Druck - Deutscher Rat für Landespflege
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von konkurrenzkräftigen Gebüsch- und<br />
Waldarten verdrängt.<br />
Die Auswertung des Katasterbuches der<br />
Gemeinde Premosello Chiovenda aus dem<br />
Jahr 1867 (Catasto Rabbini 1867), verbunden<br />
mit eingehenden Literaturstudien, sowie<br />
die Kartierung zahlreicher Landschaftselemente<br />
haben belegt, dass die Umgebung<br />
Colloros über Jahrhunderte hinweg intensiv<br />
landwirtschaftlich genutzt wurde<br />
(BURKART 1999). Die Produktion war<br />
dabei in erster Linie auf die Selbstversorgung<br />
der Bevölkerung ausgerichtet. Eine<br />
für heutige Verhältnisse außerordentliche<br />
Vielfalt an landwirtschaftlichen Kulturen<br />
wie Wiesen, Weiden, Äcker, Weinberge,<br />
Wälder, Kastanien-, Obst- und Maulbeerhaine<br />
brachte eine lebendige und abwechslungsreiche<br />
Landschaft hervor, wie<br />
sie für den gesamten Südalpenraum charakteristisch<br />
war.<br />
Auf Grund des steilen Geländes wurden<br />
bereits im Mittelalter Terrassen angelegt,<br />
auf denen Acker- und Weinbau betrieben<br />
wurde (CHIOVINI 1992, RIZZI 1993). Die<br />
Äcker lieferten in erster Linie Roggen, Buchweizen,<br />
Hirse und Hanf, teilweise wurden<br />
auch Hafer, Weizen und seltener Gerste<br />
angebaut. Im Weinbau war eine Nutzung<br />
der Flächen in zwei Stockwerken üblich.<br />
Unter den Reben wurde entweder Ackerbau<br />
betrieben – in der Regel mit Roggen oder<br />
Hackfrüchten – oder eine regelmäßig gemähte<br />
Wiese lieferte zusätzliches Heu. Nicht<br />
terrassierte Flächen wurden als Wald bezie-<br />
hungsweise als Wiesen- und Weideflächen<br />
genutzt (MORTAROTTI 1985).<br />
Wie vielfach bekannt, spielte die Esskastanie<br />
(Castanea sativa) in früheren Zeiten<br />
eine herausragende Rolle als „Brotbaum“<br />
der alpinen Bevölkerung (MORTAROTTI<br />
1985, CONEDERA 1996). In ausgedehnten<br />
Kastanienfruchthainen, den Selven, wurden<br />
Esskastanien produziert. Zudem wurde<br />
das Kastanienholz aus Mittel- und Niederwäldern<br />
als Rundholz für den Bau von Häusern<br />
und Ställen, als Werkholz zur Fertigung<br />
von Geräten oder als Pfahl- und Brennholz<br />
verwendet (MERZ 1919, CONEDERA<br />
1996). Alle einigermaßen ebenen Bereiche,<br />
die nicht als Acker- oder Rebflächen dienten,<br />
waren Wiesen für die Futtergewinnung<br />
(MORTAROTTI 1985, RAGOZZA 1994).<br />
Das so entstandene Nutzungssystem unterlag<br />
im Laufe der Zeit immer wieder Veränderungen,<br />
etwa durch die Einführung neuer<br />
Kulturpflanzen wie der Kartoffel und des<br />
Mais oder durch die Verbesserung der Verkehrswege<br />
und damit einhergehenden Importen<br />
anderer Produkte. Einen enormen<br />
Einbruch brachte die Industrialisierung mit<br />
sich, welche eine Migrationsbewegung auslöste<br />
und den Großteil der Arbeitskräfte aus<br />
der Landwirtschaft abzog. Die Traditionen<br />
des bäuerlichen Lebens gingen so mehr und<br />
mehr verloren. Zahlreiche Flächen wurden<br />
aufgegeben. Viele aufwendige Kulturarten<br />
wie die Kastanie wurden nicht mehr gepflegt.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg verschärfte<br />
sich diese Tendenz und führte dazu,<br />
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dass die Landwirtschaft fast vollständig zum<br />
Erliegen kam.<br />
Ein Vergleich der Flächennutzung von 1867<br />
und 1999 bringt diese Entwicklung deutlich<br />
zum Ausdruck (Abb. 3, Abb. 4 u. Abb. 5).<br />
In einem repräsentativen Ausschnitt der<br />
Umgebung Colloros, der in den Karten (Abb.<br />
3, Abb. 4) grafisch hervorgehoben ist, lag<br />
im Jahr 1867 der Anteil offener bewirtschafteter<br />
Flächen wie Wiesen, Weiden,<br />
Gärten, Felder und Weinberge bei 57,5 %.<br />
37 % des Ausschnitts waren von Wald bedeckt.<br />
Die Siedlungsfläche betrug 4 % und<br />
1,5 % entfielen auf Felsen und Gewässer.<br />
Im Gegensatz dazu nahm im Jahr 1999 der<br />
Wald 78 % der Ausschnittsfläche ein. Heute<br />
bestimmen durchgewachsene Kastanienselven-<br />
und Stockausschlagswälder<br />
sowie Mischwälder aus Esskastanie,<br />
Traubeneiche (Quercus petraea), Esche<br />
(Fraxinus excelsior) und Robinie (Robinia<br />
pseudoacacia) das Bild. 4 % setzen sich aus<br />
einem Strukturmosaik junger Brachflächen<br />
zusammen, das aus noch teilweise genutzten<br />
Parzellen (Rebterrassen, Obst- und Gemüsegärten)<br />
und Gebüschen mit dominierendem<br />
Besenginster (Sarothamnus<br />
scoparius), Adlerfarn (Pteridium aquilinum)<br />
und Brombeere (Rubus fruticosus agg.) besteht.<br />
Grasreiche Besenheidebestände und<br />
Schutthalden sind mit insgesamt 8,5 % vertreten.<br />
Gut 90 % der Flächen sind sich<br />
inzwischen selbst überlassen oder werden<br />
sehr extensiv bewirtschaftet (gelegentlicher<br />
Holzeinschlag, „wilde“ Ziegenweide).<br />
1867<br />
Abb. 3: Landnutzung in der Umgebung Colloros im Jahr 1867 (BURKART 1999).