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Forschung & Lehre 5 / 2013

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5|13 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> WISSENSCHAFTSBETRIEBSLEHRE 391<br />

gie, um wiederum nur einige von ihnen<br />

zu nennen – dazu beitragen, die DFG<br />

infinit zukunftsfähig zu machen? Wie<br />

steht es um den Anwendungsbezug und<br />

die Praxisrelevanz der WBL? Und nicht<br />

zuletzt: Was wollte uns der Universalabsurdologe<br />

Otto Wunderlich eigentlich<br />

sagen?<br />

Die WBL und die DFG<br />

Ich beginne mit der Antwort auf die<br />

letzte Frage: Eine DFG ohne die Wissenschaftsbetriebslehre<br />

(WBL) als Leitparadigma,<br />

wäre, so würde Wunderlich<br />

sagen, in der postkommunikativen Gesellschaft<br />

ebenso zum Tode verurteilt<br />

wie ein Powerpointillist ohne seinen<br />

Redundanzgenerator. Kurz: Die WBL<br />

ist für die DFG ebenso alternativlos wie<br />

das EU-Krisenmanagement für Europa<br />

oder – aus der Sicht der Zoologie – wie<br />

Zahnspangen für adoleszente Biber.<br />

Daher erlaube ich mir im Hinblick<br />

auf den Anwendungsbezug der WBL für<br />

die DFG einige kleine Anregungen:<br />

– Um die Anschlussfähigkeit der DFG<br />

an die internationale WBL zu gewährleisten,<br />

wäre zuvörderst eine outgesourcte<br />

Consultant Agentur für Sitzungs-<br />

und Konferenzbetriebslehre zu<br />

schaffen, geleitet von einem/einer international<br />

ausgewiesenen Absurdologen/Absurdologin.<br />

– An allen deutschen Hochschulen sind<br />

mit Fassadologen/Fassadologinnen<br />

zu besetzende Außenstellen zur Förderung<br />

und Präzisierung der Antragssemantik<br />

sowie zur konsequenten Beseitigung<br />

der Umgangssprache zu<br />

schaffen. Die für solche Stellen zuständigen<br />

Berufungskommissionen<br />

sollten zusammengesetzt sein aus<br />

Preisträgern/-trägerinnen der „Äh“-,<br />

„Sozusagen“- und „Angela-Häkel“-<br />

Preise.<br />

– DFG-intern sind im IT-Bereich Programme<br />

zur Paraphrasenmultiplikation<br />

und Fußnoteneskalation ebenso<br />

zu entwickeln wie ein Algorithmus für<br />

die Zitierkartelladministration. Entsprechende<br />

Leitfäden sind den DFG-<br />

Kollegien und Gutachtern/Gutachterinnen<br />

an die Hand zu geben.<br />

– Schließlich ist zu denken an die Einrichtung<br />

einer Zentralstelle für Präimplementationsdiagnostik,einschließlich<br />

prognostischer Antragserfolgsstatistik,<br />

die als präventiver Filter bei jedem<br />

eingehenden (man beachte hier<br />

den mortal-semantischen Unterton)<br />

Antrag präventiv wirksam werden.<br />

Daneben zeigt die Geschichte der<br />

DFG, dass die Theorie des ‚symboli-<br />

schen Aktivismus‘ bei der Schaffung einer<br />

multiple corporate identity bisher<br />

weitgehend vernachlässigt wurde. Meinem<br />

Kollegen und Freund, dem absurdologisch<br />

vorgebildeten Altphilologen<br />

Prof. Dr. Herakles Schulze-Honora,<br />

Leitspruch: „Eine Eule macht noch kein<br />

Athen“, verdanke ich die Anregung, der<br />

DFG vorzuschlagen, sie möge einen<br />

DFG-Verdienstorden ‚ins Leben rufen‘:<br />

den Eulen-Orden im Zeichen der Wissenschaftsschutzgöttin<br />

Athene. Dadurch<br />

käme es, so Schulze-Honora, zu<br />

einer Eulenmultiplikation und die DFG<br />

würde nicht nur zum Wissenschaftsathen,<br />

sondern auch zur – aus interna-<br />

»Die WBL ist für die DFG ebenso<br />

alternativlos wie das EU-Krisenmanagement<br />

für Europa.«<br />

tionaler Sicht – weltweit vernetzten Eulenzentralbank<br />

(EZB): „Viele Eulen erst<br />

machen Athen!“<br />

Schulze-Honora, der sich zuvor mit<br />

der AA-Protokollchefin Marie Charlotte<br />

von Schwirin-Protzigk beraten hat,<br />

schließt eingedenk der Lebensweisheit<br />

„Dasein heißt Design“ (vgl. Angela-Häkel-Preis)<br />

folgendes Design für den Orden<br />

vor: Eine emaillierte schwarz-rotgoldene<br />

Eule an farblich ebensolchem<br />

Bande, wobei die Eule – in Anlehnung<br />

an eine Madonnenikonographie – auf<br />

einer Mondsichel steht. Letztere wiederum<br />

ziert eine Gravur, in der die Abbreviatur<br />

DFG, zweifach aufgelöst wird.<br />

Handelt es sich bei den Auszuzeichnenden<br />

um senior scientists, so lautet die<br />

Auflösung: DFG – DAS FINDE ICH<br />

GUT. Junior scientists dagegen finden<br />

auf ihrem Verdienstorden die Inschrift:<br />

DFG – DAS FINDE ICH GEIL.<br />

Gegen das Eulenmotiv mag man<br />

einwenden, es sei geschmacklos auf<br />

dem DFG-Verdienstorden ein Symbol<br />

zu zitieren, das in fast allen Kulturen<br />

und Religionen als Unglücksbringer<br />

übel beleumundet ist. Das antike Athen<br />

und seine Schutzgöttin Athene machen<br />

hier nur deshalb eine Ausnahme, weil<br />

sie der Eule Weisheit attestieren: überwindet<br />

diese doch die Nacht des Nicht-<br />

Wissens dadurch, dass sie auch im Dunkeln<br />

sieht. Daher findet man bekanntlich<br />

auf den antiken Athener Münzen<br />

die Eule als Wappentier, und daher war<br />

es auch töricht, Eulen-(Münzen) nach<br />

Athen zu tragen. Dort waren sie<br />

schließlich zu Hause. Der Fassadologe<br />

hingegen schätzt – ein wenig anders als<br />

die Athener und ihre Schutzgöttin – die<br />

Eule vor allem, weil sie, das Tageslicht<br />

scheuend, im hellen Licht der Faktizität<br />

bestenfalls blinzelt.<br />

Für die DFG gilt es beide Perspektiven,<br />

das Wegblinzeln des Hellen wie die<br />

Nachtsicht, zu nutzen – auch angesichts<br />

der Tatsache, dass alte Kalenderweisheiten<br />

(vgl. Angela-Häkel-Preis) ihre<br />

Gültigkeit verlieren können: Heute gibt<br />

es, und dies nicht nur im symbolisch aktivistischen<br />

Sinne, gute Gründe, die<br />

griechischen Euro-Münzen mit ihrem<br />

Eulenwappen wieder zurück nach<br />

Athen zu tragen.<br />

Antikes, Nationales und Internationales<br />

verbindend stünde<br />

der DFG-Eulen-Orden<br />

dementsprechend für eine<br />

dekonstruktivistisch<br />

nur leicht gebrochene<br />

Universalfassadologie.<br />

Seine Verleihung im Zeichen<br />

des ‚symbolischen Aktivismus‘<br />

wäre also viel mehr als ein äußerliches<br />

Ritual. Sie stünde vielmehr – ganz im<br />

Sinne avancierter Realpseudologie – für<br />

die Kompensation der DFG-Reisekosten-<br />

und Bewirtungsvorgaben: Es ginge<br />

mit Verleihung des DFG-Verdienstordens<br />

eben nicht um eine vordergründige<br />

Statuserhöhung der Geehrten, sondern<br />

um die – bis zur äußersten Subtilität<br />

überdehnte – Anerkennung eines<br />

Ehrenamtes, das, würde man trivialbanalogisch<br />

tatsächlich nach realem Verdienst<br />

schielen, geradezu in den<br />

Schmutz eines schäbigen Materialismus<br />

gezogen würde.<br />

Dementsprechend verlangt der<br />

‚symbolische Aktivismus‘, dass die Verleihungszeremonie<br />

– dem Beispiel der<br />

Rahmenerzählung des Decamerone folgend<br />

– jenseits der alltäglichen Pest wissenschaftsbetrieblicher<br />

Kärrnerarbeit in<br />

der zugleich heiteren und mondän-fassadologischen<br />

Atmosphäre des Schlosses<br />

El-Mau stattfinde – und zwar anlässlich<br />

des dort jährlich abgehaltenen<br />

Potemkin-Symposiums: Jeder praktizierende<br />

symbolische Aktivist – sei er Talkshowparlamentarier,<br />

Feuilletonist,<br />

Powerpointillist oder ‚Science-Digest‘-<br />

Autor – wüsste diese stimulierend sermono-erotische<br />

Atmosphäre zu schätzen.<br />

Gekürzte Fassung einer Festrede, gehalten bei<br />

einem Empfang der Deutschen <strong>Forschung</strong>sgemeinschaft<br />

und der Stadt Bonn für den neuen<br />

DFG-Präsidenten, Professor Dr. Peter Strohschneider,<br />

am 21. März <strong>2013</strong> in Bonn.

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