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Druck - Deutscher Rat für Landespflege

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sinnige Wortverbindung ist (vgl. den großen<br />

Münchener Stadtpark namens „Englischer<br />

Garten“). Garten und Park haben aber<br />

als Gemeinsamkeit die Umfriedung oder<br />

Einhegung. Das lateinische Wort für Garten,<br />

„hortus“, ist ja auch als deutsches Wort<br />

„Hort“ geläufig und bezeichnet einen umfriedeten,<br />

sicheren, vertrauten Platz, dem<br />

man sich zugehörig fühlt und der als Garten<br />

zugleich, über allen Nutzwert hinaus, schön<br />

gestaltet wird. Hier könnte eine Verknüpfung<br />

von Garten, Heim und Heimat begründet<br />

sein. Franz von Anhalt-Dessau, inspiriert<br />

von den englischen Landschaftsgärten, wollte<br />

ja in der zweiten Hälfte des 18. Jh. sein<br />

ganzes Fürstentum in ein „Gartenreich“<br />

umwandeln, in dem die Bewohner sich<br />

wohlfühlen sollten.<br />

Von den Landschaftsparks der reichen<br />

Grundbesitzer leiten sich zwei Richtungen<br />

moderner Landentwicklung und Landgestaltung<br />

ab. Die eine ist die zu Anfang des<br />

19. Jh. von dem bayerischen Architekten<br />

Gustav Vorherr konzipierte „Landesverschönerung“<br />

(DÄUMEL 1963), die aber<br />

weit über eine bloße Verschönerung hinausging,<br />

sondern eine allgemeine und durchgreifende<br />

Verbesserung der ökonomischen<br />

und sozialen Verhältnisse des Landes, sogar<br />

einschließlich der Städte zum Ziel hatte,<br />

und sich ausdrücklich gegen „wilde Natur“<br />

richtete, die als unästhetisch galt und zu<br />

„kultivieren“ sei (vgl. BECK in diesem Heft).<br />

Die Konzeption hat viel Ähnlichkeit mit der<br />

heutigen „nachhaltigen Entwicklung“, war<br />

aber damals ihrer Zeit weit voraus und wurde<br />

nur in Ansätzen verwirklicht, z. B. in den<br />

Landschaftsgestaltungen Peter Joseph<br />

Lennés in Norddeutschland (GÜNTHER<br />

1985; DRL 1995).<br />

Die zweite Richtung verkörperte sich in den<br />

der Öffentlichkeit zugänglichen Schlossund<br />

Stadtparken: z. B. der (schon erwähnte)<br />

Englische Garten in München, der Tiergarten<br />

in Berlin, der Hyde Park in London, der<br />

Central Park in New York. Mit ihnen wurde<br />

sozusagen „Landschaft“ in die seit Beginn<br />

des Industriezeitalters rasch wachsenden<br />

Großstädte geholt – als nach ästhetischen<br />

Grundsätzen gestalteter naturhafter „Freiraum“<br />

zur Ergänzung des mit Bauten erfüllten<br />

Raumes, um den Stadtbewohnern zur<br />

Erholung und Entspannung „Natur“genuss<br />

zu gewähren.<br />

Die tatsächliche Entwicklung auf dem Lande<br />

wurde jedoch bestimmt von der seit Ende<br />

des 18. Jh. verstärkten und umfassenden<br />

staatlichen Lenkung und Förderung der<br />

Landwirtschaft, wofür sich die Bezeichnung<br />

„Landeskultur“ einbürgerte. (Man beachte<br />

die Ähnlichkeit mit „<strong>Landespflege</strong>“,<br />

die aber, wie noch erläutert wird, einen ganz<br />

anderen Sinngehalt hat!) Im aufkommenden<br />

Industriezeitalter mit dem raschen<br />

Wachstum der Städte und der allgemeinen<br />

Bevölkerungszunahme hatte die landwirtschaftliche<br />

Erzeugung hohe öffentliche Priorität<br />

erhalten und bewirkte tief greifende,<br />

vor allem sozioökonomisch motivierte Veränderungen<br />

in der Landwirtschaft und im<br />

ländlichen Raum, die hier nur schlagwortartig<br />

genannt werden können: Aufteilung<br />

der Allmenden, Trennung von Wald und<br />

Weide, Einführung des Futterbaus und der<br />

Humuswirtschaft, Moor- und Ödland-Kultivierung,<br />

Bauernbefreiung, Flurbereinigung,<br />

Übergang zu mineralischer Düngung<br />

und zur Mechanisierung des Ackerbaus<br />

(SCHLOSSER 1999). Wie BECK (in diesem<br />

Heft) treffend ausdrückt, wurde (und<br />

wird) in dieser „Landeskultur“ das Angenehme<br />

dem Nützlichen untergeordnet oder<br />

gar geopfert.<br />

Diese gewaltigen Veränderungen waren es,<br />

die seit der Mitte des 19. Jh. die Idee und die<br />

Bewegung des „Heimatschutzes“ auslösten,<br />

und zwar, vergleichbar dem Blick der<br />

Maler im 15./16. Jh., im Blick von der<br />

Großstadt in oder auf das Land. Wurden<br />

damals dessen Qualität und Wert als „Landschaft“<br />

entdeckt, so sah man diese nun<br />

infolge der Maßnahmen der erwähnten „Landeskultur“<br />

und der zunehmenden Verkehrserschließung<br />

verloren gehen oder bedroht –<br />

und versuchte sie zu retten oder zu verteidigen.<br />

Gewiss waren hier Einflüsse der<br />

landschaftsbezogenen Malerei, Dichtung<br />

und Musik wirksam, die ja in der Epoche der<br />

Romantik noch einmal einen Höhepunkt<br />

erlebten; und es war wohl kein Zufall, dass<br />

Ernst Rudorff, der Vater des Heimatschutzes,<br />

Musikwissenschaftler war. Aber der Begriff<br />

„Landschaft“ tritt im Vergleich zu dem<br />

nun populär werdenden Begriff „Heimat“<br />

eher in den Hintergrund.<br />

Warum aber wird „Heimat“ auf das Land,<br />

auf den ländlichen Raum bezogen? War die<br />

Stadt, in der die Heimatschutzbewegung<br />

entstand, keine Heimat? Vielleicht gibt es<br />

Abb. 2: Das englische Weideland des 18. Jh. wurde zum Vorbild der neuen Profession der Landschaftsarchitekten für die Gestaltung der<br />

Landschaftsparks und -gärten – hier als Beispiel der Wivenhoe Park in Essex, gemalt 1816 von John Constable (aus HABER 2004b).

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