Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 01/2013
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Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 01/2013
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Themen <strong>der</strong> Zeit<br />
900<br />
Angemeldete<br />
800<br />
700<br />
LL-Projekte<br />
Mai 2<strong>01</strong>2: 349<br />
S3:84<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
S2:134<br />
S1:131<br />
200<br />
17<br />
28<br />
35<br />
50<br />
77<br />
100<br />
107<br />
100<br />
0<br />
121<br />
2002<br />
165<br />
2004<br />
171<br />
2006<br />
109<br />
2008<br />
119<br />
2<strong>01</strong>0<br />
124<br />
2<strong>01</strong>1<br />
118<br />
Mai 2<strong>01</strong>2<br />
S1: Handlungsempfehlungen von Expertengruppen<br />
S2: Leitlinien basierend auf Evidenz (S2e) o<strong>der</strong> Konsens eines repräsentativen Gremiums (S2k)<br />
S3: Leitlinien basierend auf Evidenz und Konsens eines repräsentativen Gremiums<br />
Abb.9 Leitlinien im AWMF-Register 2002±2<strong>01</strong>2.<br />
zung <strong>der</strong> Therapieentscheidung von Arzt und Patient und keine<br />
Richtlinien.<br />
Erläuterung <strong>der</strong> S1-, S2-, S3-Leitlinien (4) und Leitlinienregister<br />
<strong>der</strong> AWMF (Stand Mai 2<strong>01</strong>2, Abb. 9). Die Entwicklung evidenzbasierter<br />
Leitlinien erfolgt mit interdisziplinärer Beteiligung <strong>der</strong> operativen<br />
Fächer und in jüngster Zeit auch mit Patientenbeteiligung.<br />
Wie steht es nun mit <strong>der</strong> Akzeptanz <strong>der</strong> EbM und evidenzbasierter<br />
Leitlinien in <strong>der</strong> chirurgischen Realität?<br />
Die Evaluation <strong>der</strong> Weiterbildung in Deutschland (10) durch die<br />
Bundesärztekammer (B¾K) ergab aus Sicht <strong>der</strong> Weiterbildungsassistenten<br />
2009 und 2<strong>01</strong>1 ein Defizit in <strong>der</strong> Vermittlung einer wissenschaftlich<br />
begründeten Medizin. (¹Bundesspinneª <strong>der</strong> B¾K,<br />
Abb.10). Ein Generationenproblem? Beruhigend vielleicht, dass<br />
die Internisten nicht besser abschneiden als die Chirurgen.<br />
In einer gemeinsamen Evaluation <strong>der</strong> Exzellenzinitiative <strong>der</strong><br />
DGAV und des Royal College of Surgeons of England wurde<br />
nach <strong>der</strong> Bedeutung <strong>der</strong> EbM im klinisch-chirurgischen Alltag gefragt.<br />
Der deutsche Partner Andreas Schnitzbauer hat mir freundlicherweise<br />
die aktuelle Zwischenanalyse von 73 deutschen und<br />
1<strong>01</strong> englischen Chirurgen zur Verfügung gestellt. Die vorläufigen<br />
Ergebnisse zeigen, dass die englischen Kollegen in <strong>der</strong> Kenntnis<br />
und Nutzenbewertung von EBM durchgehend etwas höher liegen,<br />
aber im Schnitt auch nur bei ca. 60±70 % bzw. 5±6 auf einer<br />
Scala von 1±10.<br />
Häufig werden ethische Bedenken gegen vergleichende klinische<br />
Studien in <strong>der</strong> <strong>Chirurgie</strong> angeführt. Die Nichtberücksichtigung<br />
(omission error) <strong>der</strong> bestverfügbaren Evidenz o<strong>der</strong> systematisch<br />
entwickelter Behandlungsleitlinien bei <strong>der</strong> klinischen Entscheidungsfindung,<br />
sei es aus Unkenntnis, Nichtbefolgung o<strong>der</strong><br />
Nichtakzeptanz muss aber selbst heute als Verletzung <strong>der</strong> ärztlichen<br />
Ethik angesehen werden (3).<br />
Anwendung<br />
evidenzbasierter<br />
Medizin<br />
Betriebskultur<br />
Entscheidungskultur<br />
Globalbeurteilung<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
0 = fehlende Werte<br />
Kultur zur<br />
Fehlervermeidung<br />
FA Allgemeine <strong>Chirurgie</strong>, Deutschland (n = 652)<br />
FA Innere Medizin, Deutschland (n = 1652)<br />
Abb.10 Evaluation <strong>der</strong> Weiterbildung 2<strong>01</strong>1 (B¾K) (10).<br />
Gegründet 1872<br />
Sitz Berlin<br />
Vermittlung<br />
von<br />
Fachkompetenz<br />
Lernkultur<br />
Führungskultur<br />
International wird inzwischen auch eine evidenzbasierte Gesundheitsversorgung<br />
(EbGV) diskutiert. Bei ihr steht nicht<br />
mehr <strong>der</strong> einzelne Patient im Vor<strong>der</strong>grund, son<strong>der</strong>n alle o<strong>der</strong> bestimmte<br />
Patientengruppen, Leistungserbringer und Kostenträger.<br />
Bemerkenswert erscheint in dieser Hinsicht, dass <strong>der</strong> Begriff ¹evidenzbasiertª<br />
in Deutschland als einzigem Land in einem Gesetzestext<br />
(Sozialgesetzbuch V) erscheint und das gleich 9-mal.<br />
Hier ergeben sich neue, nicht zuletzt finanzielle Hürden, um Studien<br />
und wissenschaftlich begründete Behandlungsergebnisse<br />
unter Berücksichtigung zusätzlicher äuûerer Faktoren, z.B. Begleiterkrankungen,<br />
wirtschaftliche Rahmenbedingungen u. a. zu<br />
erhalten. Dies belegt die Notwendigkeit <strong>der</strong> Versorgungsforschung.<br />
Personalisierte o<strong>der</strong> individualisierte Medizin<br />
Evidenzbasierte Medizin gründet auf <strong>der</strong> Zusammenführung von<br />
externer wissenschaftlicher Evidenz, <strong>der</strong> Expertise des Arztes<br />
und den Vorstellungen des Kranken. Die Entscheidung in <strong>der</strong> individuellen<br />
Krankheitssituation erfolgt bewusst zwischen Arzt und<br />
Patient.<br />
Verwirrung stiften da die neuen Schlagworte einer ¹personalisiertenª<br />
o<strong>der</strong> ¹individualisiertenª Medizin. Sie wird definiert als biomarker-<br />
und genombasierte, maûgeschnei<strong>der</strong>te Therapie<br />
(Abb. 11).<br />
Deutsche <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Chirurgie</strong> ± <strong>Mitteilungen</strong> 1/13 25