Orthopädie und Unfallchirurgie - Deutsche Gesellschaft für ...
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Aus den Verbänden<br />
Kam die B<strong>und</strong>esrepublik im Jahr 1970<br />
bei lediglich 17 Millionen Kraftfahrzeugen<br />
auf über 21.000 Verkehrstote pro<br />
Jahr, so waren es 2010 bei über 50 Millionen<br />
Fahrzeugen nur<br />
noch 3.648. Die Stationen<br />
dieser Erfolgsgeschichte<br />
waren sukzessive Verbesserungen<br />
auf mehreren<br />
Ebenen. Gesetzliche<br />
Vorschriften lassen sich<br />
jeweils mit deutlichen<br />
Abnahmen der Verkehrsopferzahlen,<br />
etwa durch<br />
die Einführung von Tempo<br />
100 auf Landstraßen,<br />
der Promille-Grenzen<br />
für Alkohol am Steuer sowie durch die<br />
Einführung der Helmtragepflicht bei<br />
Motorradfahrern oder der Gurtpflicht<br />
korrelieren. Weitere Fortschritte wurden<br />
aber auch durch Verbesserungen der<br />
Fahrzeugtechnologie wie verpflichtende<br />
Knautschzonen, Airbags oder ABS sowie<br />
durch ein sichereres Straßendesign wie<br />
nachgebende Seitenbebauung <strong>und</strong> räumliche<br />
Trennung des motorisierten vom<br />
unmotorisierten Verkehr erreicht. Für<br />
jene Unfälle, die dennoch passieren, hat<br />
auch die Optimierung der Rettungskette<br />
zur Reduktion der Todesopfer beigetragen.<br />
Schwellen- <strong>und</strong> Entwicklungsländer können<br />
von Deutschland lernen<br />
Die deutsche <strong>Unfallchirurgie</strong> mit ihren vielfältigen Kompetenzen<br />
in Prävention, Unfallforschung, Akutversorgung<br />
<strong>und</strong> Rehabilita tion sieht sich seit dem Start der Decade<br />
of Action for Road Safety vor einem Jahr in der globalen<br />
Verantwortung <strong>und</strong> hat zusammen mit der European<br />
Society for Trauma and Emergency Surgery (ESTES) drei<br />
Projekte im europäischen Bereich angeschoben.<br />
Aus diesen Erfahrungen könnten die<br />
heutigen Schwellenländer <strong>und</strong> Entwicklungsländer<br />
von uns lernen, die sonst<br />
sicher vorhersagbare Epidemie an künftigen<br />
Verkehrstoten wirksam zu vermeiden.<br />
Dr. Uli Schmucker, München, wies<br />
jedoch darauf hin, dass im Jahr 2011 erstmals<br />
nach 20 Jahren mit 4.000 Verkehrstoten<br />
die Zahl der Todesopfer erstmals<br />
wieder anstiegen ist. Trendwende oder<br />
„nur“ Ausreißer? Die Sektion Prävention<br />
hat in einem interdisziplinären Ansatz<br />
wichtige Einflussfaktoren auf das Unfallgeschehen<br />
der zurückliegenden Jahre<br />
untersucht. Die Ergebnisse sind bislang<br />
als vorläufig zu betrachten. Neben dem<br />
Wetter scheint auch die Wiederbelebung<br />
der Konjunktur in Deutschland eine Rolle<br />
zu spielen. Ähnliche Ergebnisse hat<br />
man auch in anderen europäischen Ländern<br />
beobachtet.<br />
Während die Gefährlichkeit des Motorradfahrens<br />
hinlänglich bekannt <strong>und</strong> eine<br />
Vielzahl präventiver Aktionen festzustellen<br />
sind, wird das Risiko beim Fahrradfahren<br />
unterschätzt. Zu diesem Thema<br />
sprach Dr. Christian Juhra, Münster. In<br />
der „Fahrradhauptstadt Deutschlands“<br />
verunglücken zahlreiche Personen mit<br />
dem Fahrrad. Lediglich 6,4 Prozent aller<br />
Unfallopfer trugen einen Helm. Die<br />
Münsteraner Fahrrad-Studie zeigt in eindrucksvoller<br />
Weise die Notwendigkeit<br />
zielgerichteter Verkehrssicherheitsarbeit<br />
zur weiteren Reduktion von Fahrradunfällen.<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> des weiter<br />
steigenden Fahrradbooms, der technischen<br />
Weiterentwicklung (Pedelecs bzw.<br />
E-Bikes) <strong>und</strong> der politischen Willenserklärungen<br />
ist ein weiterer Anstieg der<br />
Nutzung des Fahrrads <strong>und</strong> somit auch<br />
der Fahrradunfälle zu erwarten. Es geht<br />
laut Juhra et al. nicht nur darum, Fahrradfahren<br />
verbal zu unterstützen, es<br />
bedarf vielmehr einer zukunftsfähigen<br />
Infrastruktur, die der zunehmenden Verkehrsdichte<br />
gerecht wird <strong>und</strong> die finanzielle<br />
Basis für zielgerichtete Präventionsaktion<br />
schafft.<br />
Ausstellungen als Präventionswerkzeug<br />
in der Kinderunfallforschung<br />
Ergänzend zum traditionellen Schwerpunkt<br />
Verkehrsunfallforschung konnte<br />
Dr. Steffi Märzheuser, Berlin, dafür gewonnen<br />
werden, über die Prävention<br />
von Kinderunfällen zu sprechen. Unfälle<br />
sind im Kindesalter die häufigste<br />
VERKEHRSSICHERHEITSDEKADE 2011 BIS 2020<br />
Informationen über die „Verkehrssicherheitsdekade 2011-2020“ (Decade of Action for Road<br />
Safety) finden Sie im Internet unter:<br />
www.who.int/roadsafety/decade_of_action/en/index.html<br />
www.decadeofaction.org<br />
Todesursache. Jedes Jahr verunglücken<br />
in Deutschland r<strong>und</strong> 1,69 Millionen<br />
Kinder, mehr als 492.000 von ihnen im<br />
Heim- <strong>und</strong> Freizeitbereich. Aufgr<strong>und</strong><br />
epidemiologischer Daten<br />
aus dem Unfallmonitoring<br />
sind die häufigsten<br />
Unfallhergänge <strong>und</strong> Diagnosen<br />
für die jeweilige<br />
Altersgruppe bekannt.<br />
Die Ergebnisse machen<br />
deutlich, dass Unfälle im<br />
Kindesalter ein alterstypisches<br />
Profil haben.<br />
Kinder, die unter sozial<br />
schwierigen Bedingungen<br />
aufwachsen, haben<br />
ein erhöhtes Unfallrisiko. Deshalb sollte<br />
sozial benachteiligten Kindern bei der<br />
Unfallprävention besondere Aufmerksamkeit<br />
gewidmet werden. Für die Effektivität<br />
von Präventionsmaßnahmen<br />
ist es daher wichtig, Zugangswege <strong>und</strong><br />
Methoden der Informationsvermittlung<br />
zu entwickeln, mit denen die betroffenen<br />
Familien erreicht, Sicherheitshinweise<br />
verstanden <strong>und</strong> sicherheitsfördernde<br />
Verhaltensweisen angenommen<br />
werden. Dies gilt in besonderem Maße<br />
für Kinder aus Familien mit Migrationshintergr<strong>und</strong>.<br />
Informationen zur Verhütung<br />
von Kinderunfällen können mittels<br />
unterschiedlicher Ansätze verbreitet<br />
werden. Dies können individuelle Aufklärungsmaßnahmen<br />
für Eltern, Kinder<br />
oder Erzieher sein. Auch öffentliche Einrichtungen<br />
wie Schulen oder Kindergärten<br />
können angesprochen werden. Gezielte<br />
Öffentlichkeitsarbeit in Richtung<br />
der Publikumsmedien können – zumindest<br />
kurzfristig – das Interesse an an<br />
sicherheitsrelevanten Themen wecken.<br />
Eine Kombination unterschiedlicher<br />
Vorgehensweisen erscheint sinnvoll.<br />
Auch das Angebot, Sicherheitsartikel<br />
günstiger zu erwerben, weckt Interesse<br />
an dem Thema. Elterninformation über<br />
bestimmte Verletzungsarten <strong>und</strong> deren<br />
Folgen führt zu einem besseren Wissensstand<br />
– ob letztlich so die Unfallzahlen<br />
reduziert werden können, ist bislang<br />
allerdings nicht erwiesen. Ausstellungen<br />
überlassen dem einzelnen Besucher<br />
die Entscheidung über Tempo, Auswahl<br />
<strong>und</strong> Vermittlungsform der Information<br />
selbst. Durch ihre Gestaltung sollen sie<br />
auch emotional ansprechen, motivieren,<br />
zum Handeln anregen.<br />
DGOU<br />
Orthopädie <strong>und</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> Mitteilungen <strong>und</strong> Nachrichten | August 2012<br />
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