Das eine Geheimnis - Missionszentrale der Franziskaner
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se dachte: auf die Behauptung <strong>der</strong> eigenen<br />
theologischen Thesen zu verzichten<br />
und zu akzeptieren, dass <strong>der</strong> An<strong>der</strong>e im<br />
Frieden s<strong>eine</strong> Glaubensüberzeugung leben<br />
kann. Mehr noch: „Um Gottes willen<br />
Eindrucksvoll ist, wie häufig <strong>der</strong><br />
Heilige <strong>der</strong> institutionalisierten<br />
Kirche den Gehorsam<br />
verweigert, um noch tiefer dem<br />
Geist Jesu Christi gehorsam<br />
sein zu können<br />
je<strong>der</strong> menschlichen Kreatur untertan“ zu<br />
sein. Hier steht Franziskus wie<strong>der</strong> einmal<br />
in offenem Wi<strong>der</strong>spruch zum allgem<strong>eine</strong>n<br />
Denken <strong>der</strong> Kirche. <strong>Das</strong> IV. Laterankonzil<br />
hatte den Kanon <strong>der</strong> vorherigen Konzilien<br />
wie<strong>der</strong> aufgegriffen, <strong>der</strong> den Christen<br />
verbot, sich <strong>eine</strong>r nichtchristlichen Autorität<br />
zu unterstellen, ob sie nun jüdisch<br />
o<strong>der</strong> moslemisch sei. (Basetti-Sani, 1994,<br />
S. 694-95). Eindrucksvoll ist, wie häufig<br />
<strong>der</strong> Heilige <strong>der</strong> institutionalisierten Kirche<br />
den Gehorsam verweigert, um noch tiefer<br />
dem Geist Jesu Christi gehorsam sein<br />
zu können, <strong>der</strong> das Herz <strong>der</strong> Kirche selbst<br />
ist. Deshalb zögert er auch nicht, sich den<br />
Heiden zu unterstellen und damit präzisen<br />
Anweisungen zuwi<strong>der</strong>zuhandeln. Für<br />
Franziskus hat die Verän<strong>der</strong>ungskraft des<br />
Evangeliums Vorrang vor je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Norm. Die Logik <strong>der</strong> Liebe gebietet es,<br />
klein zu werden, herabzusteigen und<br />
da zu sein, um dem An<strong>der</strong>en zu dienen,<br />
denn dies ist die Logik des Liebesgebotes.<br />
<strong>Das</strong> hat er von Jesus Christus gelernt, <strong>der</strong><br />
– obwohl reich – arm geworden ist, sich<br />
entäußerte, wie ein Sklave wurde und am<br />
Kreuz starb, aber deshalb auch über alle<br />
Namen erhoben wurde (Phil 2, 5-11). Diese<br />
göttliche Transdeszendenz, (diese im<br />
Abstieg erkennbare Transzendenz, Anm.<br />
d. Übers), bringt am besten Solidarität,<br />
Liebe, Respekt, Freundschaft, Ehrerbie-<br />
tung, Wertschätzung und Zuwendung<br />
zum Ausdruck.<br />
d) Sobald die Bedingungen dafür da<br />
sind, verkündigt das Wort Gottes<br />
7 Die an<strong>der</strong>e Art ist die, dass sie, wenn<br />
sie sehen, dass es dem Herrn gefällt, das<br />
Wort Gottes verkünden: sie sollen glauben<br />
an den allmächtigen Gott, den Vater<br />
und den Sohn und den Heiligen Geist, den<br />
Schöpfer aller Dinge, an den Sohn, den Erlöser<br />
und Retter, und sie sollen sich taufen<br />
lassen und Christen werden; denn „wenn<br />
jemand nicht wie<strong>der</strong>geboren wird aus dem<br />
Wasser und dem Heiligen Geiste, kann er<br />
nicht in das Reich Gottes eingehen“ (vgl.<br />
Joh 3,4).<br />
Drei Aspekte aus diesem Vers <strong>der</strong><br />
nichtbullierten Regel sollen bedacht werden.<br />
Zuerst <strong>der</strong> Ausdruck „wenn sie sehen,<br />
dass es dem Herrn gefällt“. Wie<br />
sollte man ihn verstehen? Wenn Gott das<br />
Heil aller will, ist es dann nicht auch sein<br />
Wunsch und Wille, dass alle sofort vom<br />
wahren Weg zum Heil erfahren, weil es ja<br />
„außerhalb <strong>der</strong> Kirche kein Heil gibt“? 22<br />
Franziskus scheint diese offizielle Sicht<br />
nicht zu übernehmen. Er glaubt, dass<br />
Gott niemals jemanden mit Gewalt zu<br />
etwas verpflichtet. Vielmehr bietet er<br />
Chancen an: „Wenn du willst...“ sagt Jesus<br />
häufig. Wenn Jesus auf solche Weise<br />
verfährt, warum sollte sich die Kirche an<strong>der</strong>s<br />
verhalten? Warum hat Jesus den Tod<br />
am Kreuz und damit scheinbar das totale<br />
Fiasko s<strong>eine</strong>r Sendung vorgezogen, statt<br />
als Erlösermessias herrschaftlich aufzutreten?<br />
Wenn also Gott nichts anordnet,<br />
dann tut er es, weil er an<strong>der</strong>e Alternativen<br />
<strong>der</strong> Erlösung wählt. Die Weisheit Gottes<br />
ist unerforschlich. Auf diese Weisheit soll<br />
auch <strong>der</strong> Missionar vertrauen. Aber wenn<br />
das Warten Jahrhun<strong>der</strong>te dauert! Dann<br />
hängt das von unserer mangelnden Übereinstimmung<br />
mit den Werten des Evangeliums<br />
ab. Deshalb ist es für Franziskus<br />
Grüne Schriftenreihe Nr. 99 – <strong>Das</strong> <strong>eine</strong> <strong>Geheimnis</strong> und die vielen Religionen