Das eine Geheimnis - Missionszentrale der Franziskaner
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wichtiger auch „unter den Ungläubigen“<br />
Buße zu tun, als Proselyten zu machen, so<br />
wie wir auch unter denen, die Jesus Christus<br />
bekennen, ein Leben <strong>der</strong> Buße führen<br />
sollen. Die Fehler und Sünden, die an<strong>der</strong>e<br />
möglicherweise haben können, sind<br />
eher Motiv, die eigenen Sünden besser zu<br />
erkennen und zu überwinden. 23<br />
Der zweite Aspekt besteht in <strong>der</strong> Verkündigung<br />
„des Wortes Gottes“ 24 . Es<br />
geht also nicht darum, Kirche o<strong>der</strong> Tradition<br />
zu präsentieren. Vielmehr soll das<br />
Wort Gottes vorgestellt werden, o<strong>der</strong> mit<br />
an<strong>der</strong>en Worten, <strong>der</strong> Prozess, durch den<br />
sich Gott in <strong>der</strong> Geschichte offenbart. <strong>Das</strong><br />
lässt sich auch verstehen als „Rückkehr<br />
zu den Quellen“. Dieser Aspekt stellt den<br />
Gesprächspartner eher vor Gott als vor<br />
die Tradition <strong>der</strong> Kirche. <strong>Das</strong> erleichtert<br />
den Dialog sehr, insofern kulturelle Seiten<br />
<strong>der</strong> Kirche, die sie im Laufe ihres Weges<br />
durch die Geschichte aufgenommen hat,<br />
als sekundär bezeichnet werden; das geschah<br />
auch beim ersten Konzil in Jerusalem<br />
(Apg 15).<br />
Schließlich <strong>der</strong> dritte Aspekt: „Sie sollen<br />
glauben an den allmächtigen Gott,<br />
den Vater und den Sohn und den Heiligen<br />
Geist“. Der Glaube an den dreifaltig<strong>eine</strong>n<br />
Gott gehört zum Kernbestand unseres<br />
Glaubens. Franziskus hat selbst den<br />
Glauben <strong>der</strong> Muslime an den höchsten<br />
Gott konkret erfahren. In diesem Punkt<br />
gab es Übereinstimmung im Glauben.<br />
Aber mit s<strong>eine</strong>m Scharfsinn führt Franziskus<br />
<strong>eine</strong>n delikaten Punkt des Gottesverständnisses<br />
an, die heiligste Dreifaltigkeit,<br />
für uns ein zentrales <strong>Geheimnis</strong> des Glaubens.<br />
Dieses Dogma bedarf <strong>eine</strong>r angemessenen<br />
Grundlage, damit die Muslime<br />
esakzeptierenkönnen,weilesfürsieetwas<br />
völlig Neues darstellt. In <strong>der</strong> Islamischen<br />
Religion ist ein menschgewordener und<br />
gekreuzigter Gott nicht vorstellbar. Für<br />
sie kann ein erhabener, absoluter Gott<br />
nicht leiden, wie die Christen es von Je-<br />
Crocoli – Franziskus und <strong>der</strong> Interreligiöse Dialog<br />
sus Christus glauben. In ihrem Verständnis<br />
ist die göttliche Transzendenz unvereinbar<br />
mit <strong>der</strong> Gebrechlichkeit, die Jesus<br />
Christus aufweist. 25<br />
Luis Massignon meint, dass Franziskus<br />
an dieser Stelle s<strong>eine</strong>n „muselmanischen<br />
Freunden“ helfen könne, diese<br />
Wahrheit anzunehmen. Die Wunden<br />
Christi, die er an s<strong>eine</strong>m Körper trug,<br />
könnten <strong>eine</strong> sichtbare Demonstration<br />
dieser Realität für die Sarazenen sein. Die<br />
Christuserscheinung von La Verna wäre<br />
demnach auch <strong>eine</strong> Antwort an die Muslime<br />
und nicht nur <strong>eine</strong> Antwort auf die<br />
Sehnsucht des Franziskus, <strong>der</strong> Gott um<br />
die Gnade gebeten hatte, dieselbe Liebe<br />
und denselben Schmerz wie Jesus Chri-<br />
Die Fehler und Sünden, die an<strong>der</strong>e<br />
möglicherweise haben können, sind eher<br />
Motiv, die eigenen Sünden besser zu<br />
erkennen und zu überwinden.<br />
stus empfinden zu können. Selten beachten<br />
wir die Christuserscheinung, weil wir<br />
auch kaum ein Wun<strong>der</strong> von Franziskus<br />
zu sehen bekommen. In dieser Episode<br />
von la Verna offenbart sich Jesus Christus,<br />
<strong>der</strong> Sohn Gottes, die zweite Person <strong>der</strong><br />
Trinität und Offenbarung Gottes, als Gekreuzigter<br />
mitten unter den Leidenden,<br />
auch um zu sagen, dass Gott solidarisch<br />
mit dem menschlichen Leiden mitleidet<br />
und uns von diesem Leiden befreien will.<br />
Weil Franziskus verstand, dass die „ungläubigen<br />
Brü<strong>der</strong>“ Schwierigkeiten hätten,<br />
diese fundamentale Wahrheit des<br />
christlichen Glaubens zu begreifen, sollte<br />
dieses <strong>Geheimnis</strong> erst dann verkündet<br />
werden, wenn die Bedingungen dafür da<br />
sind. Diesen Zeitpunkt nicht zu respektieren,<br />
würde dazu führen, den Dialogprozess<br />
zu belasten und zu erschweren, statt<br />
ihn zu för<strong>der</strong>n.<br />
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