Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 01/2013
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Historie<br />
Wissenschaftliche und berufliche Stellung<br />
Fritz de Quervains<br />
Fritz de Quervain (1868±1940) wuchs in Muri bei Bern auf und<br />
studierte von 1887±1892 Medizin in Bern. 1902 habilitierte er<br />
sich in Bern <strong>für</strong> <strong>Chirurgie</strong> und wurde 1910 als Ordinarius <strong>für</strong> <strong>Chirurgie</strong><br />
an die Universität Basel berufen (30,32).<br />
Zahlreiche grundlegende medizinische Forschungsergebnisse<br />
gehen auf ihn zurück. So die Sehnenscheidenentzündung <strong>der</strong><br />
Daumenmuskeln (Tendovaginitis stenosans de Quervain,1895),<br />
das typische Verletzungsbild <strong>der</strong> Scaphoidfraktur mit Luxation<br />
des karpalen Semilunare (de Quervain'sche Luxationsfraktur,<br />
1902) und die riesenzellige, subakute Entzündung <strong>der</strong> Schilddrüse<br />
(Quervain-Thyreoiditis,1904) (9,30±32).<br />
Wenig bekannt ist eine an<strong>der</strong>e Pionierrolle de Quervains, nämlich<br />
diejenige als Wegbereiter <strong>der</strong> kontrollierten Studie in <strong>der</strong> klinischen<br />
<strong>Chirurgie</strong> (10,30).<br />
Abb.2 Fritz de Quervain<br />
(1868±1940) Direktor <strong>der</strong> Chirurgischen<br />
Universitätsklinik<br />
Bern (1918±1938).<br />
Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs war de Quervain seit 4 Jahren<br />
Ordinarius in Basel. Dank seiner originellen wissenschaftlichen<br />
Arbeit, insbeson<strong>der</strong>e auch seines Lehrbuchs <strong>der</strong> ¹Speziellen<br />
chirurgischen Diagnostikª und durch sein Auftreten bei den bedeutenden<br />
Kongressen in Frankreich, Belgien, Deutschland und<br />
in <strong>der</strong> Schweiz genoss er bereits ein hohes Ansehen (29,30).<br />
1918 trat er die Nachfolge von Theodor Kocher (1840±1917) in<br />
Bern an.<br />
Dieses Ordinariat füllte er bis zu seinem 70. Lebensjahr 1938 aus.<br />
1919/1920 amtete er als Präsident <strong>der</strong> Schweizerischen Gesell-<br />
50 Deutsche <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Chirurgie</strong> ± <strong>Mitteilungen</strong> 1/13<br />
schaft <strong>für</strong> <strong>Chirurgie</strong> und 1923/1924 als Dekan <strong>der</strong> Medizinischen<br />
Fakultät sowie 1935/1936 als Rektor <strong>der</strong> Berner Universität.<br />
Politische Spaltung <strong>der</strong> internationalen<br />
<strong>Chirurgie</strong> nach 1918<br />
Gegründet 1872<br />
Sitz Berlin<br />
Abb.3 Fritz de Quervain (Mitte) mit einer amerikanischen Chirurgengruppe<br />
in <strong>der</strong> Chirurgischen Universitätsklinik ± Bern ca. 1923 (2. von<br />
rechts: sein langjähriger Oberarzt Fausto Pedotti, später Chefarzt Ospedale<br />
Civico-Lugano).<br />
Mit Beginn des 1. Weltkriegs wurden die internationalen wissenschaftlichen<br />
Kommunikationsstränge abrupt unterbrochen und<br />
Europa in 2 politische Lager gespalten (14).<br />
Nach <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lage <strong>der</strong> Mittelmächte 1918 beschlossen das<br />
englische Royal College of Surgeons am 31. Juli 1918 in London<br />
und konkordant die französische Association de <strong>Chirurgie</strong> am 10.<br />
Oktober 1918 in Paris den Ausschluss aller Mitglie<strong>der</strong> feindlicher<br />
Staaten (1,30).<br />
Zugleich empfahlen sie <strong>der</strong> folgenden interalliierten Konferenz<br />
<strong>der</strong> wissenschaftlichen Akademien, den Ausschluss aller nationalen<br />
Akademien <strong>der</strong> ehemaligen Mittelmächte (1, 30). Die interalliierte<br />
Konferenz tagte vom 9.±11. Oktober 1918 in London. Sie be<strong>für</strong>wortete<br />
diese ¾n<strong>der</strong>ung und ersuchte ihrerseits die ¹SociØtØ Internationale<br />
de <strong>Chirurgie</strong>ª (SIC) um einen konformen Ausschluss<br />
<strong>der</strong> nationalen <strong>Gesellschaft</strong>en <strong>der</strong> ehemaligen Mittelmächte.<br />
Die SIC war 1902 von Belgiern gegründet worden und das ständige<br />
Bureau des SIC in Brüssel wurde ausschlieûlich von Belgiern<br />
geführt.