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Europäische Weihnacht – in Vielfalt geeint - Sutter GmbH & Co. KG

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Estland/Estonia<br />

<strong>Weihnacht</strong>s- und Neujahrsgruß:<br />

„Haeid joulupuehi ja head uut<br />

aastat!“<br />

Spätestens seit der EU-Erweiterung im Mai<br />

2004 sollten die Menschen <strong>in</strong> ganz Europa zur<br />

Kenntnis nehmen, dass es da drei sehr unterschiedliche<br />

Staaten an der Ostsee gibt, die es<br />

sich lohnt, <strong>in</strong> ihren jeweiligen Eigenheiten, also<br />

ganz „für sich“ zu betrachten. Und dennoch neigen<br />

wir, Hand aufs Herz, immer noch dazu,<br />

Esten, Letten und Litauer summarisch als „die<br />

Balten“ zusammenzufassen und die drei so verschiedenartigen<br />

Länder über e<strong>in</strong>en Kamm zu<br />

scheren. Dabei ist es doch gar nicht so schwer,<br />

die spezifischen Charakteristika e<strong>in</strong>es jeden<br />

Landes herauszuf<strong>in</strong>den <strong>–</strong> zum Beispiel, was die<br />

<strong>Weihnacht</strong>sbräuche angeht.<br />

In Estland <strong>–</strong> und vermutlich nur dort und sonst<br />

nirgendwo auf der Welt <strong>–</strong> werden die <strong>Weihnacht</strong>stage<br />

mit dem uralten „Besenre<strong>in</strong>igen“ e<strong>in</strong>geleitet.<br />

Die K<strong>in</strong>der im Haus haben die Pflicht,<br />

alle Reisigbesen, Handfeger, Schrubber, Bürsten<br />

und P<strong>in</strong>sel <strong>in</strong> der Küche zusammenzutragen,<br />

damit diese e<strong>in</strong>mal im Jahr gründlich von Staub<br />

und Schmutz befreit werden. Sie tun dies mit großer<br />

Sorgfalt, schauen auch <strong>in</strong> Stall und Schuppen<br />

nach, ob sie nur ja ke<strong>in</strong>en Besen vergessen haben,<br />

ganz so als h<strong>in</strong>ge das Wohl des Hauses und das<br />

Glück se<strong>in</strong>er Bewohner davon ab.<br />

Der Eifer der K<strong>in</strong>der hat aber e<strong>in</strong>en sehr eigennützigen<br />

Grund. Es wird ihnen nämlich erzählt,<br />

18<br />

dass die Hexen <strong>in</strong> der <strong>Weihnacht</strong>szeit ihr Unwesen<br />

treiben, auf den Besen durch die Gegend<br />

schwirren, den Menschen allerlei Streiche spielen<br />

und sogar gelegentlich das e<strong>in</strong>e oder andere<br />

Geschenk unterm <strong>Weihnacht</strong>sbaum wegstibitzen<br />

und damit <strong>in</strong> ferne Lande fliegen. Besen aber,<br />

das weiß <strong>in</strong> Estland jedes K<strong>in</strong>d, fliegen nur<br />

dann, wenn sie richtig schön schmutzig s<strong>in</strong>d, e<strong>in</strong><br />

geputzter Besen h<strong>in</strong>gegen eignet sich nicht als<br />

Fluggerät für Hexen.<br />

Das wichtigste Fest im Jahreslauf ist für die Esten<br />

übrigens nicht <strong>Weihnacht</strong>en, sondern Midsommer<br />

am Johannistag, dem 24. Juni. Viele estnische<br />

Sprichwörter und Bauernweisheiten stellen aber<br />

zwischen diesen beiden Festen e<strong>in</strong>en Zusammenhang<br />

her: Mida külmem jõulu, seda palavam<br />

jaan („Je kälter die <strong>Weihnacht</strong>, desto heißer der<br />

Johannistag.“) Überhaupt gibt es <strong>in</strong> Estland alte<br />

Redensarten wie Sand am Ostseestrand. Kevad<strong>in</strong>e<br />

päe on pikem ku jõulune nädäl („E<strong>in</strong> Tag im<br />

Frühl<strong>in</strong>g ist länger als e<strong>in</strong>e Woche zur <strong>Weihnacht</strong>szeit.“);<br />

Laadalt hobuse ostm<strong>in</strong>e ja metsast<br />

jõulukuuse otsim<strong>in</strong>e on raske amet („Schwierig ist<br />

der Pferdekauf auf dem Markt und im Wald<br />

e<strong>in</strong>en guten <strong>Weihnacht</strong>sbaum zu f<strong>in</strong>den.“); Joul<br />

aadust paras („Der Heilige Abend ist das Beste<br />

an <strong>Weihnacht</strong>en.“) Für die Esten ist also der 24.<br />

Dezember der weihnachtliche Höhepunkt. Hieran<br />

und an den vielen langen Vokalen der eigenwilligen<br />

Sprache merkt man, dass die Esten mit<br />

den F<strong>in</strong>nen sehr verwandt s<strong>in</strong>d (jF<strong>in</strong>nland),<br />

jedenfalls viel mehr als mit ihren lettischen und<br />

litauischen Nachbarn, mit denen sie sehr zu ihrem<br />

(und deren) Verdruss <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Topf geworfen<br />

werden.<br />

Womit wir schon beim <strong>Weihnacht</strong>smahl wären<br />

<strong>–</strong> <strong>in</strong> Estland e<strong>in</strong>e blutige Angelegenheit, denn<br />

Blutpalatsch<strong>in</strong>ken oder Sauerkraut mit Preiselbeermarmelade<br />

und Blutwurst s<strong>in</strong>d die beliebtesten<br />

Festspeisen.<br />

Unter dem Christbaum liegt vielfach neben dem<br />

neuen Handy <strong>–</strong> Estland hat nach F<strong>in</strong>nland die<br />

höchste „Handy-Dichte“ <strong>in</strong> Europa <strong>–</strong> e<strong>in</strong> handgestrickter<br />

Pullover, denn Stricken hat <strong>in</strong> Estland<br />

e<strong>in</strong>e lange Tradition und gehört zu den

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