Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 01/2013
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Historie<br />
ûungsbeschluss von 1920 ± in Übereinstimmung mit den Beschlüssen<br />
des SIC-Kongresses von 1929 ± ¹einstimmig ohne<br />
jede Einschränkungª aufgehoben ist (30).<br />
Nach etlichen, ständig verzögernden, französischen Einwendungen<br />
hinsichtlich <strong>der</strong> endgültigen Formulierung (z. B. Robert<br />
Proust/Paris) konnten de Quervain und das Brüsseler Bureau<br />
<strong>der</strong> SIC <strong>der</strong> wi<strong>der</strong>strebenden französischen Seite die offizielle Annahme<br />
dieser ausgewogenen Formulierung abringen.<br />
Entnervt notierte de Quervain an den SIC-Generalsekretär Leopold<br />
Mayer: ¹Es ist mir wirklich ,fâcheux und ,regrettable und<br />
was Sie sonst noch wollen, dass man sich unter Intellektuellen,<br />
welche Richtung gebend sein sollten, um <strong>der</strong>artige Dinge herumzanken<br />
mussª (30).<br />
Victor Schmieden/Frankfurt/Main, <strong>der</strong> Präsident <strong>der</strong> DGC <strong>für</strong><br />
1931, wurde nun durch de Quervain und Shoemaker, auf sehr<br />
höfliche Art mit <strong>der</strong> definitiven Formulierung des Brüsseler Komitees<br />
bekanntgemacht und <strong>der</strong> deutsche Ausschuss nahm diese<br />
Fassung nun gleichfalls offiziell an: Payr schrieb, ¹dass diese<br />
wohl die Grundlage <strong>der</strong> Einigung zwischen <strong>der</strong> Internationalen<br />
Chirurgenvereinigung und uns deutschen und österreichischen<br />
Chirurgen sein und bleiben wirdª (30).<br />
De Quervain reiste nun zum gesamtdeutschen Kongress nach<br />
Berlin, an dem Viktor Schmieden in <strong>der</strong> präsidialen Eröffnungsansprache<br />
mitteilen konnte, dass nunmehr <strong>der</strong> Anschluss an die Internationale<br />
<strong>Gesellschaft</strong> in aller Form wie<strong>der</strong> hergestellt sei, da<br />
eine offizielle und befriedigende Erklärung von dieser Seite eingegangen<br />
sei (17,30).<br />
De Quervains jahrelangen Anstrengungen, verbunden mit reichlicher<br />
Reisetätigkeit und exquisitem, diplomatischem Geschick,<br />
waren damit von Erfolg gekrönt: Im März 1932 konnte er als Präsident<br />
des 9. internationalen Kongress <strong>der</strong> ¹SociØtØ Internationale<br />
de <strong>Chirurgie</strong>ª die Vertreter <strong>der</strong> ausgeschlossenen Län<strong>der</strong> aus<br />
Deutschland, Österreich und Ungarn in Madrid offiziell wie<strong>der</strong> aufnehmen<br />
(1,2, 27,30).<br />
In seiner sonst Französisch gehaltenen Begrüûungsansprache<br />
richtete er denn auch einige Sätze in Deutsch an sie.<br />
Damit gewann die DGC wie<strong>der</strong> Anschluss an die internationale<br />
<strong>Chirurgie</strong>, paradoxerweise vor dem Hintergrund <strong>der</strong> beginnenden<br />
totalitären nationalsozialistischen Entwicklung in Deutschland<br />
(3,4, 13).<br />
Anschütz und Sauerbruch bedankten sich bei de Quervain: ¹Es ist<br />
uns ein Bedürfnis, Ihnen noch einmal zu danken <strong>für</strong> die Freundlichkeit,<br />
die Sie uns persönlich und den <strong>Deutschen</strong> während des<br />
56 Deutsche <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Chirurgie</strong> ± <strong>Mitteilungen</strong> 1/13<br />
Abb.16 9. Internationaler SIC-Kongress in Madrid 1932. Diner des ComitØ<br />
de la SociØtØ Internationale de <strong>Chirurgie</strong>. Vor<strong>der</strong>e Tischseite: F. Sauerbruch<br />
(5. von hinten), hintere Tischseite von vorn nach hinten: L. Mayer<br />
(SIC-Generalsekretär) (1), F. de Quervain (SIC-Tagungspräsident) (6), H.<br />
Hartmann (SIC-Präsident) (11).<br />
Internationalen Kongresses in so reichem Maûe erwiesen habenª<br />
(30).<br />
¹Nun ist alles wie<strong>der</strong> zerbrochenª<br />
(Willy Anschütz)<br />
Gegründet 1872<br />
Sitz Berlin<br />
In <strong>der</strong> Folge gelangten die internationalen Beziehungen <strong>für</strong> kurze<br />
Zeit wie<strong>der</strong> in normale Bahnen. De Quervain reiste regelmäûig<br />
nach Paris und Berlin, 1935 auch zum 10. internationalen Kongress<br />
<strong>der</strong> SIC nach Kairo (31. Dez. 1935 bis 4. Jan. 1936), <strong>der</strong> wegen<br />
einer Erkrankung von Anton von Eiselsberg/Wien von Jan<br />
Shoemaker präsidiert wurde (30).<br />
Mit <strong>der</strong> Machtergreifung des NS-Regimes und dem Ende des Verfassungsstaates<br />
1933, dem revisionistischen Austritt Deutschlands<br />
aus dem Völkerbund am 14. Oktober 1933, <strong>der</strong> aggressiven<br />
Aufrüstungs- und Expansionspolitik des Regimes, mit <strong>der</strong> Remilitarisierung<br />
des Rheinlandes 1936, <strong>der</strong> Annexion Österreichs<br />
1938 und <strong>der</strong> Tschechei 1938/1939 (23) und <strong>der</strong> parallel einsetzenden<br />
Gleichschaltung und zunehmenden wissenschaftlichen<br />
Abschottung des polykratischen NS-Staates schlossen sich die<br />
internationalen Tore wie<strong>der</strong> (4,5, 7).<br />
Der vorbereitete 11. internationale Kongress in Wien 1938 musste<br />
kurzfristig wegen <strong>der</strong> kurz zuvor erfolgten Annexion Österreichs<br />
abgesagt werden. Er fand erst im September 1939 in Brüssel<br />
unter dem Vorsitz von Rudolph Matas/New Orleans statt: Die<br />
<strong>Gesellschaft</strong> kehrte an ihren Gründungsort zurück.