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Druck - Deutscher Rat für Landespflege

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lässt am Beispiel der ehemaligen, über lange<br />

Zeit nicht zugänglichen Truppenübungsplätze<br />

anklingen, wie schwierig die Aneignung<br />

verloren gegangener Heimat sein kann, wenn<br />

nicht bestimmte Bedingungen des Begreifens<br />

(im wahrsten Sinne des Wortes),<br />

des Kennenlernens, der Information, der<br />

Wissensvermittlung und der Beteiligung an<br />

Planungen erfüllt sind. Verantwortlich für<br />

die Vermittlung von Kenntnissen über Landschaft<br />

und Heimat sind z. B. Natur- und<br />

Heimatschutzverbände, Museen, Schulen,<br />

Volkshochschulen, Biologische Stationen,<br />

Natur- und Umweltschutzakademien und<br />

Touristikunternehmen.<br />

FLITNER weist darauf hin, dass bei der<br />

Betrachtung und Erfahrung von Heimat<br />

immer zeitliche Dimensionen und Perspektiven<br />

eine Rolle spielen. So unterscheidet er<br />

eine subjektive Zeit und meint damit zunächst<br />

den Zeitbezug des Individuums mit seiner<br />

Erinnerung an die Jugend, ergänzt durch<br />

praktische und auch routinemäßige Erfahrung<br />

in der Landschaft, so dass sich<br />

Erfahrungszeit hinzugesellt.<br />

Die heimatliche Landschaft selbst ist in<br />

ihrer Grundsubstanz in systemische Eigenzeiten<br />

eingebunden. Dies sind z. B. die<br />

großen, über Millionen von Jahren abgelaufenen<br />

natürlichen erdgeschichtlichen Prozesse,<br />

die zu den geologischen und biologischen<br />

Entwicklungen und Ausprägungen<br />

von Landschaften und typischen Landschaftsformen<br />

geführt haben und die<br />

mitunter z. B. in Steinbrüchen in Form von<br />

Fossilien auch erlebbar sind. Die kulturgeschichtliche<br />

Überprägung der Landschaft<br />

ist als Zeitabschnitt im Verhältnis hierzu<br />

kurz, in subjektiv-menschlichen Denkrastern<br />

betrachtet jedoch lang, denkt man an die<br />

verschiedenen angesammelten Hinterlassenschaften<br />

aus dem Neolithikum, der Eisenzeit,<br />

der Römerzeit, dem Mittelalter, an<br />

Rodungstätigkeiten, frühe landwirtschaftliche<br />

Nutzungen und anderes mehr. Eine<br />

weitere Kategorie sind Systemzeiten, in die<br />

sich ändernde politische Rahmenbedingungen<br />

(z. B. Beitritt zur EWG, Umsetzung<br />

neuer Richtlinien oder Förderprogramme)<br />

oder auch innovative wissenschaftliche<br />

Erkenntnisse, etwa in der landwirtschaftlichen<br />

Produktion, eingeordnet<br />

werden können. Solche Systemzeiten wirken<br />

sich gravierend auf die Nutzung von<br />

Räumen und das Bild der Landschaft aus.<br />

Seit den 1970/1980er Jahren verläuft dieser<br />

Prozess immer rasanter – Stichworte Motorisierung,<br />

Höfesterben oder Ausräumung<br />

der Landschaft –, verbunden mit kulturellen<br />

und sozialen Wirkungen auf die Menschen.<br />

Ein Problem ist, dass die Rhythmen der<br />

Systemzeiten nicht aufeinander abgestimmt<br />

oder gar parallel verlaufen. Dieser Sachverhalt<br />

wird vom Natur- und Heimatschutz<br />

weitgehend ausgeklammert, nicht zuletzt<br />

deshalb, weil er traditionellen Vorstellungen<br />

von Landschaften verhaftet ist. Landschafts-<br />

und Heimatschutz möchten die<br />

ländlichen Eigenzeiten, die Differenzen in<br />

der Entwicklung, die sozial-natürlichen<br />

Rhythmen im Laufe des Jahres und der<br />

Jahrzehnte und gewollte Ungleichzeitigkeit<br />

erhalten. Auch die moderner ausgerichtete<br />

<strong>Landespflege</strong> hat sich von diesen Bildern<br />

nur teilweise gelöst.<br />

Die Umstände im 21. Jh. führen zu einem<br />

Verschwinden bisheriger unterschiedlicher<br />

Zeitvorstellungen und haben gleichsam eine<br />

„zeitlose Zeit“ der globalisierten Netzwerkgesellschaft<br />

zur Folge. Jede Handlung mit<br />

dem PC kann sofort weltweit ausgeführt<br />

werden: Die Zeit läuft erstmals weitgehend<br />

synchronisiert. Noch tragen die Menschen<br />

in aller Welt inkorporierte Eigenzeiten mit<br />

sich herum, weshalb die Identitäts- und<br />

Bindungswünsche an Heimaten hoch sind.<br />

Problematisch ist sicherlich, dass die normativen<br />

und motivationalen Grundlagen der<br />

Landschaftspflege vielfach historisierende<br />

Kompromisse sind, die möglicherweise auf<br />

Dauer nicht durchgehalten werden können.<br />

Das bedeutet für die Praxis, dass einerseits<br />

gesellschaftliche Aushandlungsprozesse<br />

über die Gewünschtheit bestimmter Zustände<br />

der Natur- und Kulturlandschaft künftig<br />

noch viel radikaler in den Vordergrund treten<br />

werden und dass andererseits das bislang<br />

historisierend Erhaltene zeitgemäße Funktionen<br />

benötigt.<br />

4 Landschaft und Heimat als<br />

Gegenstand des Rechts<br />

Heimat ist eng mit räumlichen Vorstellungen<br />

verknüpft und wird meist in diesem<br />

Sinne von Naturschutz und Landschaftspflege<br />

verwendet. Natur- oder Kulturlandschaften,<br />

historische Kulturlandschaften<br />

(Denkmallandschaften), industriell oder<br />

städtisch geprägte Landschaften können in<br />

diesem Sinn Heimat sein. Über die generelle<br />

Notwendigkeit der Erhaltung verschiedener<br />

Landschaftstypen besteht in der Gesellschaft<br />

in sehr allgemeiner und offener Form,<br />

doch ohne klare übergeordnete Leitbilder,<br />

wohl weitgehend Konsens. Dieser drückt<br />

sich in folgenden Rechtsgrundlagen aus:<br />

Nach dem Grundgesetz schützt der Staat<br />

„auch in Verantwortung für die künftigen<br />

Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen<br />

und die Tiere im Rahmen der<br />

verfassungsmäßigen Ordnung durch die<br />

Gesetzgebung“ (Grundgesetz Art. 20 a; kursive<br />

Hervorhebung durch den DRL). Normen<br />

finden sich in verschiedenen Bundesund<br />

Landesgesetzen.<br />

9<br />

Zu den Leitvorstellungen der Raumordnung<br />

(Bundes-Raumordnungsgesetz vom 15.<br />

Dezember 1997 BGBl I S. 2902) gehört u. a.<br />

der Schutz und die Entwicklung der natürlichen<br />

Lebensgrundlagen und die Stärkung<br />

der prägenden Vielfalt der Teilräume der<br />

Bundesrepublik Deutschland. In den Grundsätzen<br />

ist ferner (auf Heimat und Landschaft<br />

bezogene Auswahl; kursive Hervorhebungen<br />

durch den DRL) präzisiert, dass<br />

die Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes<br />

im besiedelten und unbesiedelten<br />

Bereich zu sichern ist und dass<br />

ausgeglichene ökologische und kulturelle<br />

Verhältnisse anzustreben sind,<br />

die großräumige und übergreifende<br />

Freiraumstruktur zu erhalten und zu entwickeln<br />

ist, wobei wirtschaftliche und<br />

soziale Nutzungen die ökologischen Funktionen<br />

der Umweltmedien gewährleisten<br />

sollen,<br />

in verdichteten Räumen Freiräume zu<br />

sichern und zu verbinden sind,<br />

Natur und Landschaft einschließlich Gewässer<br />

und Wald nach Biotopverbundgesichtspunkten<br />

zu schützen, zu pflegen<br />

und zu entwickeln sind,<br />

die Landwirtschaft als bäuerlich strukturierter,<br />

leistungsfähiger Wirtschaftszweig<br />

und die leistungsfähige, nachhaltige Forstwirtschaft<br />

dazu beitragen, die natürlichen<br />

Lebensgrundlagen zu schützen sowie<br />

Natur und Landschaft zu pflegen,<br />

die geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge<br />

sowie die regionale Zusammengehörigkeit<br />

zu wahren sind, die<br />

gewachsenen Kulturlandschaften in ihren<br />

prägenden Merkmalen sowie mit ihren<br />

Kultur- und Naturdenkmälern zu erhalten<br />

sind,<br />

Gebiete für die Erholung und für Freizeit<br />

und Sport in Natur und Landschaft zu<br />

sichern sind.<br />

Zu den Zielen des Naturschutzes und der<br />

Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz<br />

vom 3. April 2002, BGBl I Nr. 22;<br />

kursive Hervorhebungen durch den DRL)<br />

gehören nach § 1 die Sicherung<br />

der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des<br />

Naturhaushaltes,<br />

der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen<br />

Nutzungsfähigkeit der Naturgüter,<br />

der Tier- und Pflanzenwelt einschließlich<br />

deren Lebensstätten und Lebensräume und<br />

der Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie<br />

des Erholungswertes von Natur und<br />

Landschaft (kursive Hervorhebungen<br />

durch den DRL).<br />

Die Grundsätze 1 bis 11 (in § 2 (1) Bundesnaturschutzgesetz)<br />

geben detaillierte Angaben<br />

dazu, wie Boden, Wasser, Luft/Klima,<br />

Vegetation und Tierwelt zu behandeln sind.<br />

Das Thema Landschaft und Heimat berüh-

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