Druck - Deutscher Rat für Landespflege
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Abb. 11 „Natur schmückt sich mit Seegras“:<br />
Einst lieferte Seegras (Carex brizoides)<br />
wertgeschätztes Polster- und Bindematerial. Es<br />
liegt an pfiffig-kreativen Natur- und Landschaftsführern,<br />
diese wogende Pflanzenfülle auf<br />
bodensauren Waldlichtungen spielerisch<br />
aufzunehmen und charmant zu verwerten (Foto:<br />
J. Heringer).<br />
attraktive Angebot von „Urlaub auf dem<br />
Bauernhof“ ausweiten, z. B. als kompetente<br />
Partner von Tourismusverbänden, Kommunen,<br />
Reiseunternehmen, Hotel- und Gastronomiebetrieben,<br />
Reha-Kliniken, Schulen,<br />
Kindergärten.<br />
Wer kann Natur- und Landschaftsführer<br />
werden?<br />
Obwohl einheitlich im Aufbau und Niveau,<br />
sind die Lehrgänge auf die jeweiligen Gegebenheiten<br />
und Bedürfnisse der einzelnen<br />
Regionen zugeschnitten. Nur so kann in<br />
relativ kurzer Zeit angemessen Wissen vermittelt<br />
werden. Deshalb sollen die Teilnehmer<br />
in aller Regel aus der betreffenden<br />
Region kommen und ihre Aktivitäten dort<br />
auch anbieten.<br />
Die Teilnehmer an den Kursen kommen aus<br />
unterschiedlichen Berufsfeldern. Hierzu<br />
zählen Landwirte (sie sind besonders geschätzt<br />
und bevorzugt), Pädagogen,<br />
Touristiker, Gastronomen, aber auch Arbeit<br />
suchende Förster, Biologen, Geographen<br />
usw. sowie einschlägige Künstler und Handwerker.<br />
Bei der Auswahl der Bewerber werden<br />
neben entsprechender Vorbildung<br />
besonders die praktischen Erfahrungen in<br />
Land- und Forstwirtschaft sowie in Naturschutz<br />
und Landschaftspflege berücksichtigt<br />
(Abb. 12). Aber auch Interessenten, die<br />
über Erfahrung im Umgang mit Gruppen,<br />
mit Touristen allgemein oder im Besonderen<br />
mit Kindern, Jugendgruppen, Vereinen<br />
oder Schulen verfügen, qualifizieren sich<br />
für die Zulassung zum Lehrgang. Des Weiteren<br />
haben Arbeitskreisleiter von Agenda-<br />
21-Gruppen, von Bauern- und Handwerker-<br />
Initiativen, regionaler Vermarktungskooperativen<br />
u. ä. besondere Chancen.<br />
Selbst leben macht Spaß<br />
In einer Zeit der medialen und konsumptiven<br />
Überflutung gilt es, „selbst zu leben“ und<br />
nicht „gelebt zu werden“ – spielerische<br />
„Selbst-Ständigkeit“ ist angesagt. Als „Bühne<br />
des Lebens“ in überschaubarem Rahmen<br />
eignet sich Kulturlandschaft in besonderer<br />
Weise für echte Selbstverwirklichung. An<br />
„Kulissen- und Requisiten-Material“ kann<br />
sie nicht überboten werden.<br />
Mehr denn je wollen heutzutage Menschen<br />
eine Rolle spielen. Damit dieses Spiel gelingt,<br />
braucht es gute „Bühnenkenner und<br />
Abb. 12 „Sich kennen und schätzen lernen“: Es gilt den Graben zwischen Naturschützern, Land- und<br />
Forstwirten, Touristikern, Pädagogen usw., zwischen Theoretikern und Praktikern zu überwinden.<br />
Umwelt-Bildung verstanden als „empowerment of people“ ist das Kernstück der Natur- und<br />
Landschaftsführerausbildung (Foto: J. Heringer).<br />
Inszenierungs-Talente“. Das „Outfit“ vieler<br />
„Mitspieler“, vor allem jugendlicher, lässt<br />
auf die Notlage der Rollenfindung schließen.<br />
Sie tragen „Marke“ von Kopf bis Fuß<br />
und „markieren“ dergestalt ihre Nöte „etwas<br />
zu sein“, „Boss“ oder „Champion“ sein<br />
zu wollen. Ihr Ängste, die sie mit „Tod-und-<br />
Teufel-Brustbildern“ tarnen, suchen indirekt<br />
nach „Erlösung“ auch in Natur und<br />
Landschaft. Die ANL arbeitet seit Jahren<br />
bei der Ausbildung von Landschaftspflege-<br />
Helfern in der Jugendstrafanstalt Laufen-<br />
Lebenau mit. Jugendliche, vor allem<br />
verhaltensauffällige, wollen durch das „Gebraucht-werden“<br />
ihr Selbstwertgefühl aufbessern<br />
und dieses lässt sich erfolgreich mit<br />
Landschaftspflege-Einsätzen verbinden. So<br />
kann das Bäume-Ausreißen auf Weideflächen<br />
– fachlich begründet – auch ein Akt<br />
des „Dampf-Ablassens“ und der jugendlichen<br />
Selbstbestärkung sein. „Sturm und<br />
Drang“ braucht „Action mit Wucht“ in der<br />
Landschaft (Abb. 13)! Wenn ihnen die Gesellschaft<br />
nicht behilflich ist, gute Visionen<br />
und berufliche Aufgaben – also „Boden<br />
unter den Füßen“ – zu finden, dann wird<br />
martialisch in Springerstiefeln „Blut und<br />
Boden“ gesucht! Wie wir wissen, hat die<br />
<strong>Landespflege</strong> aufgrund ihrer traurigen Rolle<br />
während der NS-Zeit Schuld auf sich<br />
geladen (PIECHOCKI et al. 2003). So hat<br />
sie in gewissem Sinne Wiedergutmachung<br />
zu leisten und mit ihren Mitteln dazu beizutragen,<br />
ideelle Not abzubauen, lohnende<br />
Ziele zu zeigen und die Kunst der Inszenierung<br />
von Landschaft so einzusetzen, dass<br />
auf dieser „Volksbühne“ in Frieden und<br />
Freiheit Rollenfindung und -spiel möglich<br />
ist (Abb. 14a, 14b). Die Psychotop-Qualität<br />
von rauschenden Bergbächen, Felsabstürzen,<br />
Sümpfen, Gipfeln und Waldwildnis<br />
sollte nicht nur kommerziellem „Incentiveplay“<br />
überlassen werden. Die Vertreter der<br />
<strong>Landespflege</strong> brauchen auch selbst mehr<br />
Selbstbewusstsein. Es gilt: „Marke sein –<br />
nicht Marke haben!“ Es ist ein Unterschied,<br />
ob man sich als die „Letzten von gestern“<br />
oder die „Ersten von morgen“ fühlt (Abb.<br />
15).<br />
Wer gute Wurzeln in Natur und Landschaft<br />
hat, kann „gründlich“ leben und hoch hinaus<br />
in eine geglückte Zukunft wachsen. Er<br />
kann anderen Menschen auf dem Weg zum<br />
Selbst über die Natur behilflich sein und<br />
Lebenslust nach Deutschland, in das „Land<br />
der hängenden Mundwinkel“, bringen. Nicht<br />
Altruismus ist dabei bestimmend, sondern<br />
die Suche nach dem Weg zum „guten Leben“,<br />
der von der Umwelt zur Eigenwelt<br />
und zur Mitwelt führt. Es bedarf „bodenständiger“<br />
Menschen, die das, was sie denken,<br />
auch sagen, was sie sagen, auch tun,<br />
und was sie tun, auch sind. Auf einen Nenner<br />
gebracht: Natur- und Landschaftsführer