Diplomarbeit als pdf (2.3 MB) - Bleiberechtsbüro
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jetzt irgendwie ein Arzt braucht oder so. […] Da sucht man ganz allein in der großen<br />
Stadt nach einem Arzt“ (Herr Ahmed).<br />
Häufig müssen die Zimmer mit fremden Personen unterschiedlicher Herkunft,<br />
Sprache und Sozialisation geteilt werden. Nach Goerens gibt es oft Streit beispielsweise<br />
um die Benutzung von WCs, Duschen und Waschmaschinen oder<br />
Konflikte, die aus der ethnischen Zugehörigkeit der Personen und der politischen<br />
Situation im Herkunftsland resultieren (vgl. Goerens 2003, S. 28ff.). Von<br />
Konflikten im Wohnheim berichtet auch ein Interviewpartner.<br />
„In dem Bundesland, in dem wir waren, hatten wir Konflikte mit anderen Gruppen,<br />
mit anderen Menschen, die politischen Inhalt hatten. Deshalb bin ich nach Berlin<br />
gekommen“ 43 (Herr Erol).<br />
Die Unterbringung im Wohnheim bedeutet für die Bewohner_innen eine große<br />
psychische Belastung. „Eine Untersuchung über Lager beschreibt, welchen Einfluss<br />
die Wohnsituation auf die Menschen hat: die Schlafsituation ist unerträglich,<br />
Freizeitmöglichkeiten fehlen, eine Intimsphäre ist nicht zu bewahren“ (Herzog/<br />
Wälde 2004, S. 109).<br />
„Und da ist es jetzt auch gar nicht möglich mal Freunde mitzunehmen oder irgendwie<br />
mal Ruhe zu haben und so was“ (Herr Ahmed).<br />
„Also Kinder, wenn die jeden Morgen um sieben Uhr aufstehen, können nicht<br />
schlafen. Alle Leute sprechen laut, Musik. Und das war ganz schwer“ (Herr Koç).<br />
Weiter beschreibt die Studie: „Bei ca. 60 Prozent der Flüchtlinge sind Depressionen<br />
festzustellen. Diese äußern sich in Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Kopfschmerzen,<br />
Neigung zum Weinen und Müdigkeit, Alkoholsucht, die im Herkunftsland<br />
noch nicht bestand, ist weit verbreitet. Aggressionen und Identitätsverlust<br />
sind die Folge“ 44 (ebd.). Auf die psychischen Auswirkungen geht Herr Jiyan<br />
ein, der mit 16 Jahren alleine nach Deutschland kam und in zirka 20 Wohnheimen<br />
leben musste.<br />
43 Herr Erol ist ohne Erlaubnis der ABH nach Berlin gekommen.<br />
44 Die Autor_innen beziehen sich auf die Untersuchung „Lager und menschliche Würde“ von Henning/Wießner<br />
aus dem Jahr 1982, die aufgrund der unveränderten Unterbringungssituation weiterhin<br />
aktuell sei.<br />
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