Druck - Deutscher Rat für Landespflege
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Windkraftanlagen, hat die Gemeinde Einflussmöglichkeiten!<br />
Sie hat, wie mich einmal<br />
ein schweizerischer Gemeindeamtmann zu<br />
Beginn meiner Amtszeit aufklärte, „viel stille<br />
Macht“. Vieles läuft über den Grundstücksmarkt,<br />
sehr viel über das, was ich salopp als<br />
„kommunalen Tauschhandel“ bezeichnen<br />
möchte. Mit einiger Phantasie können z. B.<br />
markante Solitärbäume, wirtschaftsbedingte<br />
Geländeformen, Weiherdämme, Hohlwege<br />
und vielerlei technische und religiöse Kleindenkmale<br />
gerettet werden. Ein schlagkräftiger<br />
Gemeindebauhof ist bei diesem Tauschhandel,<br />
trotz moderner gemeindlicher Kostenrechnung,<br />
immer noch Gold wert – und<br />
dazu ein Heimatpfleger, der weiß, was vor<br />
Ort läuft!<br />
Der Mut zu örtlichen Satzungen, etwa Nichtaufforstungssatzungen,<br />
vor allem auch zu<br />
Negativbebauungsplänen, nützlich zur Erhaltung<br />
und zum Schutz geschichtlich gewachsener<br />
Freizonen, z. B. im Bereich von<br />
Dorfkirchen, Schlössern, Stadtmauerringen<br />
oder Flussauen, wäre manchmal hilfreich.<br />
Schon die Diskussion über solche Satzungen<br />
würde manchen Anstoß zum Nachdenken<br />
geben und den Entscheidungsträgern<br />
Problembewusstsein – oder doch wenigstens<br />
ein schlechtes Gewissen verschaffen. Voraussetzung<br />
für die Werterhaltung der Kulturlandschaft<br />
ist nämlich vor allem, dass die<br />
Verantwortlichen, die, die Macht haben zu<br />
steuern, zu bewahren oder zu zerstören,<br />
Bescheid wissen über die Auswirkung ihres<br />
Handelns. Der gutwilligste Gemeinderat,<br />
die bestgesonnenen Bürger-, Stadt- und<br />
Ortsbaumeister richten Schaden an, wenn<br />
sie ökologische, geologische, kultur- und<br />
zivilisationsgeschichtliche Zusammenhänge<br />
einfach nicht kennen. Und woher sollten<br />
sie auch?<br />
Hier hilft nur geduldige Basisarbeit, die<br />
zum einen darin besteht, den Entscheidungsträgern,<br />
den „Machthabern“ – Bürgermeistern,<br />
Gemeinderäten, Behördenchefs usw. –<br />
Erkenntnisse zu vermitteln und bei ihnen<br />
Verantwortungsgefühl zu wecken, zum anderen<br />
darin, eine möglichst breite Öffentlichkeit<br />
mit den vermittelbaren Werten der<br />
Kulturlandschaft vertraut zu machen und<br />
auf diese Weise Verbündete zu gewinnen.<br />
Folgerichtig haben wir unser Kulturlandschaftsprogramm<br />
in zwei Bereiche eingeteilt:<br />
Erstens die eigentliche Erstellung<br />
des Kulturlandschaftskatasters und zweitens<br />
die begleitende Aktion „Themenwege“, mit<br />
der wir öffentliches Interesse gewinnen und<br />
unseren Mitgliedsgemeinden ein sofort verwendbares<br />
Gebrauchsgut anbieten wollen –<br />
so eine Art „Dankeschön“, aber auch eine<br />
Motivation für skeptische Gemeinderäte,<br />
unsere Arbeit auch finanziell weiter zu unterstützen.<br />
Wir wollen damit schon im Vorfeld<br />
unseres eher langwierigen Projekts<br />
„Kulturlandschaftskataster“ ein bisschen der<br />
ewigen Frage: „Was bringt es?“ begegnen.<br />
Wir haben für die Startphase unseres<br />
Kulturlandschaftsprojekts (Kosten ca.<br />
70.000 Euro) Förderung beantragt aus EU-<br />
Mitteln, über das Interreg IIIb-Projekt Dynalp<br />
– offizieller Titel „Inwertsetzung von<br />
Kultur- und Landschaft für Marketing und<br />
Tourismus im Alpenraum“. Wir haben uns<br />
von diesem Titel nicht abschrecken lassen<br />
und haben inzwischen einen Co-Partnervertrag<br />
abgeschlossen, der schwer verständlich<br />
ist. Der Co-Finanzierungssatz aus EU-<br />
Mitteln beträgt 42,29 %, der Rest ist „nationale<br />
Kofinanzierung“ – also Aufgabe unserer<br />
Arbeitsgemeinschaft, die wiederum<br />
von „Plenum“ und Landkreis unterstützt<br />
wird. Wir haben einen Themenkatalog für<br />
die Erfassung der Kulturlandschaftselemente<br />
erstellt und Formblätter für die Mitarbeit der<br />
Ortsheimatpfleger entwickelt. Der Rücklauf<br />
dieser Blätter hat begonnen. In drei<br />
Testgebieten erproben wir zzt. die Mitarbeit<br />
von Fachleuten und deren Zusammenarbeit<br />
mit den Ortsheimatpflegern. Hoffnungen<br />
setzen wir auch auf eine gewisse Mithilfe<br />
aus Freiburg vom Institut für <strong>Landespflege</strong>,<br />
denn hier ist viel Wissen und Methodik-<br />
Erfahrung gespeichert.<br />
Eher ein tröstendes Bonbon könnte dagegen<br />
die Entwicklung unserer „Themenwege“<br />
sein (s. z. B. Abb.2). Auch dieses griffige<br />
Nebenprodukt wird über Interreg IIIb und<br />
PLENUM (Projekt des Landes Baden-<br />
Württemberg zur Erhaltung und Entwicklung<br />
von Natur und Umwelt) mitgefördert.<br />
Im Prinzip ist es so, dass die geistige Leistung<br />
von Mitgliedern der AG Heimatpflege<br />
kostenlos erbracht wird, die Mitgliedsgemeinden,<br />
die sich der Themenwege im<br />
Tourismus und in der Öffentlichkeitsarbeit<br />
bedienen, einen sehr günstigen <strong>Druck</strong>kostenzuschuss<br />
bezahlen. Die ersten Themenweg-<br />
95<br />
Abb. 2: Flyer zum Themenweg „Glasmacher in<br />
der Adelegg“, herausgegeben von der Arbeitsgemeinschaft<br />
Heimatpflege im württemb. Allgäu<br />
e. V.<br />
Flyer sind auf dem Markt 1 , an weiteren wird<br />
gearbeitet.<br />
Wir lernen noch laufend dazu!<br />
1 Information und Bezug der Themenweg-Flyer<br />
über das Gästeamt Leutkirch,<br />
Telefon 0 75 61 / 87 154 oder E-Mail:<br />
touristinfo@leutkirch.de<br />
Anschrift des Verfassers:<br />
Dr. Jörg Leist<br />
Oberbürgermeister a. D.<br />
Arbeitsgemeinschaft Heimatpflege im<br />
württembergischen Allgäu e.V.<br />
Richthofenstraße 23<br />
88239 Wangen im Allgäu