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Druck - Deutscher Rat für Landespflege

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fiehlt der Deutsche <strong>Rat</strong> für <strong>Landespflege</strong><br />

Folgendes:<br />

Die Beschäftigung mit Landschaft und<br />

Heimat beruht sowohl auf emotionalen<br />

und ideellen Hintergründen als auch auf<br />

erlerntem Wissen. Die Vermittlung dieses<br />

Wissens muss wesentlicher Bestandteil<br />

der Bildung sein, wie es auch die UN-<br />

Weltdekade „Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung“ 9 fordert. Kindergarten, Vorschule,<br />

Schule und weiterführende<br />

Bildungseinrichtungen, auch für Erwachsene,<br />

sind hier angesprochen. Dabei<br />

kommt es eher auf grundlegende praktische<br />

Erfahrungen und Kenntnisse an, als<br />

auf Spezialwissen. Es wird nicht verkannt,<br />

dass es zahlreiche gute Beispiele für die<br />

Vermittlung von natur- und heimatkundlichem<br />

Wissen verschiedenster Institutionen<br />

in den Bundesländern gibt,<br />

dies wird aber nicht flächendeckend praktiziert.<br />

Zertifizierte Naturschutz- und<br />

Landschaftsführer spielen ebenfalls eine<br />

wichtige Rolle in der Heranführung von<br />

Kindern und Erwachsenen an Natur und<br />

Landschaft.<br />

Kenntnisse über die Genese von Kultur-/<br />

Heimatlandschaften und zeitgenössischen<br />

Normen helfen, das aktuelle Tun besser<br />

einschätzen zu können. Dazu gehört auch,<br />

den aktuellen Zeitgeist und dessen normativen<br />

Charakter zu analysieren. Nur<br />

solche Kenntnisse ermöglichen es, sich<br />

aktiv in Planungsprozesse einbringen und<br />

Argumente vertreten zu können. Bürgerschaftliches<br />

Engagement ist für viele<br />

Planungsverfahren im Rahmen der<br />

Öffentlichkeitsbeteiligung, bei der<br />

Erarbeitung von Lokalen Agenden oder<br />

an runden Tischen gefragt.<br />

Es gibt einen gesellschaftlichen Konsens<br />

zur Erhaltung der Kulturlandschaft und<br />

damit von Heimatlandschaft; allerdings<br />

nicht bezogen auf Details, sondern<br />

allenfalls auf grobe Strukturen, z. B. auch<br />

Wald-Offenland-Verhältnis, Denkmale<br />

i. w. S. und kollektive Erinnerungsstücke,<br />

und auch nicht bezogen auf Raum-Zeit-<br />

Prozesse. Der Status quo ist noch immer<br />

der Zustand, der von vielen Menschen als<br />

der erhaltenswerte angesehen wird, aber<br />

wegen der Dynamik von Natur und Kultur<br />

prinzipiell nicht erhalten werden kann. Es<br />

muss eine offene und öffentliche Diskussion<br />

über die weitere Entwicklung der<br />

Kulturlandschaften geführt werden. Diese<br />

zu initiieren ist auch Aufgabe der Natur-<br />

und Heimatschutzvereine. Hierbei<br />

sollte Konsens zumindest über Leitbilder<br />

für die regionale und lokale Ebene hergestellt<br />

werden. Heimatlandschaft bekommt<br />

ihren Gehalt durch jedes spezifische Handeln<br />

vor einem naturgegebenen und geschichtlichen<br />

Hintergrund. Wichtig ist,<br />

dass auch durch die Rahmenbedingungen<br />

sich ändernde Voraussetzungen mitberücksichtigt<br />

werden. Landschaftsveränderungen<br />

müssen zu einem gewissen<br />

Grad akzeptiert werden, doch hierüber<br />

sollte Übereinstimmung bestehen.<br />

Vereine und Verbände (Heimatschutz und<br />

-pflege, Wandervereine, Naturschutz und<br />

Landschaftspflege, Denkmalpflege) sind<br />

eminent wichtige und unverzichtbare<br />

Akteure auf dem Feld der Pflege und der<br />

Entwicklung der Kultur- und Heimatlandschaft.<br />

Sie engagieren sich in der Erhebung,<br />

Beschreibung und Pflege von Kulturdenkmalen,<br />

in der Kartierung von Daten<br />

über Tier- und Pflanzenarten und deren<br />

Lebensräume, bei kulturellen Bildungsangeboten,<br />

in der Umwelt- und<br />

Kulturlandschaftsbildung, im Flächenankauf,<br />

bei konkreten Aktionen (Landschaftspflege),<br />

fördern Naturerleben,<br />

machen wirksame Öffentlichkeitsarbeit<br />

und betreiben Lobbyarbeit. Für ihre Arbeit,<br />

die zum Teil staatliche Aufgaben<br />

abdeckt, benötigen sie auch künftig politische<br />

Anerkennung und finanzielle Unterstützung.<br />

Die für die Erhaltung von Kulturlandschaften<br />

und ihren Bestandteilen zuständigen<br />

Behörden im Bereich von Naturschutz,<br />

Denkmalpflege, aber auch von<br />

Landnutzungen, müssen personell und<br />

finanziell in den Stand gesetzt werden,<br />

ihre Aufgaben qualifiziert wahrnehmen<br />

zu können. Der aktuell in vielen Ländern<br />

zu beobachtende Personalabbau und die<br />

finanziellen Einsparungen wirken kontraproduktiv.<br />

Ressortübergreifende Zusammenarbeit<br />

bei den Aktivitäten zur<br />

Kulturlandschaftspflege (Naturschutz,<br />

Denkmalpflege, Land-, Forst- und Wasserwirtschaft,<br />

Flurbereinigung) ist notwendig,<br />

auch um Doppelarbeit zu vermeiden.<br />

Die Fördervorgaben der EU, des Bundes<br />

und der Länder gehen in die richtige Richtung,<br />

wenn nunmehr verstärkt kulturlandschaftliche<br />

Leistungen der Landwirtschaft<br />

gefördert werden können. Die Mittel<br />

müssen langfristig zur Verfügung gestellt<br />

werden. Auch für die Beurteilung<br />

der Leistungen der Landwirtschaft sind<br />

umfassende Kenntnisse über den Charakter<br />

und die Entstehung von Kulturlandschaften<br />

notwendig.<br />

Da Kulturlandschaften die wesentlichen<br />

Kulissen für zahlreiche Erholungs- und<br />

Freizeitaktivitäten bilden, sollte auch hier<br />

überlegt werden, die grundsätzliche<br />

Zahlungsbereitschaft von Touristen für<br />

bestimmte pflegerische Leistungen zu<br />

nutzen (z. B. Einführung eines „Kulturlandschafts-Cent“,<br />

ähnlich der Kurtaxe).<br />

13<br />

Notwendig ist die stärkere Einbeziehung<br />

der Konsumenten- bzw. Verbraucherebene<br />

in die Diskussion um Kulturlandschaft;<br />

die Beziehung zwischen landschaftlicher<br />

Qualität und Produktqualität<br />

muss bewusst vermarktet werden.<br />

Neben Natur- und Heimatvereinen engagieren<br />

sich auch einzelne Bürger für die<br />

Erhaltung von Elementen der Kulturlandschaft.<br />

Um solches Bürgerengagement zu<br />

fördern, sollten nicht-materielle Anreize<br />

(Anerkennung, Lob, Übertragung von<br />

Verantwortung) auf kommunaler Ebene<br />

gefördert werden.<br />

Es ist ein Dilemma, dass wichtige Bestandteile<br />

der Heimatlandschaft Dinge<br />

oder Formen sind, die ihre Funktionalität<br />

verloren haben („Kulturlandschaft als<br />

Schrotthaufen der Geschichte“). Es muss<br />

daher versucht werden, für einige alte<br />

Formen nach neuen Funktionen Ausschau<br />

zu halten.<br />

Es muss vermieden werden, Heimat/<br />

Heimatlandschaft ausschließlich mit einem<br />

altmodischen Zustand von Landschaft<br />

zu assoziieren. Landschaft ist dynamisch.<br />

Landschaft kann durch Nutzung<br />

und Gestaltung heimatlichen Wert hinzugewinnen.<br />

Die Nutzbarkeit von Landschaft bestimmt<br />

ihren Gehalt und Stellenwert als Heimatlandschaft.<br />

Nutzbarkeit und Nutzung sind<br />

immer auch Gestaltung. Heimatlandschaft<br />

beinhaltet kollektive Erinnerungen und<br />

Marken, Markierungen. Wenn diese Erinnerungen<br />

abreißen, beispielsweise auf<br />

Grund von Verbuschung, „Verwilderung“,<br />

verliert Landschaft Geschichtlichkeit<br />

und damit ihren Heimatwert.<br />

Eine funktionierende Kulturlandschaft<br />

bietet Gelegenheit für den spielerischen<br />

Umgang mit Natur, macht Lust und verschafft<br />

Erholungsmöglichkeiten, ist weicher<br />

Standortfaktor, besitzt einen hohen<br />

touristischen Wert. Kulturlandschaft benötigt<br />

ein Eingreifen, um erhalten werden<br />

zu können, verträgt mitunter auch Grobheiten.<br />

Heimat ist fremdenfreundlich.<br />

Kulturlandschaft/Heimatlandschaft ist in<br />

peripheren Räumen und/oder standörtlich<br />

benachteiligten Gebieten am stärksten gefährdet,<br />

weil die nutzende und gestaltende<br />

Hand zunehmend fehlt. Dieser Prozess<br />

muss öffentlich diskutiert werden. Die<br />

Politik alleine ist nicht in der Lage, Entscheidungen<br />

herbeizuführen und Handwerkszeug<br />

und Anreize zur Verfügung zu<br />

stellen. Hier ist die Bürgergesellschaft<br />

gefordert.<br />

9 Die UN-Dekade hat 2005 begonnen.

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