Diplomarbeit als pdf (2.3 MB) - Bleiberechtsbüro

Interviewbewertung“, der zum einen Informationen zur Biographie und zur aktuellen
Lebenssituation jedes einzelnen Interviewpartners gibt (vgl. Bourdieu, u. a.
1997, S. 793) und zum anderen die Interviewsituation reflektiert. Die Vorstellung
der Interviewpartner dient der Zuordnung der Zitate in der Inhaltsanalyse zu konkreten
Menschen und Interviewsituationen. Gleichzeitig soll der Datenerhebungsprozess
offen gelegt werden und somit die Glaubwürdigkeit der Personen und die
Beziehung der Interviewerin und des Interviewten nachvollziehbar sein. Jedem
Interview ist ein Titel vorangestellt, der sich auf das Hauptthema des jeweiligen
Gesprächs bezieht und den Äußerungen der jeweiligen Person entnommen wurde
(vgl. ebd., S. 14). Die Reihenfolge der Vorstellung der Interviewpartner letztlich
richtet sich nach dem Zeitpunkt der Interviewdurchführung, wobei das erste Interview
am weitesten zurückliegt.
II.2 Vorstellung der Interviewpartner und Interviewbewertung
II.2.1 Herr Schurda: „Das ist wie ein Teufelskreis“
Herr Schurda 16 ist 27 Jahre alt. Er wurde in Bosnien geboren, lebte aber bis zu
seinem elften Lebensjahr in Serbien. Er ist muslimischer Bosnier und Roma. Herr
Schurda spricht Serbokroatisch, Romanes und Deutsch. 1991 flüchtete er mit seiner
Familie aufgrund des Krieges nach Deutschland. In Deutschland beantragte
die Familie erfolglos Asyl. 17 Schon seit 1992 versucht das Verwaltungsgericht in
Berlin vergeblich, die Staatsangehörigkeit seines Vaters festzustellen und einen
aufnahmebereiten Staat zu finden.
Herr Schurda lebt mit seinem Vater, Herrn Miçko, seiner Mutter und seinen
sechs Geschwistern in Berlin. Abgesehen von ihm und seinem 23jährigen
Bruder gehen alle Kinder der Familie zur Schule. Den Antrag auf eine AE nach
der Bleiberechtsregelung stellte Herr Schurda gemeinsam mit seiner Familie. Bisher
wurde darüber noch nicht entschieden. Herr Schurda erfüllt mit Ausnahme der
Passpflicht die Voraussetzungen für eine AE.
16 Alle Namen, Institutionen und Orte wurden aus datenschutzrechtlichen Gründen anonymisiert.
17 Alle Befragten beantragten in Deutschland Asyl. Die Anerkennungsquote ist in Deutschland
sehr gering und seit vielen Jahren rückläufig. Im Jahr 2006 wurden nur 0,8% der Antragsteller_innen
als asylberechtigt anerkannt, 3,6% erhielten einen Abschiebungsschutz und bei 0,3 %
wurde ein Abschiebungshindernis festgestellt (vgl. Schührer u. a. 2007, S. 3).
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