Das eine Geheimnis - Missionszentrale der Franziskaner
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lesen wir von <strong>eine</strong>r Fülle verschiedener Riten,<br />
Kulte und religiöser Handlungen, die<br />
sozusagen nebeneinan<strong>der</strong> existieren. Es<br />
gibt Berichte über Rituale zur Opferung<br />
<strong>der</strong> Erstlingsgaben, <strong>der</strong> ersten Früchte <strong>der</strong><br />
Erde. Solche Rituale sind eindeutig agrarischen<br />
Ursprungs. Viele an<strong>der</strong>e Berichte<br />
handeln von <strong>der</strong> Opferung von Tieren,<br />
die über Steinhaufen verbrannt werden.<br />
Solche Rituale stammen aus Hirtenkulturen.<br />
O<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Berichte erzählen<br />
von religiösen Handlungen auf Berggipfeln.<br />
Solche Rituale stammen aus Traditionen,<br />
die Gottheiten personalisierten<br />
und ihnen ganz bestimmte, oft schwer<br />
zugängliche Orte als Wohnungen zuwiesen.<br />
Die Bibel selbst bezeugt die Schwierigkeiten,<br />
mit denen man konfrontiert<br />
war, als man versuchte, den Kult um den<br />
Tempel von Jerusalem zu vereinheitlichen,<br />
ein Prozess, <strong>der</strong> mehr Spaltung als<br />
Einheit mit sich brachte. Noch zur Zeit Jesu<br />
fragte ihn die Samaritanerin, wo man<br />
den richtigen Gottesdienst feiere, ob auf<br />
diesem Berg o<strong>der</strong> in Jerusalem. Um noch<br />
ein weiteres Beispiel anzufügen: Auch die<br />
Geschichte des Christentums ist voll von<br />
Momenten des Dialogs, <strong>der</strong> sich mit den<br />
sogenannten heidnischen Kulten ereignete.<br />
Dank dieses Dialogs wird ein Datum<br />
für das Weihnachtsfest fixiert, indem man<br />
das Datum <strong>eine</strong>s römischen Kultes übernimmt.<br />
Dank dieses Dialogs findet <strong>der</strong><br />
Weihnachtsbaum, <strong>der</strong> aus germanischen<br />
Kulten kommt, Eingang ins Christentum.<br />
<strong>Das</strong> sind nur zwei Beispiele aus <strong>der</strong> Geschichte<br />
des Christentums.<br />
Wenn man über die lange Geschichte<br />
von Austausch und Dialog zwischen<br />
den verschiedenen religiösen Traditionen<br />
nachzudenken beginnt, wird klar,<br />
dass die Sorge seitens <strong>der</strong> religiösen Institution<br />
um die Bedeutung und den Ort<br />
des interreligiösen Dialogs erst ganz am<br />
Anfang steht. Der interreligiöse Dialog<br />
im Bewusstsein <strong>der</strong> religiösen Institution<br />
Berkenbrock – Interreligiöser Dialog in <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> Religiosität<br />
– und s<strong>eine</strong> Respektierung – steckt noch<br />
in den Anfängen; er könnte viel lernen<br />
von dem Jahrtausende alten Weg, den<br />
<strong>der</strong> Dialog in <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> Religiosität<br />
schon zurückgelegt hat.<br />
2. These: Auch wenn die religiöse<br />
Institution den interreligiösen<br />
Dialog als ihre Aufgabe betrachtet<br />
– und dafür Kommissionen, Foren<br />
und Strukturen schafft, so bedeutet<br />
das nicht automatisch <strong>eine</strong>n Fortschritt<br />
für den Dialog. Die offiziellen<br />
Instanzen für den interreligiösen<br />
Dialog werden eher zu „Außenministerien“<br />
als zu Orten des Dialogs.<br />
Sie werden eher zu Orten, an denen<br />
sich die repräsentierte Institution<br />
verteidigt, als zu Orten, an denen<br />
<strong>der</strong> Austausch erleichtert wird.<br />
<strong>Das</strong>s <strong>der</strong> interreligiöse Dialog von<br />
<strong>der</strong> Institution als Aufgabe angenommen<br />
wird, ist in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Religionen<br />
erst ein ganz junger Prozess und daher<br />
noch längst nicht in allen Institutionen<br />
etabliert. In <strong>der</strong> katholischen Kirche zum<br />
Beispiel geschah dies erst beim II. Vatikanischen<br />
Konzil durch das Dokument Nostra<br />
aetate.<br />
Für die religiöse Institution ist die Einsicht<br />
in die Notwendigkeit des interreligiösen<br />
Dialogs und die daraus folgende<br />
Schaffung von Instanzen und Organismen,<br />
die ihn voranbringen, zweifellos ein<br />
großer Fortschritt. Für den Prozess des<br />
Austauschs und des Dialogs jedoch muss<br />
dieses Faktum deshalb noch kein qualitativer<br />
Sprung nach vorn sein. Sobald<br />
<strong>eine</strong> bestimmte religiöse Institution den<br />
interreligiösen Dialog als ihre Aufgabe<br />
ansieht, schafft sie normalerweise dafür<br />
Strukturen. Verantwortliche für den Dialog<br />
werden ernannt, Kommissionen für<br />
den Dialog geschaffen, Versammlungen,<br />
Foren, Treffen etc. organisiert. Die Erfah-<br />
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