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Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 01/2013

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Chirurg/-in und <strong>Chirurgie</strong><br />

Die Exzellenzinitiative. Eine Bestandsaufnahme im Konvent<br />

akademischer Chirurgen (Frankfurt 2<strong>01</strong>2)<br />

C.-F. Vahl<br />

¹It started out quite simply so as complex things can do.ª<br />

(Don McLean in ¹The Pride Paradeª)<br />

Im Juni 2<strong>01</strong>2 sind die För<strong>der</strong>entscheidungen <strong>für</strong> die 2. Programmphase<br />

<strong>der</strong> Exzellenzinitiative (2<strong>01</strong>2±2<strong>01</strong>7) gefallen. Zur Verteilung<br />

wurden da<strong>für</strong> in einer Bund-Län<strong>der</strong>-Vereinbarung 2,7 Milliarden<br />

Euro bewilligt. Durch diese nachhaltige Investition werden<br />

gezielt strukturumbildende Maûnahmen getroffen, die eine selektierte<br />

Gruppe von Universitäten international wettbewerbsfähig<br />

machen sollen. Diese Verän<strong>der</strong>ungen werden bereits kurzfristig<br />

wesentlich die Interessen von Forschung, Lehre und Krankenversorgung<br />

<strong>der</strong> akademischen <strong>Chirurgie</strong> in Deutschland berühren.<br />

Die ¹Exzellenzinitiative des Bundes und <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> zur För<strong>der</strong>ung<br />

von Wissenschaft und Forschung an deutschen Hochschulenª ist<br />

eine Bund-Län<strong>der</strong>-Vereinbarung gemäû Artikel 91b des Grundgesetzes.<br />

Von ihr begleitet ist eine neue akademische ¹Rhetorikª,<br />

die die Begriffe aus den Nachklängen <strong>der</strong> 1968er Hochschul-Reform<br />

ersetzt. An die Stelle <strong>der</strong> historischen Konzepte von Fö<strong>der</strong>alismus,<br />

Chancengleichheit und Vielfalt sind nun Begriffe getreten<br />

wie Leuchtturm, (internationaler) (Standort-)Wettbewerb, Profilbildung,<br />

Zentren, Elite und Exzellenz.<br />

Konzeption <strong>der</strong> Exzellenzinitiative<br />

Die Exzellenzinitiative geht auf Bundeskanzler Gerhard Schrö<strong>der</strong><br />

zurück, <strong>der</strong> seinen Generalsekretär Olaf Scholz im Januar 2004<br />

am Rande einer Klausurtagung <strong>der</strong> SPD in Weimar ankündigen<br />

lieû, die SPD plane, in Deutschland ¹Eliteuniversitäten wie Harvardª<br />

zu etablieren. Dieses Konzept sorgte v.a. deshalb <strong>für</strong> Aufmerksamkeit,<br />

weil die SPD historisch <strong>für</strong> einen antielitären Kurs<br />

steht und Begriffe und das Credo <strong>für</strong> eine soziale Öffnung <strong>der</strong><br />

Hochschulen die SPD-Politik <strong>für</strong> viele Jahrzehnte beherrscht hatte.<br />

Wenn aber gerade von <strong>der</strong> SPD eine <strong>der</strong>artige Konzeption entwickelt<br />

wurde, war das bereits <strong>für</strong> viele Beobachter ein Indiz da<strong>für</strong>,<br />

dass eine sehr ernste Situation vorlag, die auch einer sozial<br />

ausgerichteten Partei <strong>der</strong>artige Maûnahmen abverlangte. Konkret<br />

heiût es: ¹Wir wollen die Struktur <strong>der</strong> Hochschullandschaft<br />

so verän<strong>der</strong>n, dass sich Spitzenhochschulen und Forschungszentren<br />

etablieren, die auch weltweit in <strong>der</strong> ersten Liga mitspielen<br />

und mit internationalen Spitzenhochschulen wie Harvard und<br />

34 Deutsche <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Chirurgie</strong> ± <strong>Mitteilungen</strong> 1/13<br />

Gegründet 1872<br />

Sitz Berlin<br />

Stanford konkurrieren könnenª (Weimarer Leitlinien Innovation,<br />

6.1.2004, S. 5f.).<br />

Diese Initialzündung hat auch nach dem Regierungswechsel Bestand,<br />

wird von <strong>der</strong> christlich-liberalen Koalition konsequent weitergeführt<br />

und wird schlieûlich später als zentrale Aufgabe <strong>der</strong> Bildungsministerin<br />

Schavan wahrgenommen. Das Bundesministerium<br />

<strong>für</strong> Bildung und Forschung greift die Initiative auf und es<br />

kommt zu einer Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und<br />

Län<strong>der</strong>n über die Exzellenzinitiative im Juni 2005. Der För<strong>der</strong>umfang<br />

<strong>für</strong> die erste Runde <strong>der</strong> Exzellenzinitiative liegt bereits bei 1,9<br />

Milliarden Euro (2006±2<strong>01</strong>1). Der Begriff ¹Exzellenzinitiativeª entsteht<br />

als Neologismus, um gegenüber <strong>der</strong> klassischen SPD-<br />

Klientel nicht mit dem Begriff ¹Eliteför<strong>der</strong>ungª <strong>für</strong> offene Konflikte<br />

zu sorgen.<br />

Hintergrund <strong>für</strong> die Begründung <strong>der</strong> Exzellenzinitiative waren die<br />

alarmierenden Zahlen 2003/2004 zur Charakterisierung des deutschen<br />

Bildungs- und Hochschulsystems. Einige Aspekte seien<br />

genannt: So fiel seit 1995 Deutschland bei den Qualifikationen<br />

im Tertiärbereich vom 10. auf den 22. Platz zurück. Seit 1995 hat<br />

sich die Zahl <strong>der</strong> Studierenden im Tertiärbereich in Deutschland<br />

um 5 % erhöht, im OECD-Mittel dagegen um 41%. In den Ingenieurwissenschaften<br />

ist die Absolventenquote in Deutschland unter<br />

das Niveau <strong>der</strong> Bestandssicherung gefallen. Als Ergebnis dieser<br />

Situation bestand eine fehlende Attraktivität universitärer Ausbildung<br />

und Lebenswege, die es mit neuen Perspektiven zu revitalisieren<br />

galt. Die Abschlussquote nach universitärer Ausbildung<br />

stieg in Deutschland von 14% (2000) auf 20% (2005), im OECD-<br />

Mittel dagegen von 20 % auf 36 %. Die Studienanfängerquote stagniert<br />

in Deutschland, und die geringe Zahl von Schulabgängern<br />

begrenzt das Potenzial, diese Situation zu verän<strong>der</strong>n. Im Verhältnis<br />

zum Brutto-Inlandprodukt (BIP) bleiben Investitionen in Bildung<br />

und Hochschulen in Deutschland deutlich hinter dem<br />

OECD-Gesamtwert zurück (Zusammenfassung z.B. bei: http://<br />

www.stanford.edu/weiler/homepage).

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