Magazin 198611
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Dipl.-Ing. KarI Kiefer<br />
Fragen nach Tschernobyl:<br />
Was ist eigentlich<br />
Me8grö6en, Maßeinheiten, Wirkungen - Wichtige Informationen zum<br />
aktuellen Thema RadIoaktivitAt - 2. Teil und Schluß<br />
Eine verhältnismäßig hohe Strahlenbelastung<br />
der Bronchien haben die Raucher<br />
unter uns zu erwarten. Tabakpflanzen nehmen<br />
mit ihren Wurzeln aus dem Boden und<br />
mit ihren Blänern aus der Luft natürliche<br />
Radionuklide auf. welche bei den hohen<br />
Temperaturen einer brennenden Zigarene<br />
(500°C) flüchtig werden und beim Inhalieren<br />
des Rauches in die Bronchien gelangen.<br />
Bei einem starken Raucher beträgt die<br />
Äquivalentdosis für das Bronchienepithel<br />
nach 25 Jahren ZigarenengenuB bis zu 10<br />
Sv - 1 000 rem!<br />
Es ist weiterhin zu beachten. daß auch die<br />
chemischen Umweltgifte. verursacht durch<br />
die Abgase der chemischen Industrieproduktion,<br />
unübersehbare Risiken für die<br />
menschliche Gesundheit in sich bergen.<br />
Die mutagene und carcinogene Wirkung<br />
dieser chemischen Umweltgifte lassen sich<br />
mathematisch und medizinisch verhältnismäßig<br />
einfach mit der Äquivalentdosis einer<br />
Strahlenbelastung durch radioaktive Nuklide<br />
vergleichen. So beträgt z. B. in Industriegebieten.<br />
wie in der Stadt Bochum. zu<br />
bestimmten Jahreszeiten eine Benzpyren<br />
T ....... : ZU ._ .... WIItIungIII ............ n ~<br />
............. [101<br />
00si8b8f8icII<br />
(Sv)<br />
0-0,5<br />
0,&-1,2<br />
1,8-22<br />
10<br />
50<br />
Zu _artende Wirkung<br />
Keine sich1bare Wirlwng au8er geringfügigen BlutbiIdverinderungen<br />
Bei 5 bis 10 % der Bestrahlten etwa ein Tag lang Erbrechen,<br />
Obelkeit und MOdigkeit, aber keine emsUiche LeiSlungsunlthigkeit<br />
Bei etwa 25 % der Bestrahften etwa 1 Tag lang Erbrechen und<br />
Übelkeit, geIoIgt \/Oll anderen Symptomen der StrahIenkrankhei1;<br />
erste Tode8IIIIIe Sind zu _arten; ErholungszeH bis zu mehreren<br />
Wochen<br />
Bei allen Bes1rahI1en Erbrechen und ObelkeH am ersten Tage,<br />
gefolgt \/Oll anderen Symptomen der StrahlenkrankheH; etwa<br />
50 % Todesfttlle innerhalb eines Monates; etwa 6 Monate lange<br />
Erholungszen der Oberlebenden<br />
Bei allen Bestrahlten Erbrechen und ObeikeH innerhalb 4 Stunden<br />
nach Bestrahlung, gefolgt von anderen Symptomen der<br />
Strahlenkrankheit. Bis zu 100 % Todesfälle, wenige Ober1ebende<br />
mH ErholungszeHen \/Oll etwa 6 Monaten<br />
Bei allen Bestrahften Erbrechen und ObelkeH innerhalb 1 bis<br />
2 Stunden; wahrscheinlich keine Oberlebenden<br />
Faat augenblicklich einsetzende schwerste Krankheit; Tod aller<br />
Bestrahlten Innerhalb 1 Woche<br />
(B[a)Pf-Konzentration in der Luft bis zu<br />
240 ng/m3. Dies bedeutet eine vergleichbare<br />
Dosisbelastung der Wohnbevölkerung<br />
von bis zu 0,576 Sv (57,6 rem) im Jahr (8).<br />
Infolge des Reaktorunglücks in Tschernobyl<br />
ist für das Jahr 1986 eine Ganzkörperdosis<br />
von 3 bis 15 mrem zu erwarten (9).<br />
Die Wlrtl:ung radioaktiver<br />
Strahlen auf den menschlichen<br />
Organismus<br />
Infolge der ionisierenden Wirkung radioaktiver<br />
Strahlung im körperlichen Gewebe<br />
können im Zeltaufbau Schäden entstehen,<br />
Fehlfunktionen auftreten oder aber auch<br />
ganze Zellkerne absterben.<br />
Die akute Wirkung einer hohen Strahlendosis<br />
auf den menschlichen Organismus<br />
kann relativ genau beschrieben werden<br />
(vgl. Tabelle 6).<br />
Aufgrund dieser Daten können folgende<br />
Richtwerte abgeleitet werden, die für alle<br />
Strahlenarten gelten :<br />
- 025 Sv Gefährdungsdosis<br />
- 1.00 Sv<br />
- 4.00 Sv<br />
- 7.00 Sv<br />
kritische Dosis<br />
minelletale Dosis<br />
letale Dosis<br />
Nicht für alle Lebewesen sind die Auswirkungen<br />
hoher Strahlendosen gleich (5). Die<br />
minelletale Dosis beträgt für<br />
- Hamster 11 .00 Sv<br />
- Fledermäuse 150.00 Sv<br />
- Schnecken 200.00 Sv<br />
- Wespen 1000.00 Sv<br />
- Viren bis 2000.00 Sv<br />
- Protozoen bis 3000.00 Sv<br />
Die biologische Auswirkung relativ geringer<br />
radioaktiver Strahlenbelastung ist noch<br />
nicht hinreichend ertorscht. Man kann nur<br />
infolge statistischer Erhebungen die Feststellung<br />
machen. daß auch eine geringfügige<br />
Strahlenbelastung zu somatischen<br />
und genetischen Schäden führen kann. Aus<br />
diesem Grund hat der Gesetzgeber in verschiedenen<br />
Vorschriften und Gesetzen<br />
Grenzwerte festgelegt, die nicht überschritten<br />
werden dürten (Strahlenschutzverordnung<br />
- StrtSchV). Für beruflich Strahlenexponierte<br />
sind folgende Grenzwerte im Jahr<br />
erlaubt [11) :<br />
- Ganzkörper, Knochenmark, Keimdrüsen:<br />
0.05 Sv - 5 rem<br />
- Knochen, Schilddrüse :<br />
0.30 Sv - 30 rem<br />
- andere Organe: 0.15 Sv - 15 rem<br />
- Extremitäten : 0.60 Sv - 60 rem<br />
Für die Normalbevölkerung wurden folgende<br />
maximale Jahreswerte festgelegt<br />
(§ 45 der StrISchV):<br />
- Ganzkörper. Knochenmark. Keimdrüsen :<br />
0.0003 Sv - 0.03 rem<br />
ZS-MAGAZlN 11-12/86 31