Demografischer Wandel und Frauen - Denkanstöße - frauennrw.de
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Ausgleich durch Wan<strong>de</strong>rungen) o<strong>de</strong>r mit einem benötigten Ausgleich (<strong>de</strong>s<br />
„Altenquotienten“) durch 188 Millionen junge Zuwan<strong>de</strong>rInnen bis 2050 zu<br />
drohen (vgl. auch die fast i<strong>de</strong>ntischen Zahlen in Birg 2005: 98, 117, 177). Bei<strong>de</strong><br />
Entwicklungen können dazu führen, dass Deutschland seine „weltweit bew<strong>und</strong>erte<br />
Kultur“ (Birg 2003: 16) verliert. Bei Birg scheinen die Zahlen selbst<br />
Alarmismus zu generieren. Dass Birg nicht nur im wissenschaftlichen, son<strong>de</strong>rn<br />
auch im populärwissenschaftlichen Diskurs eine wichtige Rolle spielt, lässt sich<br />
an einem aktuellen Zeitungsinterview ablesen, in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r viel beschäftigte<br />
Experte folgen<strong>de</strong>n Satz prägt: „Man re<strong>de</strong>t über <strong>de</strong>n <strong>de</strong>mografischen <strong>Wan<strong>de</strong>l</strong> wie<br />
über ein Kätzchen, das auf Samtpfoten daherkommt. Er gleicht aber einem<br />
gefährlichen Raubtier mit fürchterlichen Krallen.“ (Frankfurter R<strong>und</strong>schau,<br />
26.06.06).<br />
Üblicherweise jedoch gibt sich Herwig Birg (2005), wie in seinem seit 2001<br />
mehrfach aufgelegten Buch „Die <strong>de</strong>mografische Zeitenwen<strong>de</strong>“ ersichtlich, als<br />
Wissenschaftler, <strong>de</strong>r sich mit einer Fülle von Daten, Tabellen, Schaubil<strong>de</strong>rn auf<br />
die Objektivität <strong>de</strong>r Wissenschaft Demografie verpflichtet. Bis zum zwölften<br />
Kapitel <strong>de</strong>s Textes, das mit „Demografie <strong>und</strong> Politik“ (Birg 2005: 194) überschrieben<br />
ist, bleiben die Argumente, abgesehen von <strong>de</strong>r auch bei Birg (2005: 39,<br />
123) explizit nationalen <strong>und</strong> implizit Huntington’schen Perspektive, vergleichsweise<br />
unauffällig wohlmeinend ge<strong>de</strong>utet angesichts <strong>de</strong>r explizit formulierten<br />
nationalistischen Position. Doch das zwölfte Kapitel ist eine kru<strong>de</strong>, be<strong>de</strong>nkliche,<br />
seltsame Mischung aus Gedanken zur Aufklärung, Verantwortung, Infantilisierung,<br />
Einwan<strong>de</strong>rung, Integration, Demokratie <strong>und</strong> nicht vorhan<strong>de</strong>nen Gewaltenteilung,<br />
zur wenig anerkannten Wissenschaft Demografhie, zum Holocaust,<br />
Gesellschaftsvertrag, Konstruktivismus <strong>und</strong> Rassismus, zu Niklas Luhmanns<br />
Unkenntnis etc. (vgl. Birg 2005: 194-206). Die Problematik <strong>de</strong>r Argumentation<br />
ist allerdings noch steigerbar <strong>und</strong> erreicht ihren Höhepunkt im abschließen<strong>de</strong>n<br />
dreizehnten Kapitel zur Ethik (vgl. Birg 2005: 207-218), in <strong>de</strong>m mit Immanuel<br />
Kant <strong>und</strong> Hans Jonas gleichsam ein Kategorischer Fortpflanzungsimperativ<br />
behauptet, bestritten <strong>und</strong> letztlich doch unterstellt wird. Unklar ist, wie die schillern<strong>de</strong>n<br />
Sätze zu verstehen sind, die einen Einblick in die Denkweise Birgs geben:<br />
70<br />
„Die Maxime Kants wäre z.B. verletzt, wenn das Fortpflanzungsverhalten<br />
<strong>de</strong>r jüngeren <strong>Frauen</strong>jahrgänge in Deutschland auf die<br />
gesamte Menschheit übertragen wür<strong>de</strong>. Wenn sich alle <strong>Frauen</strong> <strong>de</strong>r<br />
Welt so verhielten wie jenes Drittel zeitlebens kin<strong>de</strong>rlos bleiben<strong>de</strong>r<br />
<strong>Frauen</strong> unter <strong>de</strong>n 1965 <strong>und</strong> später geborenen Jahrgängen in<br />
Deutschland, wäre die Er<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>m Hinschei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s zuletzt<br />
geborenen Menschen, also in etwa 120 Jahren, menschenleer.“ (Birg<br />
2005: 208). Einige Seiten weiter heißt es: „...daß einige Menschen