Druck - Deutscher Rat für Landespflege
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infolge der mangelnden Zusammenarbeit<br />
schlechte, oder infolge einer zufriedenstellenden<br />
Zusammenarbeit gelungene Beispiele<br />
aufgeboten.<br />
Eine objektive Notwendigkeit der vorgetragenen<br />
Kritik in der Anfangszeit der Ausgestaltung<br />
des neuen technischen Systems<br />
bestand auf jeden Fall! Den Heimatschützern<br />
gebührt das Verdienst, die Techniker<br />
und Wirtschaftsvertreter davon in Kenntnis<br />
gesetzt zu haben, dass die Landschaft überziehende<br />
technische Systeme möglichst auch<br />
landschaftskonform oder zumindest landschaftsverträglich<br />
gestaltet werden sollten.<br />
Verdrahtung oder Verkabelung? –<br />
Propaganda im „Dritten Reich“<br />
Zunächst finden wir auch unter der Herrschaft<br />
des Nationalsozialismus die Fortschreibung<br />
der heimatschützerischen Anliegen,<br />
wobei zunehmend die Erfahrungen<br />
mit dem Ausbau der großen Versorgungsnetze<br />
ihren Niederschlag finden. Prof. Dr.<br />
Hans SCHWENKEL, Landesbeauftragter<br />
für Naturschutz in Württemberg, behandelt<br />
in seinen 1938 erschienenen „Grundzügen<br />
der Landschaftspflege“ in einem eigenen<br />
Kapitel die „Drahtleitungen“. Hier wird die<br />
Kontinuität besonders deutlich, da in diesem<br />
Kapitel eine mehr oder weniger bearbeitete<br />
Version seines Aufsatzes „Die<br />
Verdrahtung unserer Landschaft“ von 1927<br />
vorliegt, wobei der Aufsatz seinerzeit noch<br />
mit dem typisch heimatschützerischen Bildmaterial<br />
„gutes Beispiel – schlechtes Beispiel“<br />
ausgestattet war.<br />
SCHWENKEL (1938, S. 152) vertritt die<br />
These, dass es kaum ein menschliches Bauwerk<br />
gebe, das von Haus aus und seinem<br />
Wesen nach so landschaftsfremd sei wie die<br />
elektrische Leitung: „Hier gibt es schlechterdings<br />
keine Möglichkeit der Verbindung<br />
mit der Landschaft.“ Es sei ein Irrweg des<br />
Heimatschutzes gewesen, durch Berankung<br />
oder Anstrich der Masten, mit zusätzlichen<br />
Stilelementen etc. den technischen Charakter<br />
zu verleugnen: „Es ist aber zu bedenken,<br />
daß diese Vorschläge aus der <strong>Rat</strong>losigkeit<br />
gegenüber diesen völlig landschaftsfeindlichen<br />
Gebilden, die über Berg und<br />
Tal, Feld und Wald, Wege und Bäche geradlinig<br />
hinwegschreiten und sich nicht einmal,<br />
wie die Telegraphenleitungen an Straßen<br />
halten, entsprungen sind, daß die Leitungen<br />
in offener Landschaft ein völlig ungewohntes<br />
Bild darboten, und daß die Einsicht in<br />
die physikalisch-technischen Notwendigkeiten<br />
der Fernleitungen auch weithin fehlte.<br />
Heute ist auch dem Heimatschutz klar, daß<br />
man der Technik kein ihr fremdes Gesetz<br />
der Gestaltung aufzwingen kann, daß diese<br />
landschaftsfremden Gebilde eben ertragen<br />
werden müssen, daß man an sie keine weiteren<br />
Forderungen stellen kann als die einer<br />
möglichst vollkommenen und ausgeglichenen<br />
technischen Lösung und Gestaltung der<br />
Stützen, Isolatoren, Querträger usw., der<br />
Wahl des jeweils besten Mastbildes, der<br />
unauffälligen Farbgebung und der Rücksichtnahme<br />
auf das Landschaftsbild bei der<br />
Führung der Leitung selbst.“ (ebd.).<br />
SCHWENKEL (1938, S. 155 ff.) gibt im<br />
Folgenden vor allem technische Hinweise<br />
und auch technische Begründungen von<br />
Notwendigkeiten der Leitungsführung etc.<br />
Er plädiert dann für Verkabelung in besonderen<br />
Fällen, weist aber auch auf die hohen<br />
Kosten der Verkabelung hin. Abschließend<br />
stellt er sechs Grundsätze für die praktische<br />
Arbeit auf, die wir auch schon 1927 finden.<br />
Da diese mehr oder weniger die Quintessenz<br />
der heimatschützerischen Diskussion<br />
seit Beginn der Auseinandersetzung mit der<br />
„Verdrahtung der Landschaft“ darstellen,<br />
sollen sie hier zusammenfassend referiert<br />
werden:<br />
1. Nur Schwachstrom- und Niederspannungsleitungen<br />
sind schmiegsam und<br />
können sich an die Linien der Landschaft<br />
anpassen.<br />
2. Bäume an der Straße sind schonend zu<br />
behandeln, Naturschutzgebiete etc. sollen<br />
unangetastet bleiben.<br />
3. Überlandleitungen müssen an der Geraden<br />
festhalten, in der flachen Landschaft<br />
ist die Gerade am schönsten – Naturschönheiten<br />
sollten umgangen werden.<br />
4. „Masten, Tragarme, Isolatoren und Umspannhäuschen<br />
sollen aus dem Zwecke<br />
heraus, dem sie dienen, gut und unauffällig<br />
gestaltet sein. Jeder unnötige Zierat,<br />
jede falsche Romantik ist zu vermeiden,<br />
ebenso aber jedes Flickwerk und jedes<br />
technische Stümpertum. Technische Vollendung<br />
und Schönheit decken sich meist.“<br />
(ebd., S. 157 f.).<br />
5. „Die Platzwahl für Masten ist wichtig, die<br />
der Umformer für die Gesamtentwicklung<br />
elektrischer Anlagen in einem Gebiet jedoch<br />
entscheidend.“ Auch Baustoff, Farbe<br />
und Gestalt sollen der Umgebung entsprechen,<br />
„jedoch nicht in romantischem<br />
Sinn. Friedhöfe, Feldkreuze, Baudenkmale,<br />
Brunnen und schöne Plätze im Ortsbild<br />
sind von der Nachbarschaft mit Masten<br />
und Umformertürmen zu verschonen.<br />
Auch am Wasser wirken Drahtleitungen<br />
und Masten meistens schlecht, schon weil<br />
sie Bäume verdrängen.“ (ebd., S. 158).<br />
6. Das Stadt- und Dorfbild soll im Inneren<br />
sowie auch in der landschaftlichen<br />
Gesamterscheinung geschont oder in der<br />
alten Schönheit wiederhergestellt werden.<br />
Masten stören im Ortsbild mehr als Dachständer,<br />
wenn letztere geschickt angebracht<br />
sind. Doch stören diese im<br />
Siedlungsbild, wenn sie auf dem First<br />
stehen und die Drähte wie ein Netz über<br />
den Häusern schweben. Sie sollten<br />
möglichst niedrig am Dach stehen und die<br />
Leitung unter dem Dachfirst geführt werden,<br />
so dass sie im Dorf nur von Haus zu<br />
Haus sichtbar ist. „Am besten ist die völlige<br />
Verkabelung.“ (ebd., S. 158).<br />
Die relative Sachlichkeit dieser Darstellungen<br />
darf nicht darüber hinweg täuschen,<br />
dass auch Hans Schwenkel zu den Ideologen<br />
des „Dritten Reiches“ gehörte, wenngleich<br />
seine „Grundzüge der Landschaftspflege“<br />
einen weitaus sachlicheren Charakter<br />
tragen als beispielsweise die „<strong>Landespflege</strong>“<br />
von Erhard Mäding oder gar die<br />
„Landschaftsfibel“ von Heinrich Friedrich<br />
Wiepking-Jürgensmann.<br />
Zur Diskussion über Kontinuitäten zwischen<br />
Heimat- und Naturschutz vom Kaiserreich<br />
bis in die Bundesrepublik Deutschland liegen<br />
seit langer Zeit Arbeiten von GRÖNING<br />
& WOLSCHKE-BULMAHN (zuletzt 2003)<br />
vor, sowie aus jüngster Zeit diverse zusammenfassende<br />
Tagungsbände (z. B. RAD-<br />
KAU & UEKÖTTER 2003), so dass diese<br />
Diskussion hier nicht geführt werden muss.<br />
Die Heimatschützer verfielen zum Teil der<br />
Ideologie des Nationalsozialismus, breite<br />
Kreise wandten sich aber nach der Erkenntnis,<br />
dass das Reichsnaturschutzgesetz von<br />
1935 im Großen und Ganzen keine praktischen<br />
Konsequenzen nach sich zog, auch<br />
von diesem ab. Wie sehr Bestimmungen des<br />
Reichsnaturschutzgesetzes von Anfang an<br />
durch die auf Autarkiewirtschaft und Krieg<br />
ausgerichtete Struktur des Nationalsozialismus<br />
konterkariert waren, konnte man selbst<br />
bei den Propagatoren der „völkischen Landschaft“<br />
nachlesen: „Noch viel umfassender<br />
sind die Maßnahmen zur Sicherstellung<br />
unserer Ernährung aus eigener Scholle. Es<br />
werden Fluren umgelegt, Bäche geregelt,<br />
Wiesen und Äcker entwässert, Wege gebaut,<br />
Hecken und Feldgehölze umgehauen,<br />
Moore und andere sogenannte Ödländer<br />
kultiviert, Seen und Sümpfe trockengelegt,<br />
Schafweiden gesäubert, Bäume geschlagen<br />
und Wälder gerodet. Es ist eine Forderung<br />
des Reichsnaturschutzgesetzes, daß der ,Naturschutz‘<br />
und die ,Landschaftspflege‘ schon<br />
zu Beginn aller solcher Planungen herangezogen<br />
werden.“ (SCHWENKEL 1938, S.<br />
19.)<br />
Besser als dieses Zitat hätte auch Satire den<br />
illusorischen Charakter des Reichsnaturschutzgesetzes<br />
kaum ausdrücken können!<br />
Allgemein tendiert die aktuelle Forschung<br />
zur Auffassung, dass Vierjahrespläne<br />
und Kriegswirtschaft ein flächenwirksames<br />
Greifen der neuen Gesetze und<br />
Verordnungen verhinderten: „Fragt man<br />
nach der tatsächlichen Durchsetzung des