Psychotherapeutenjournal 3/2005 (.pdf)
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Rheinland-Pfalz<br />
„Notfallpsychologe“ und „Notfallpsychotherapeut“<br />
genannt wurden. Viele Aufgaben<br />
in der Akutversorgung setzen psychologische<br />
Kenntnisse und Fähigkeiten voraus<br />
(Kenntnisse aus der Sozialpsychologie, Fähigkeiten<br />
zum vernetzten Denken, strukturelle<br />
Kenntnisse, u. a.). Zur Bewältigung<br />
dieser Aufgaben ist keine Approbation oder<br />
eine Richtlinien-Therapieausbildung notwendig<br />
– wenngleich dies hilfreich ist. Für<br />
die Aufgaben, die wir als Mitglied eines<br />
Heilberufs wahrnehmen (Sichtung, Diagnostik,<br />
psychotherapeutische Krisenintervention)<br />
wird die Notwendigkeit einer Approbation<br />
als Psychologischer Psychotherapeut<br />
und/oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut<br />
gesehen (siehe LBKG<br />
§ 23 Abs. 1 seit 1. Juli <strong>2005</strong>). Dies bedeutet<br />
nicht, dass wir als Therapeuten alle vom<br />
traumatischen Ereignis Betroffenen zu<br />
„Traumapatienten“ machen, sondern dass<br />
wir Mittel und Methoden verwenden, die<br />
wir aus unserem Berufsalltag als Psychotherapeuten<br />
kennen. Als ausgebildete approbierte<br />
Fachkräfte setzen wir unser Fachwissen<br />
aus der Krankheitslehre, Ätiologie,<br />
Symptomkunde, unsere Kenntnisse bzgl.<br />
Störungsverlauf und Interventionstechniken<br />
ein. Im Rahmen der psychosozialen<br />
Notfallversorgung wird dies nicht in allen,<br />
jedoch in einigen Fällen notwendig sein.<br />
Diese Kenntnisse werden auch wichtig<br />
sein, wenn es um die Weitervermittlung<br />
oder Zuweisung von Betroffenen in den<br />
Bereich der Sekundärprävention geht.<br />
Denkbare Aufgaben könnten sein:<br />
Als Führungsaufgabe:<br />
■ Lagebeurteilung und Entscheidung bzw.<br />
Beratung hinsichtlich des weiteren Versorgungsbedarfs<br />
durch PSU-Kräfte<br />
■ Ansprechpartner für fachliche Anfragen<br />
der Einsatzleitung, des Notarztes oder<br />
der PSU-Helfer<br />
■ Kontakt und Vermittlungsaufgaben zu<br />
niedergelassenen Kollegen und zu Einrichtungen<br />
der Sekundärprävention (Beratungsstellen<br />
ggf. Kliniken, Traumaambulanzen)<br />
■ Beratung der Einsatzleitung bzgl. sozialpsychologischer<br />
oder massenpsychologischer<br />
Aspekte im Einsatzgeschehen<br />
■ Kooperation mit Betreuungskräften und<br />
Versorgungseinheiten<br />
■ evtl. Initiierung des Aufbaus einer Hotline<br />
Als Interventionsaufgabe:<br />
■ Erstsichtung von betroffenen Personen<br />
und Beurteilung des individuellen psychosozialen,<br />
ggf. psychotherapeutischen<br />
Versorgungsbedarfs bei der<br />
Feststellung psychopathologischer Auffälligkeiten,<br />
ggf. Anforderung von Transportkräften<br />
■ Dokumentation des psychischen Befundes<br />
anhand einer Kurzdokumentation<br />
in Ergänzung zum allgemeinen Erfassungsbogen<br />
■ Gesprächsangebote bei notwendiger<br />
psychotherapeutischer Krisenintervention<br />
(ansonsten Betreuung durch die<br />
anderen PSU-Kräfte)<br />
■ evtl. fachliche Beobachtung oder Betreuung,<br />
bis eine Verlegung oder der<br />
Abtransport vom Behandlungsplatz/ Betreuungsplatz<br />
erfolgt<br />
■ Betreuung und Informationsweitergabe<br />
an Angehörige<br />
■ Gesprächsangebote an Einsatzkräfte<br />
Die Tätigkeitsfelder sind sicher weitreichender<br />
als hier dargestellt und die Auflistung<br />
ist nicht komplett. Die Notwendigkeit der<br />
Einbindung unserer Berufsgruppe in die<br />
psychosoziale Notfallversorgung wird hierbei<br />
aber bereits deutlich.<br />
Ausbildungsnotwendigkeit für<br />
die Einsatztätigkeit<br />
Neben den Kenntnissen, die Notfallpsychologen<br />
/ Notfallpsychotherapeuten aus<br />
dem Studium und der Therapieausbildung<br />
mitbringen, wie auch den Kenntnissen aus<br />
der praktischen Tätigkeit als Berater/in in<br />
einer psychosozialen Einrichtung bzw. als<br />
Psycho- oder Traumatherapeut/in sind<br />
Kenntnisse erforderlich, die die strukturelle<br />
organisatorische Arbeit im Katastrophenschutz<br />
betreffen. Hierzu gehören u. a. folgende<br />
Kenntnisse über:<br />
■ Führungssysteme in Rettungsdienst und<br />
Katastrophenschutz und deren gesetzliche<br />
Grundlagen<br />
■ den Aufbau und die Arbeitsweise von<br />
Katastrophenschutzstäben im Einsatzfall<br />
■ Angebote, Aufgaben und Kompetenzen<br />
der PSU (z. B. Kriseninterventions- und<br />
Notfallnachsorgedienste, Notfallseelsorge)<br />
■ die Erfüllung praktischer Führungsaufgaben<br />
beim Einbezug von Notfallpsychologen/<br />
Notfallpsychotherapeuten im Einsatzfall<br />
(Lagebewertung mit Risikoanalyse,<br />
Analyse des Bedarfs von Einsatzkräften,<br />
Raum- und Transportbedarf für<br />
die Betroffenen, Einbindung externer<br />
Hilfesysteme, Nutzung von Kommunikationsmitteln<br />
(Funk)).<br />
Wie bereits beschrieben, wird die LPK im<br />
LBKG verpflichtet, den Mitgliedern Fortbildungsangebote<br />
für die Tätigkeit im Katastrophenschutz<br />
zu machen. Inwieweit<br />
dies innerhalb der Kammer angeboten<br />
wird oder ob in Kooperation mit der Akademie<br />
für Krisenmanagement, Notfallplanung<br />
und Zivilschutz (AKNZ) in Ahrweiler<br />
solche Schulungen stattfinden, ist noch<br />
offen. Die AKNZ ist Ausbildungsstätte des<br />
Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und<br />
Katastrophenhilfe. Hier finden derzeit von<br />
der FIFA finanzierte Führungskräfteausbildungen<br />
für den Bereich der psychosozialen<br />
Notfallhilfe als Vorbereitung auf<br />
die Fußballweltmeisterschaft 2006 in<br />
Deutschland statt.<br />
Zusammenfassung<br />
Seit dem 1. Juli <strong>2005</strong> sind die Psychologischen<br />
Psychotherapeuten und Kinder- und<br />
Jugendlichenpsychotherapeuten im Rahmen<br />
einer Änderung und Erweiterung des<br />
LBKG in die Versorgung von Opfern, Angehörigen<br />
und Einsatzkräften als Gesundheitsberuf<br />
per Gesetz eingebunden worden.<br />
Der LPK obliegt in diesem Zusammenhang<br />
die Fortbildung ihrer Mitglieder.<br />
Die Tätigkeit als Notfallpsychologe/Notfallpsychotherapeut<br />
findet im Einsatzfall in Zusammenarbeit<br />
mit anderen Kräften der psychosozialen<br />
Notfallversorgung statt. Der<br />
Notfallpsychologe/Notfallpsychotherapeut<br />
ist dabei in das hierarchische System des<br />
Katastrophenschutzes integriert. Kenntnisse<br />
über die Führungs- und Stabsarbeit sind<br />
hierbei genauso notwendig wie Kenntnisse<br />
über die psychosozialen Strukturen und<br />
(trauma)therapeutischen Angebote und<br />
Einrichtungen, an die im Bedarfsfall weiter<br />
vermittelt wird.<br />
Die notfallpsychologische/notfallpsychotherapeutische<br />
Arbeit stellt ein neues, abwechslungsreiches<br />
und zu gleich verant-<br />
Rheinland-<br />
Pfalz<br />
<strong>Psychotherapeutenjournal</strong> 3/<strong>2005</strong><br />
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