Psychotherapeutenjournal 3/2005 (.pdf)
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Aktuelles aus der Forschung<br />
enten in Entwöhnungs- oder<br />
Rehabilitationsbehandlung evaluieren.<br />
Die Auswertung ergibt Hinweise<br />
darauf, dass der Erfolg der<br />
Raucherbehandlung von der<br />
gewählten Entwöhnungsmethode<br />
abhängt. Motivierende<br />
Interventionen sind wirksam,<br />
am effektivsten sind jedoch Interventionen,<br />
die den spezifischen<br />
Stand des Änderungswunsches<br />
der Teilnehmer individuell<br />
berücksichtigen, d. h.<br />
sich an die jeweilige Motivation<br />
gezielt anpassen. Patienten, die<br />
mit dem Rauchen aufhören<br />
wollen, können das, ohne ihren<br />
Therapieerfolg in Bezug auf<br />
illegale Drogen bzw. Alkohol zu<br />
gefährden. Kurz- (direkt nach<br />
der Behandlung) und langfristig<br />
(6 Monate nach der Behandlung)<br />
sind sie genauso<br />
erfolgreich, d. h. abstinent, wie<br />
Patienten, die weiterhin rauchen.<br />
Allerdings gibt es in manchen<br />
Studien Hinweise darauf,<br />
dass die zusätzliche Raucherbehandlung<br />
die Rückfallrate bezüglich<br />
Alkohol/illegaler Substanzen<br />
erhöht. Ein Grund für<br />
die unterschiedlichen Ergebnisse<br />
könnte in der Motivation der<br />
Teilnehmer liegen.<br />
Kommentar: Auch wenn die<br />
Studie nicht direkt die Frage<br />
beantworten kann, wann der<br />
optimale Zeitpunkt für Konsumenten<br />
illegaler Drogen und<br />
alkoholabhängige Patienten ist,<br />
mit dem Rauchen aufzuhören,<br />
ergeben sich doch Hinweise,<br />
dass eine Behandlung die Motivation<br />
der Patienten mit berücksichtigen<br />
sollte, wenn sie<br />
effektiv sein will. Prochaska und<br />
DiClemente (1992) beschreiben<br />
wesentliche Prozesse in<br />
ihrem Veränderungsmodell<br />
(„stages of change“), das<br />
6 Phasen annimmt, die für einen<br />
Veränderungsprozess charakteristisch<br />
sind. Sie beschreiben<br />
den Entwöhnungsprozess<br />
als zirkulär, das heißt, dass diese<br />
Phasen mehrfach durchlaufen<br />
werden können. Es bedarf<br />
also meist einer Reihe von Versuchen,<br />
von einer Abhängigkeit<br />
loszukommen, bevor eine dauerhafte<br />
Verhaltensänderung<br />
(z. B. Abstinenz) möglich wird.<br />
Im Einzelnen sind es die Phase<br />
der Vorüberlegung, des<br />
Nachdenkens, der Entscheidung,<br />
der Handlung, der Aufrechterhaltung<br />
und des Rückfalls.<br />
Werden diese Phasen erkannt<br />
und adäquat auf sie eingegangen,<br />
spricht nichts dagegen,<br />
auch während einer<br />
Suchtbehandlung zusätzlich<br />
eine Raucherentwöhnung<br />
durchzuführen. Wichtig erscheint<br />
vor diesem Hintergrund,<br />
dass die Motivation der<br />
Patienten zur Abstinenz erkannt<br />
und gefördert werden sollte,<br />
um Frustrationen und Reaktanzen<br />
zu verhindern.<br />
Einschränkend noch zwei Anmerkungen:<br />
Wenige Studien<br />
erfüllten die Einschlusskriterien,<br />
so dass die Ergebnisse nur bedingt<br />
verallgemeinert werden<br />
können. Von den 53 in der Literatur<br />
gefundenen Untersuchungen<br />
wurden 35 nicht berücksichtigt.<br />
Weiterhin sind die<br />
Katamnesezeiträume der Studien<br />
mit 6 Monaten zu kurz, um<br />
langfristigen Therapieerfolg für<br />
die Suchtbehandlungen ableiten<br />
zu können. Möglicherweise<br />
wären kontrolliert randomisierte<br />
Studien, die dieses spezielle<br />
Thema behandeln, zum gegenwärtigen<br />
Zeitpunkt besser geeignet,<br />
um die Fragestellung zuverlässig<br />
zu beantworten.<br />
Struktur des Aufmerksamkeits-Defizit-<br />
Syndroms bei Erwachsenen<br />
Kooij, J., Buitelaar, J., van den<br />
Oord, E., Furer, J., Rijnders, C.<br />
& Hodiamont, P. (<strong>2005</strong>)<br />
Internal and external validity of<br />
attention-deficit hyperactivity<br />
disorder in a population based<br />
sample of adults. Psychological<br />
Medicine, 35, 817 – 827.<br />
Bislang gibt es wenig Studien<br />
zum Aufmerksamkeits-Defizit-<br />
Syndrom (ADHS) bei Erwachsenen.<br />
Die vorliegende Untersuchung<br />
wertet die Ergebnisse<br />
einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung<br />
von 1813 Erwachsenen<br />
im Alter von 18 –<br />
75 Jahren in den Niederlanden<br />
aus. Die Studie untersucht dabei,<br />
ob die berichteten Symptome<br />
analog zur DSM-IV Diagnose<br />
bei Kindern in drei Faktoren<br />
unterteilt werden können<br />
– Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität<br />
und Impulsivität – und<br />
sich bei Erwachsenen ebenfalls<br />
die diagnostischen Untertypen<br />
„kombiniert“, „unaufmerksam“<br />
und „hyperaktiv-impulsiv“ feststellen<br />
lassen.<br />
Geschulte Interviewer erfassten<br />
soziodemografische Variablen,<br />
psychosoziale Beeinträchtigung,<br />
Angaben zur allgemeinen<br />
Gesundheit sowie ADHS-Symptome.<br />
Eine Auswertung erfolgte<br />
mittels konfirmatorischer Faktorenanalyse,<br />
die es erlaubt, Hypothesen<br />
zu Zusammenhängen<br />
einer Vielzahl von Variablen<br />
einer statistischen Prüfung<br />
zu unterziehen. Für die vorhandene<br />
Untersuchung wurden<br />
fünf verschiedene Modelle<br />
überprüft. Es zeigte sich, dass<br />
das Modell, das am besten<br />
durch die empirisch gewonnenen<br />
Daten erklärt werden kann,<br />
der bekannten Faktorenstruktur,<br />
die für ADHS im Kindesalter<br />
verwendet wird, entspricht. Das<br />
bedeutet, dass sich Struktur<br />
und Symptomatik des ADHS<br />
auch im Erwachsenenalter<br />
nicht verändern. Dieses Ergebnis<br />
wurde kreuzvalidiert und für<br />
verschiedene Subgruppen repliziert.<br />
Für die Bestimmung der externen<br />
Validität wurden Korrelationen<br />
mit demografischen Variablen,<br />
dem Gesundheitsfragebogen,<br />
mit retrospektiven Selbsteinschätzungen<br />
bezüglich<br />
ADHS in der Kindheit sowie mit<br />
der selbsteingeschätzten sozialen<br />
Beeinträchtigung berechnet.<br />
Es zeigen sich interpretierbare<br />
und bedeutsame Zusammenhänge<br />
zwischen den untersuchten<br />
Variablen, so dass eine hinreichende<br />
externe Validität angenommen<br />
werden kann.<br />
Erwachsene scheinen durchschnittlich<br />
weniger Symptome<br />
als Kinder zu haben, aber<br />
dadurch genauso in ihrem Alltag<br />
behindert zu sein. Männer<br />
und Frauen sind gleich häufig<br />
betroffen und mit zunehmenden<br />
Alter scheint das Syndrom<br />
abzunehmen.<br />
Insgesamt deuten die Ergebnisse<br />
darauf hin, dass ADHS nicht<br />
nur bei Kindern auftritt, sondern<br />
über die Adoleszenz hinaus<br />
eine ernstzunehmende Beeinträchtigung<br />
der Betroffenen<br />
auch im Erwachsenenalter mit<br />
sich bringt. Erwachsene scheinen<br />
darüber hinaus sensitiver<br />
auf die Symptome zu reagieren<br />
und bereits unter geringeren<br />
Ausprägungen zu leiden.<br />
Kommentar: Die geringe Ausschöpfung<br />
von unter 50% ist<br />
244 <strong>Psychotherapeutenjournal</strong> 3/<strong>2005</strong>