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Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 01/2013

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Editorial<br />

desärztekammer, <strong>der</strong> Marburger Bund und <strong>der</strong> Verband <strong>der</strong> leitenden<br />

Krankenhausärzte eindeutig Stellung gegen einen solchen<br />

Vertrag mit ökonomischer Dominanz bezogen.Wirtschaftliche<br />

Unternehmensziele verstoûen dann gegen das ärztliche Berufsethos,<br />

wenn sie über die Therapiefreiheit des Arztes und somit<br />

über das Patientenwohl gestellt werden.Gerade die Zielgröûen<br />

<strong>für</strong> Leistungen nach Art und Menge können bei rein quantitativen<br />

Vorgaben ein falsches Anreizsystem darstellen, indem eine<br />

Ausweitung <strong>der</strong> Operationsindikationen resultiert.Es war somit<br />

nicht überraschend, dass eine Studie des Rheinisch-Westfälischen<br />

Instituts <strong>für</strong> Wirtschaftsforschung im Auftrage des Spitzenverbands<br />

<strong>der</strong> gesetzlichen Krankenversicherungen im Mai 2<strong>01</strong>2<br />

einen Anstieg <strong>der</strong> Behandlungsfälle zwischen 2006 und 2<strong>01</strong>0 um<br />

13% feststellte; dies vor allem in <strong>der</strong> Endoprothetik (Hüft-/Kniegelenksersatz)<br />

o<strong>der</strong> bei Eingriffen an <strong>der</strong> Wirbelsäule.Auch in <strong>der</strong><br />

Kardiologie war ein Anstieg <strong>der</strong> Maûnahmen um 17% zu verzeichnen.Der<br />

ganz aktuell veröffentlichte Krankenhausreport<br />

2<strong>01</strong>3 des Wissenschaftlichen Instituts <strong>der</strong> AOK bestätigt diese<br />

Tendenz: Zwischen 2005 und 2<strong>01</strong>0 stieg die Zahl <strong>der</strong> stationären<br />

Behandlungen um 11,8% je Einwohner, d.h. insgesamt um etwa<br />

1,5 Mio.Behandlungen.Die Zahl <strong>der</strong> Wirbelsäulenoperationen<br />

hat sich dabei mehr als verdoppelt und auch die Anzahl von implantierten<br />

Schrittmachern hat zwischen 2008 und 2<strong>01</strong>0 um 25%<br />

zugenommen.Nach dieser Studie soll sich nur ein Drittel des Anstiegs<br />

<strong>der</strong> Eingriffszahlen auf den demografischen Wandel zurückführen<br />

lassen.Demgegenüber kommt die Deutsche Krankenhausgesellschaft<br />

aufgrund einer ebenfalls aktuell vorgestellten<br />

Studie des <strong>Deutschen</strong> Krankenhausinstituts zu <strong>der</strong> Feststellung,<br />

dass <strong>der</strong> Anstieg <strong>der</strong> Krankenhausleistungen eindeutig<br />

durch die demografische und Morbiditätsentwicklung zusammen<br />

mit dem medizinisch-technischen Fortschritt zu erklären ist.<br />

Nach Aussage des Präsidenten <strong>der</strong> DKG, A.Dänzer, haben Behauptungen:<br />

¹Krankenhäuser würden aus ökonomischen Gründen<br />

und unnötig Patienten operierenª keine Grundlage.Unabhängig<br />

von dieser diametralen Diskussion wird von verschiedenen<br />

Fachgesellschaften kontinuierlich die For<strong>der</strong>ung ausgesprochen,<br />

dass die Operationsindikation in allen Fällen patienten- und<br />

krankheitsbezogen gestellt werden muss.Trotzdem lässt sich<br />

nicht mit letzter Sicherheit ausschlieûen, dass quantitative Anreizsysteme<br />

im Sinne von erfolgsabhängigen Bonuszahlungen,<br />

die zweifelsfrei dem ärztlichen Berufsethos wi<strong>der</strong>sprechen, zu<br />

einer Erweiterung <strong>der</strong> Operationsindikationen führen können.<br />

Der Terminus ¹Bonusª ist eine inkorrekte Definition, quasi ein Etikettenschwindel,<br />

<strong>der</strong> lediglich das deutlich reduzierte Festgehalt<br />

kompensieren soll.Um diesem Dilemma begegnen zu können,<br />

erscheint es dringend notwendig, in gemeinsamen Bemühungen<br />

aller beteiligten chirurgischen Fachgesellschaften, <strong>der</strong> verschiedenen<br />

Fachgebiete, Institutionen und Selbstverwaltungsorganen<br />

den von <strong>der</strong> Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin vorgeschlagenen<br />

Paradigmenwechsel von quantitativen zu medizinischqualitativen<br />

Zielkriterien anzustreben.Neben dem ¹pay-for-per-<br />

4 Deutsche <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Chirurgie</strong> ± <strong>Mitteilungen</strong> 1/13<br />

Gegründet 1872<br />

Sitz Berlin<br />

formanceª-Prinzip im Sinne einer qualitätsorientierten Vergütung<br />

könnten dazu neben sog.harten Parametern, wie Senkung <strong>der</strong><br />

postoperativen Komplikationsraten o<strong>der</strong> Infektionen, auch ¹weicheª<br />

Parameter, so strukturierte und effiziente Weiterbildung, Mitarbeiter-,<br />

Patienten- und Zuweiserzufriedenheit etc.definiert werden.Vielleicht<br />

können dann die kontroversen Diskussionen wie<br />

auch die These: Wer ökonomisch überleben will, braucht Fälle<br />

(J.Maus 2009), beendet werden.<br />

Gerade unter dem Aspekt von Mengenanreizen und möglichem<br />

Risiko <strong>für</strong> die Patientenversorgung gewinnt das Patientenrechtegesetz<br />

an zusätzlicher Bedeutung, das am 29.11.2<strong>01</strong>2 mit den<br />

Stimmen <strong>der</strong> Regierungskoalition verabschiedet worden ist und<br />

am 1.Januar 2<strong>01</strong>3 in Kraft treten soll.Ziel dieses Vorhabens war<br />

es, bereits geltende Rechte in einem einheitlichen Gesetz (§ 630a<br />

ff.BGB) zu bündeln, wobei die Sicherheitskultur <strong>der</strong> Patientenversorgung<br />

geför<strong>der</strong>t wird und somit zu einer möglichen Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Behandlungsqualität führt.Der Patientenbeauftragte<br />

<strong>der</strong> Bundesregierung (W.Zöller) fasste dabei nachfolgend zusammen:<br />

¹Wir legen einen Grundstein <strong>für</strong> eine neue Kultur <strong>der</strong><br />

Partnerschaft, <strong>der</strong> Transparenz und <strong>der</strong> Rechtssicherheitª.Die<br />

wichtigsten Neuregelungen werden nachfolgend zusammengefasst<br />

dargestellt.<br />

Erstmals wird die Behandlung als Vertragsbeziehung zwischen<br />

Patient und Arzt o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Heilberufen definiert.Die Informations-<br />

und Aufklärungspflichten des Arztes werden dezidiert vorgegeben.So<br />

muss <strong>der</strong> Patient verständlich und umfassend über<br />

notwendige Untersuchungen, Diagnosen und Therapien, vor allem<br />

auch bzgl.möglicher Risiken, informiert werden.Dazu gehört<br />

auch die wirtschaftliche Aufklärungspflicht, beson<strong>der</strong>s, wenn die<br />

Kosten nicht von den Krankenkassen o<strong>der</strong> -versicherungen übernommen<br />

werden.Bei <strong>der</strong> therapeutischen Aufklärung ist <strong>der</strong> Arzt<br />

u.a.auf Nachfrage verpflichtet, über mögliche Behandlungsfehler<br />

zu informieren.Die Aufklärung vor jedem Eingriff muss rechtzeitig<br />

in einem mündlichen Gespräch erfolgen, wobei auch auf etwaige<br />

Alternativmaûnahmen hinzuweisen ist.Entscheidend dabei ist<br />

nun im aktuellen Gesetzestext, dass <strong>für</strong> die ärztliche Aufklärung<br />

kein Facharztstandard verlangt wird.Es reicht aus, wenn <strong>der</strong> aufklärende<br />

Arzt die theoretische Befähigung zur Durchführung <strong>der</strong><br />

vorgesehenen Maûnahme erworben hat.Die Aufklärungsbögen<br />

sind nach Unterschrift komplett als Kopie dem Patienten als Nebenpflicht<br />

aus dem Behandlungsvertrag ohne Kostenerstattung<br />

zur Verfügung zu stellen.Auch die Dokumentationspflichten sind<br />

präziser definiert worden.Die Behandlung muss sorgfältig und<br />

vollständig in einer paperbasierten o<strong>der</strong> elektronischen Patientenakte<br />

dokumentiert werden; dabei gilt: Eine nicht dokumentierte<br />

Maûnahme wurde auch tatsächlich nicht durchgeführt.In Umsetzung<br />

<strong>der</strong> informellen Selbstbestimmung hat <strong>der</strong> Patient wie bisher<br />

das Recht <strong>der</strong> Einsichtnahme in die Krankenakte.Krankenhäuser<br />

werden verpflichtet, ein patientenorientiertes Qualitätsmanage-

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