Druck - Deutscher Rat für Landespflege
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83<br />
Kulturpflanzen vom Obst und Gemüse bis<br />
hin zum Getreide gerichtet (Abb. 8). Das<br />
Getier eines Bauernhofes, der Hahn auf dem<br />
Mist, die Attraktion des Brotbackens, der<br />
Geruch warmen Brotes – aus Getreide gebacken,<br />
das man selbst geerntet und spielerisch<br />
gedroschen hat – das bringt tiefes<br />
Erleben. Volksfeste mit Obsternte und –<br />
verkauf, mit Apfelbäckerei, Saftpressen,<br />
Tanzboden-Musik und Geschichtenlesung<br />
können Exempel sein für spielerische In-<br />
Wert-Setzung von Kulturlandschaft (s. Gemeinde<br />
Bad Feilnbach am Wendelstein).<br />
Meisterliche Beispiele liefert u. a. die Salzburger<br />
Biobauernschaft mit ihrem gut frequentierten<br />
Bauernherbst.<br />
Referenten, ortskundige Fachleute und Praktiker<br />
aus Naturschutz, Land- und Forstwirtschaft,<br />
Denkmalpflege sowie Fremdenverkehr,<br />
wirken bei der Durchführung der Lehrgänge<br />
mit und sollen möglichst aus der<br />
Region kommen. Sie können in der Zeit<br />
nach der Ausbildung, wenn sich die Naturund<br />
Landschaftsführer in der Praxis zu bewähren<br />
haben, als lokal-regionale Informationsquellen<br />
„angezapft“ werden. In den<br />
meist mehrwöchigen Pausen zwischen den<br />
einzelnen Lehrgangsabschnitten werden<br />
spezielle Themen – je nach Neigungsgruppe<br />
– von den Teilnehmern in Arbeitsgruppen<br />
weiter vertieft. Durch das Hausarbeitsprojekt<br />
setzt jeder Teilnehmer das Gelernte in die<br />
Planung und Konzeption einer eigenen Führung<br />
um. Am Abschluss der Ausbildung<br />
steht eine Prüfung mit schriftlichem und<br />
mündlichem Teil.<br />
Abb. 8 „Getreide ist Ursprung“: Wieder wissen lernen, woher was kommt. Das Ursprüngliche<br />
unserer Nahrung entdecken lernen fördert Beziehungsreichtum und Wertschätzung der<br />
Kulturlandschaft – auch für jene, die sie als Landwirte bebauen und gar als Natur- und<br />
Landschaftsführer gekonnt offerieren (Foto: J. Heringer).<br />
Natur- und Landschaftsführungen – was<br />
bringen sie?<br />
Touristiker drängen zunehmend auf „nature<br />
events“, denn Gäste wissen immer weniger<br />
mit Natur anzufangen – gleichwohl die<br />
Erlebnissehnsucht wächst. Weil ihnen zu<br />
wenig gute Angebote gemacht werden, kommen<br />
sie auf krampfhafte Gedanken wie<br />
„Wild-West-Camps“ im Bayerischen Wald<br />
und auf „Wikinger-Unternehmen“ auf der<br />
Donau (Abb. 9). Nicht „Abenteuer von der<br />
Stange“, sondern „maßgeschneiderte Angebote“<br />
nach Maßgabe kulturlandschaftlicher<br />
Eigenart, inszeniert von jenen, die sie<br />
authentisch verkörpern – echte Alleinstellungsmerkmale<br />
sind gefragt. Auch<br />
Bildungseinrichtungen suchen ihre Angebote<br />
naturhafter zu gestalten. Allenthalben<br />
ist eine Rückbesinnung auf die Natur im<br />
Gange, ungeachtet auch gegenteiliger Strömungen.<br />
Natur- und Landschaftsführer verstehen<br />
sich deshalb in erster Linie als „Botschafter,<br />
Animateure und Spielleiter“ für<br />
neue Formen der Naturbegegnung, die Schülern<br />
wie Erwachsenen, Gästen wie Einheimischen,<br />
gelegentlich auch Prominenten,<br />
„erlebnishaft“ Eigenart, Schönheit und Wert<br />
der Landschaft und Lust am Leben vermitteln<br />
(Abb. 10). In diesem Zusammenhang<br />
ist es von Belang zu wissen, dass „Lust“<br />
sprachgeschichtlich von „Laub“ kommt, und<br />
für solches sind Natur- und Landschaftsführer<br />
grundsätzlich zuständig.<br />
Ihre Führungen und Aktionen können und<br />
sollen ein wichtiger Beitrag zu Erhaltung<br />
und Pflege von Natur und Kultur sein. Natur-<br />
und Landschaftsführungen sind Teil<br />
einer breitangelegten Umwelt-, besser<br />
Mitweltbildung und eines „landschaftspfleglichen“<br />
Tourismus. Es gilt, die Sehnsucht<br />
nach „wellness“ mit neuen Beziehungsqualitäten<br />
zur eigenen wie umgebenden<br />
Natur anzureichern. Aus dem „Wander-<br />
Flirt“ mit Käfern und Schlüsselblumen, dem<br />
Entbuschen des Wiesenhangs soll ein<br />
Schlüsselerlebnis mit Einstellungsänderung<br />
werden. Dergestalt kann auch für das Anliegen<br />
der Landschaftspflege insgesamt, einer<br />
Abb. 9 „Wikinger-Tour“: Was haben „Wikinger-<br />
Activities“ auf der Donau zu suchen? Wenn<br />
schon Geschichte inszeniert werden soll, dann<br />
so, wie es passt. Die Nibelungenzüge, vor allem<br />
aber die Ochsen-Trails die Donau aufwärts (mit<br />
angemessenem Weide-Aufenthalt) von Ungarn<br />
bis ins Rheinland wären bessere Historismen in<br />
den großen Stromtälern (Quelle: Oberösterreichischer<br />
Tourismus Verband).<br />
noch zu wenig im öffentlichen Bewusstsein<br />
existenten Dienstleistung der bäuerlichen<br />
Landwirtschaft, geworben werden, ohne die<br />
viele Teile einer liebenswerten Landschaft<br />
verschwinden würden.<br />
Schließlich nutzt die Ausbildung auch den<br />
Natur- und Landschaftsführern selbst. Sie<br />
lernen Heimat mit anderen Augen sehen,<br />
Bauern und Bäuerinnen fühlen sich aufgewertet,<br />
finden neue oder zusätzliche Freude<br />
an ihrem Beruf (Abb. 11). Zudem erschließen<br />
sich neue Erwerbschancen: als freiberufliche<br />
Landschaftsführer, im Zuerwerb für<br />
Berufe mit speziellem Natur- und Kulturbezug,<br />
als kreative Agrotouristiker – die das<br />
Abb. 10 „Prominente Bläser“: Im Bild versuchen<br />
sich der bayerische Ministerpräsident Edmund<br />
Stoiber sowie Umweltminister Werner<br />
Schnappauf – vorläufig noch prüfend – als<br />
Rindenhorn-Bläser. „Völker, hört ihr die Natur-<br />
Signale...?“ (Foto: H. Gabriel).