Druck - Deutscher Rat für Landespflege
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Neben diesen traditionellen Aufgabenbereich<br />
der Landwirtschaft ist in den letzten<br />
Jahren immer mehr die Landschaftspflege<br />
getreten. Auch die ganz aktuell gefassten<br />
Beschlüsse zur Europäischen Agrarpolitik<br />
gehen in diese Richtung, entkoppeln<br />
Prämienzahlung von Produktionsleistung<br />
und beenden damit den Anreiz zur Überproduktion<br />
endgültig. Künftig wird die Flächenprämie<br />
eine Art „Grundsicherung“ bieten,<br />
über den Erfolg des Betriebes wird aber<br />
immer mehr die Marktorientierung des Landwirtes<br />
entscheiden.<br />
Ich unterstütze diesen Kurswechsel aus tiefer<br />
Überzeugung. Die Gesellschaft hat ein<br />
Recht darauf, dass die vorhandenen und<br />
knappen Ressourcen optimal verwendet<br />
werden, und die Landwirte selbst wollen<br />
keine Almosen des Staates, sondern sich mit<br />
ihren Produkten und Leistungen am Markt<br />
bewähren.<br />
Dazu haben wir in Baden-Württemberg ein<br />
Bündel an Förderinstrumenten entwickelt.<br />
Diese Förderung hat mit dem guten alten<br />
„Gießkannenprinzip“ nichts mehr gemein.<br />
Ziel dieser maßgeschneiderten Förderung,<br />
die im Übrigen durch ihre hohe Treffgenauigkeit<br />
auch Mitnahmeeffekte wirkungsvoll<br />
begrenzt, ist es, die flächendeckende<br />
und umweltverträgliche Landbewirtschaftung<br />
sicherzustellen.<br />
Ein Beispiel: In einem Bundesland wird<br />
derzeit darüber diskutiert, den Staatswald<br />
an private Investoren zu verkaufen. Die Investition<br />
eines Unternehmens ist in aller<br />
Regel mit Renditeerwartungen gekoppelt<br />
(Ausnahme vielleicht zukünftig: CO 2<br />
-Emittenten<br />
kaufen Wald, um so ihre CO 2<br />
-Bilanz<br />
auszugleichen). Das muss auch so sein, denn<br />
davon hängt die Wettbewerbsfähigkeit ab.<br />
Die Optimierung der Rendite aus dem Waldvermögen<br />
konkurriert aber aller Erfahrung<br />
nach mit den Erholungsmöglichkeiten der<br />
Waldbesucher und mit den Schutzfunktionen<br />
des Waldes. Im öffentlichen Wald gibt es –<br />
bislang – das Primat der Gewinnmaximierung<br />
nicht, hier werden weitere Ziele gleichberechtigt<br />
verfolgt (Erholung, Boden- und<br />
Klimaschutz, etc.).<br />
Nun liegt es an der Gesellschaft zu entscheiden,<br />
was sie will: eine einmalige Einnahme<br />
durch den Waldverkauf mit dann voraussichtlich<br />
anderen Bewirtschaftungszielen<br />
oder die weitere Bereitstellung aller Waldfunktionen<br />
ggf. zum Preis möglicherweise<br />
geringerer Gewinne oder sogar Defizite,<br />
wenn der Wald im öffentlichen Eigentum<br />
bleibt.<br />
Dieses Beispiel lässt sich auch auf andere<br />
Bereiche übertragen: auf die Konkurrenz<br />
zwischen Naturschutz und Erholung (z. B.<br />
Biotop vs. Golfplatz), Landwirtschaft und<br />
Verkehrsinfrastruktur (z. B. Ausbau Rheintalbahn<br />
auf Kosten landwirtschaftlicher Flächen<br />
und der Ausgleich für den Eingriff<br />
wiederum auf Kosten landwirtschaftlicher<br />
Flächen) oder beim Thema „Offenhaltung“<br />
die Konkurrenz zwischen land- und forstwirtschaftlicher<br />
Nutzung bzw. sogar vollkommener<br />
Nutzungsaufgabe und ungelenkter<br />
Sukzession.<br />
Die Offenhaltung der Kulturlandschaft birgt<br />
also einige Spannungsfelder, die nähere<br />
Betrachtung verdienen. Kein Landstrich in<br />
Baden-Württemberg gleicht dem anderen.<br />
Ebenso verschieden sind die Probleme der<br />
Regionen. Mit der Offenhaltung der Landschaft<br />
müssen wir uns vor allem im Schwarzwald<br />
auseinander setzen. Hier sind die klimatischen,<br />
standörtlichen und topografischen<br />
Bedingungen ungünstiger als in anderen<br />
Landesteilen. Aber schon schnell kann<br />
sich dieses Problemgebiet ausweiten, wenn<br />
etwa aufgrund von Haushaltsrestriktionen<br />
die Fördermöglichkeiten für die Landwirtschaft<br />
zurückgefahren würden. Für das Thema<br />
„Offenhaltung“ sind deshalb individuelle<br />
Lösungen erforderlich – kein Konfektionsmodell<br />
für das ganze Land, sondern<br />
der Maßanzug für den Landkreis, für die<br />
Gemeinde. Dies bedeutet: Es liegt vor allem<br />
in der Hand der kommunalen Verantwortungsträger,<br />
Ansätze zur Erhaltung der<br />
Kulturlandschaft zu finden.<br />
Förderinstrumente zur Erhaltung<br />
der Kulturlandschaft<br />
Während die Instrumente zur Walderhaltung<br />
äußerst wirksam sind und regelmäßige Anwendung<br />
finden, wird das Instrumentarium<br />
für die Offenhaltung der Landschaft – wiewohl<br />
optimal auf die örtlichen Bedürfnisse<br />
zugeschnitten und sehr flexibel – noch nicht<br />
ausreichend genutzt.<br />
Die Diskussion darf auch nicht auf die reine<br />
Pflege reduziert werden. „Pflegefälle“, wie<br />
das einmalige Mähen der Wiesen im Jahr,<br />
womöglich mit anschließender „Entsorgung“<br />
des Mähgutes, müssen die Ultima<br />
<strong>Rat</strong>io bleiben. Diese Art der Offenhaltung<br />
kann nur dann infrage kommen, wenn sich<br />
gar keine landwirtschaftliche Nutzung auftut<br />
oder, selbstverständlich, wenn dies aus<br />
Gründen des Naturschutzes wünschenswert<br />
erscheint oder sogar geboten ist.<br />
Grundsätzlich sollen landwirtschaftliche<br />
Flächen auch weiter ein Glied in der Kette<br />
der Nahrungsmittelproduktion sein und bleiben.<br />
Das entspricht im Übrigen auch einer<br />
Forderung der OECD, Nahrungsmittel<br />
möglichst vor Ort und ohne lange Transportwege<br />
zu produzieren und nicht weltweite<br />
Logistikketten für Produkte aufzubauen, die<br />
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auch von der heimischen Landwirtschaft<br />
geliefert werden können.<br />
„Produktive Nutzung“ ist aber nicht mit<br />
„Intensivlandwirtschaft“ oder gar „industrieller<br />
Landwirtschaft“ gleichzusetzen.<br />
Darunter fallen auch – in Baden-Württemberg<br />
vielleicht mehr als anderswo – umweltund<br />
naturverträglich angepasste land- und<br />
forstwirtschaftliche Nutzungsformen: extensive<br />
Weidesysteme mit Rindern, Ziegen,<br />
Schafen oder der Anbau von Wildobst, Elsbeere<br />
und Wildkirschen zur Wertholzerzeugung.<br />
Unser Ansatz in Baden-Württemberg stützt<br />
sich deshalb auf drei Programme: Mit dem<br />
Marktentlastungs- und Kulturlandschaftsausgleich<br />
(MEKA) wird der Verzicht auf<br />
maximale Mengenproduktion ausgeglichen<br />
und werden zugleich Leistungen zur Pflege<br />
und Erhaltung der Kulturlandschaft honoriert.<br />
Pro Jahr werden dafür landesweit rund<br />
148 Mio. Euro eingesetzt (Stand 2004).<br />
Ganz auf die Erhaltung unserer Kulturlandschaft<br />
zugeschnitten ist die Ausgleichszulage<br />
für Landwirtschaft in benachteiligten<br />
und Berggebieten (AZL). Gerade auf den<br />
sog. „Grenzertragsstandorten“, also den Flächen<br />
mit bescheidenem Ertrag, ist die Ausgleichszulage<br />
ein ideales Instrument: 57 Mio.<br />
Euro haben wir im vergangenen Jahr dafür<br />
eingesetzt.<br />
Drittes Standbein ist die Landschaftspflegerichtlinie<br />
(LPR). Die LPR ist für reine Pflegemaßnahmen<br />
(„mähen & sägen“), aber auch<br />
für Projekte mit dem Aspekt einer Wertschöpfung<br />
gedacht, z. B. für den Bau eines<br />
Schafstalles zur Flächenpflege. Auch viele<br />
Projekte des „Vertragsnaturschutzes“ fallen<br />
in diese Kategorie: Bewirtschaftung und/<br />
oder Pflege auf freiwilliger Grundlage, vor<br />
allem durch Landwirte. Das Land stellt dafür<br />
jährlich rund 10 Mio. Euro zur Verfügung;<br />
damit können rund 13.000 Pflege- und<br />
Extensivierungsverträge finanziert werden.<br />
Zu den „drei Klassikern“ kommen weitere<br />
Initiativen, Projekte und Modellvorhaben<br />
hinzu, die vom Land finanziert werden. Stellvertretend<br />
seien hier die Gründung von<br />
Landschaftserhaltungsverbänden, die PLE-<br />
NUM-Konzeption (s. u.), die Naturparkförderung<br />
oder verschiedene Modellprojekte<br />
zur Offenhaltung der Kulturlandschaft genannt<br />
– letztere in Schiltach-Schenkenzell,<br />
Bad Peterstal-Griesbach und am Kaiserstuhl.<br />
Zu den finanziellen Förderinstrumenten<br />
kommen weitere Steuerungsinstrumente im<br />
Planungs- und Ordnungsrecht, die immer<br />
dann unverzichtbar sind, wenn Ziele landesweit<br />
umgesetzt werden sollen. Am Beispiel<br />
der Flurneuordnungen, die kürzere Arbeits-