Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 01/2013
Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 01/2013
Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 01/2013
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Buchbesprechung<br />
Was allein den ¾rzten durch unterschiedliche politische Verhältnisse<br />
zugemutet wurde, zeigt die Tatsache, dass einerseits <strong>der</strong><br />
sächsische nationalsozialistische ¾rzteverband 1934/35 mit<br />
1314 Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> stärkste in Deutschland war, an<strong>der</strong>seits in<br />
<strong>der</strong> DDR den angehenden ¾rzten bis zum Facharzt 11 Jahre<br />
lang ein marxistisch-leninistisches Grundlagenstudium zusätzlich<br />
abverlangt wurde.<br />
Die nächsten Kapitel sind eine Reisebeschreibung durch die einzelnen<br />
sächsischen Regionen. Dies legt in einer chirurgiebetonten<br />
Rezension beson<strong>der</strong>s die Hervorhebung <strong>der</strong> wichtigsten chirurgischen<br />
Persönlichkeiten nahe. An<strong>der</strong>e prominente ¾rzte werden<br />
aber nicht ausgespart.<br />
Im vogtländischen Falkenstein treffen wir auf den Geburtsort des<br />
Internisten und Arterioskleroseforschers Gotthard Schettler, ehemals<br />
Ordinarius in Westberlin und Heidelberg.<br />
In Zwickau hatte Heinrich Braun seine Wirkungsstätte. Die ältere<br />
Chirurgengeneration kennt ihn als Autor <strong>der</strong> ¹Lokalanästhesieª<br />
und als Mitherausgeber des ¹Bier-Braun-Kümmelª. 1924 war er<br />
Präsident <strong>der</strong> DGCH und wurde 1929 ihr Ehrenmitglied.<br />
In Zwickau geboren ist auch Herbert Junghanns, 1961 Präsident<br />
<strong>der</strong> DGCH und von 1971±1981 ihr Generalsekretär. Sein Sohn<br />
Klaus Junghanns war <strong>der</strong> langjährige Schatzmeister <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong>.<br />
Auch Gerhard Küntscher hat seine Wurzeln in dieser<br />
Stadt.<br />
In <strong>der</strong> mittelsächsischen Bergarbeiterstadt Freiberg machte <strong>der</strong><br />
Nobelpreisträger <strong>für</strong> Physiologie und Medizin von 1999, Günter<br />
Blobel, sein Abitur. Die Technische Universität Bergakademie<br />
ehrte ihn 20<strong>01</strong> als Ehrendoktor.<br />
Das mehr nördlich gelegene Waldheim war die Heimat von Arthur<br />
Läwen, 1943 Präsident <strong>der</strong> DGCH.<br />
Wer noch das ¹Taschenbuch <strong>der</strong> Anatomieª kennenlernte, erinnert<br />
sich an den Anatomen Voss aus Borna und seinen Schüler<br />
Herrlinger.<br />
Damit kommt die Völkerschlacht von 1813 in <strong>der</strong> Umgebung von<br />
Leipzig ins Blickfeld, die 100 000 Tote for<strong>der</strong>te. Jean Dominique<br />
Larrey, <strong>der</strong> Leibchirurg Napoleons, versuchte, sich mit fliegenden<br />
Ambulanzen, Triagen und massenhaften Amputationen gegen<br />
die unmenschliche Tragödie anzustemmen.<br />
Die bis 1945 bedeutende Buchstadt Leipzig hat seit 1906 das älteste<br />
Institut <strong>für</strong> Geschichte <strong>der</strong> Medizin. Eine bedeutende anatomische<br />
Sammlung ist dem Anatomen Wilhelm His gewidmet. Herausragende<br />
Leipziger chirurgische Lehrstuhlinhaber wie Carl<br />
84 Deutsche <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Chirurgie</strong> ± <strong>Mitteilungen</strong> 1/13<br />
Gegründet 1872<br />
Sitz Berlin<br />
Thiersch, Erwin Payr sowie Friedrich Trendelenburg waren Präsidenten<br />
<strong>der</strong> DGCH.<br />
Dresden als eine <strong>der</strong> sächsischen Medizinmetropolen war nicht<br />
allein die Stadt von Carl Gustav Carus, son<strong>der</strong>n im Friedrichstadtkrankenhaus<br />
auch des Cystoskopinaugurators Maximilian Nitze,<br />
des Nobelpreisträgers Werner Forssmann, des Pathologen Albert<br />
Zenker, des Wirbelsäulenforschers Georg Schmorl sowie von Albert<br />
Bernhard Fromme. Dieser war 1943 zum Präsidenten <strong>der</strong><br />
DGCH gewählt worden, ohne das Amt wegen <strong>der</strong> Kriegsereignisse<br />
ausüben zu können. 1954 war er <strong>der</strong> Gründungsrektor <strong>der</strong> Medizinischen<br />
Akademie ¹Carl Gustav Carusª. Hier gelang 1977 Helmut<br />
Wolff die erste Lebertransplantation im Ostblock.<br />
Abschlieûend sollte eines Chirurgen und Schriftstellers gedacht<br />
werden, <strong>der</strong> in Bautzen das Gymnasium besuchte. Die Nachkriegsgeneration<br />
verdankt Peter Bamm, sein genuiner Name war<br />
Curt Emmerich, das Erinnerungsbuch aus dem Zweiten Weltkrieg<br />
¹Die unsichtbare Flaggeª. Damit wollte er <strong>der</strong> ärztlichen Humanität<br />
auf allen Seiten ein Denkmal setzen, einer Humanität, die auch<br />
auf allen Seiten ausgeübt wurde. Die ¹Flaggeª wehte überall da,<br />
woLeid gelin<strong>der</strong>t wurde.<br />
Das in <strong>der</strong> Form eines Reiseberichts konzipierte Buch ist eine<br />
Hommage des Wahlsachsen Volker Klimpel an das ¹Heilkundige<br />
Sachsenª. Nahezu 900 Personennamen und 322 Ortsangaben<br />
lassen die minutiösen Detailkenntnisse ahnen. Ein medizinhistorisch<br />
Interessierter kann davon nur profitieren. Der ungünstige<br />
Zeilenabstand än<strong>der</strong>t daran nichts.<br />
Dem Autor ist auch da<strong>für</strong> zu danken, die durch Krieg und Teilung<br />
verursachten wechselvollen Verwendungen von Krankenhäusern,<br />
Heilstätten und Kurheimen mit ihren ¾rzten <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
entrissen zu haben.<br />
W. Hartel, Westerstetten