hätte<br />
er ausgerufen: „Jetzt kann ich sagen, dass<br />
ich wirklich fünf Brü<strong>der</strong> habe“. Dennoch<br />
hat er, im Rückgriff auf s<strong>eine</strong> persönliche<br />
Erfahrung und ohne das Verhalten s<strong>eine</strong>r<br />
Brü<strong>der</strong> zu missbilligen, die in gutem<br />
Glauben und entsprechend <strong>der</strong> vorherrschenden<br />
Mentalität gehandelt hatten,<br />
<strong>eine</strong> friedliche Methode zur Evangelisie-<br />
rung <strong>der</strong> Sarazenen aufgeschrieben, ein<br />
bisdahingänzlichunerhörtesundwirklich<br />
prophetisches Vorgehen. Diese Methode<br />
finden wir in jenem Text, den wir heute<br />
als das 16. Kapitel <strong>der</strong> Nichtbullierten<br />
Regel bezeichnen. Er soll jetzt als Methodologie<br />
für Evangelisierung und interreligiösen<br />
Dialog analysiert werden. Der<br />
Text reflektiert auf unzweideutige Weise<br />
<strong>eine</strong> zutiefst dialogische Haltung gegenüber<br />
dem „An<strong>der</strong>en“, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>s ist. In<br />
diesem spezifischen Fall handelt es sich<br />
sogar um den völlig An<strong>der</strong>en und „Verteufelten“,<br />
an dem sich nur schwerlich<br />
Positives o<strong>der</strong> gar bewun<strong>der</strong>ungswürdige<br />
Werte entdecken lassen, auf Grund<br />
<strong>der</strong>er sich die Chance böte, <strong>eine</strong>n interreligiösen<br />
Dialog zu beginnen, <strong>der</strong> <strong>eine</strong>n<br />
gegenseitigen Lernprozess einschließt.<br />
3.2. Franziskus im Dialog<br />
mit den „Ungläubigen“<br />
Die verschiedenen Erfahrungen mit<br />
Kriegen, die Erlebnisse auf den Schlachtfel<strong>der</strong>n,<br />
all das existentielle Gepäck, das<br />
Franziskus in s<strong>eine</strong>r geschwisterlichen<br />
Beziehung zu allen Menschen, zu den<br />
Tieren und zu den übrigen Geschöpfen<br />
zusammengetragen hatte, ermöglichte<br />
... im Wi<strong>der</strong>spruch zum<br />
Empfinden <strong>der</strong> gesamten<br />
damaligen Christenheit <strong>eine</strong><br />
wirklich dialogische Haltung<br />
auch den Sarazenen gegenüber ...<br />
es ihm, im Wi<strong>der</strong>spruch zum Empfinden<br />
<strong>der</strong> gesamten damaligen Christenheit <strong>eine</strong><br />
wirklich dialogische Haltung auch den<br />
Sarazenen gegenüber einzunehmen. Diese<br />
Haltung ist gleichsam <strong>eine</strong> Methodologie<br />
für den interreligiösen Dialog, die<br />
erkennbar wird, wenn man die verschiedenen<br />
Schritte für den Dialog in den in-<br />
Grüne Schriftenreihe Nr. 99 – <strong>Das</strong> <strong>eine</strong> <strong>Geheimnis</strong> und die vielen Religionen