Bergsteiger Die Paten - Berühmte Bergsteiger und ihre Wege (Vorschau)
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KOLUMNE<br />
Pasta... e basta!<br />
Auch im Hochgebirge buhlen Hüttenwarte mit einfallsreichen<br />
Menüs um die Gunst der Gäste. In manchen<br />
Fällen vergeblich. Aber wer braucht auf 4000 Meter<br />
Höhe Sahnehäubchen <strong>und</strong> arrangierte Salatblätter?<br />
Foto: privat; Illustration: Max Baitinger<br />
Caroline Fink<br />
berichtet am liebsten über die<br />
stillen Winkel in den Alpen.<br />
<strong>Die</strong> Autorin lebt in Zürich <strong>und</strong><br />
arbeitet unter anderem frei für<br />
die NZZ <strong>und</strong> das SAC-Magazin<br />
»<strong>Die</strong> Alpen«. <strong>Die</strong> 35-Jährige<br />
schreibt im Wechsel mit<br />
Sandra Zistl, Axel Klemmer <strong>und</strong><br />
Eugen Hüsler über das aktuelle<br />
Geschehen in den Bergen.<br />
Vergangenes Jahr besuchte ich die<br />
neue Monte-Rosa-Hütte am Fuß<br />
der 4634 Meter hohen Dufourspitze.<br />
Endlich sah ich das Juwel<br />
modernen Hüttenbaus mit eigenen Augen.<br />
Als wäre es ein Museum, schlenderte ich<br />
Treppen hoch <strong>und</strong> betrachtete den Essraum<br />
aus hellem Holz, durch dessen Fenster das<br />
Licht floss. Prüfend legte ich mich ins Bett<br />
<strong>und</strong> freute mich darüber, dank geschickter<br />
Raumteilung keinen Bettnachbar zu haben.<br />
<strong>Die</strong> neue Hütte begeisterte mich – bis<br />
es Zeit für das Nachtessen war. Mit einem<br />
Bärenhunger saß ich am Tisch <strong>und</strong> spielte<br />
ungeduldig mit Messer <strong>und</strong> Gabel, als ich<br />
sah, wie das Hüttenpersonal jedem Gast einen<br />
Teller servierte, anstatt große Schüsseln<br />
auf die Tische zu stellen. Es dauerte nicht<br />
lange, bis auch vor meiner Nase ein Teller<br />
stand: ein gemischter Salat, arrangiert wie<br />
im Restaurant. Als zweiter Gang folgte ein<br />
Schüsselchen Suppe. Als Hauptgang ein paar<br />
Löffel Kartoffelbrei mit zwei Scheiben Braten<br />
<strong>und</strong> Gemüse. Von allem: genau eine Portion.<br />
Was nützt mir rohes Grünzeug?<br />
»Vielleicht ist noch ein wenig Kartoffelbrei<br />
übrig«, hieß es seitens des Hüttenpersonals,<br />
als ich um Nachschlag bat. Ich bin sicher:<br />
Dreißig Jahre jünger, hätte ich mich in diesem<br />
Moment auf den Boden geworfen <strong>und</strong><br />
geschrien. Als erwachsene Frau indes verzog<br />
ich nur die M<strong>und</strong>winkel <strong>und</strong> schwieg. Was<br />
immerhin meinen Tischnachbar – einen<br />
korpulenten Architekten aus Berlin – dazu<br />
brachte, mir seinen Kartoffelbrei zu überlas-<br />
sen. Er mache gerade eine »Low-CarbDiät«,<br />
erklärte er mit wohlwollendem Lächeln, verzichte<br />
also auf Kohlenhydrate. Zugegeben,<br />
ich esse meist mehr als die Männer am Tisch.<br />
Und ich pflege einen ausgeprägten Futterneid.<br />
Doch mit Verlaub: Was nützt mir Salat,<br />
wenn ich tags darauf eine mehrstündige<br />
Ausdauerleistung in großer Höhe erbringen<br />
will? Oder anders gefragt: Kennen Sie Triathleten,<br />
die am Vorabend des Wettkampfs auf<br />
Tomaten <strong>und</strong> rohen Kohl schwören?<br />
Ein Hoch auf Älplermagronen<br />
Nichts gegen leckeres Essen <strong>und</strong> Gemüse.<br />
Nichts gegen einfallsreiche Menüs <strong>und</strong><br />
Hüttenküchen, die frei von Glutamat <strong>und</strong><br />
Päckchensuppen sind. Doch der grassierenden<br />
Salatkultur in Schweizer Berghütten<br />
begegne ich skeptisch. So sehr ich Salat im<br />
Tal mag – im Hochgebirge rohes Grünzeug<br />
aufzutischen, scheint mir in etwa so sinnvoll,<br />
wie der Verkauf von Sahnetörtchen im<br />
Fitnessstudio. Mit dem Unterschied, dass es<br />
keinen Helikopter braucht, um das Fitnessstudio<br />
zu beliefern. Und wenn ich schon<br />
beim Meckern bin: Nach meinem Gusto<br />
kann der Hüttenkoch auch gleich Braten<br />
<strong>und</strong> Hackfleisch weglassen. Wer nun sagt,<br />
ich sei kompliziert, irrt. Mit Gästen wie mir<br />
wäre die Logistik von Hüttenküchen sogar<br />
einfacher, ist meine Devise doch simpel: Pasta<br />
... e basta! Zwei Teller Spaghetti mit Sugo,<br />
Älplermagronen oder Penne mit Pesto reichen,<br />
liebe Hüttenwarte, um eine Alpinistin<br />
wie mich glücklich zu machen. Und wenn es<br />
denn sein muss: eine Suppe dazu. ◀<br />
56 <strong>Bergsteiger</strong> 06⁄13