stereoplay 35 Jahre (Vorschau)
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Musik Pop<br />
POP & ROCK<br />
CD DES MONATS<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Der nächste Streich<br />
Die Pop-Presse greint, denn David Bowie macht<br />
es ihr nicht leicht. Nach der ersten Single „Where<br />
Are You Now?“ und den spärlich gestreuten Vorabinformationen<br />
hätte es das große Album für die<br />
Verklärung der späten Siebziger werden können.<br />
Doch wieder einmal verweigert sich der Stilakrobat<br />
den diffusen Erwartungen des Musikmarktes.<br />
So unbehelligt er während des vergangenen Jahrzehnts<br />
das Leben eines künstlerischen Privatiers<br />
führen konnte, so wenig interessiert ihn heute die<br />
David Bowie<br />
Columbia / Sony<br />
(60:26)<br />
The Next Day<br />
ästhetische Meinungsführerschaft. Mehr noch:<br />
Auf dem Cover von „The Next Day“, einem grafisch<br />
überklebten Zitat der ikonischen Geste von<br />
„Heroes“ (1977), wird der alte Titel sogar durchgestrichen,<br />
um auch dem letzten Fan zu zeigen,<br />
dass diese Ära für ihn Geschichte ist.<br />
Auf der anderen Seite ist die Musik so sehr Bowie<br />
wie seit jenen Berliner <strong>Jahre</strong>n nicht mehr: keine<br />
Experimente mit Klangmoden, auch nichts, was<br />
an Leichtgewichtigeres wie „China Girl“ (von<br />
„Let’s Dance“) erinnert. Die 17 Songs tönen<br />
schmucklos rockig, wenn auch wunderbar ausgewogen<br />
produziert von einem Team, zu dem<br />
sein langjähriger Begleiter, der Produzent Tony<br />
Visconti, sowie Musiker wie der Gitarrist David<br />
Torn und der Bassist Tony Levin gehören.<br />
Bowies Songs spielen mit der Melancholie, dem<br />
Starrummel, der Dunkelheit, den Grenzen des<br />
Alltäglichen, auch mit der Liebe in ihren lebensalterlichen<br />
Transformationen. Vor allem aber<br />
haben sie diese sanfte Nachhaltigkeit, sich nicht<br />
beim ersten Konsum zu erschließen.<br />
Etwas mehr als eine Stunde Musik steuert Bowie<br />
nach seiner langen Pause zum Popdiskurs der Gegenwart<br />
bei, als alter Herr der Camouflage, der<br />
sich diesmal erstaunlich lebensecht präsentiert.<br />
Genau dieser fehlende Anspruch auf Hipness<br />
hilft, das Album vom Sockel der Verehrung zu<br />
heben, um es zugleich als eine Sammlung packender<br />
Lieder wahrzunehmen, die das Zeug<br />
haben, lange im Gedächtnis zu bleiben. RD<br />
ROCK, BLUES, COUNTRY<br />
Eric Johnson<br />
Mascot / Rough Trade<br />
(50:37)<br />
Up Close – Another Look<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Selten wird ein bereits publikes Album nochmals<br />
eingespielt. Eric Johnsons „Up Close“ erschien<br />
2010 in den USA. Für Europa hat der Gitarrist<br />
aus Austin/Texas nun 13 der 15 Songs erneuert.<br />
Er wollte mehr Live-Feeling und tüftelte an<br />
Nuancen – was dem 58-Jährigen gelungen ist.<br />
Der Mix aus Rock, Blues, Country und Pop tönt<br />
lebendig im lichten Klangbild. Nur der stilistische<br />
Bogen wirkt überspannt. Warum zwängt Johnson<br />
seine ganze Saitenkunst in ein Album?<br />
Zwei Songs ragen heraus: der Blues-Feger „Texas“<br />
mit Jimmie Vaughan als Co-Gitarrist und<br />
Steve Miller am Mikro sowie die Ballade „Your<br />
Book“ mit Saitenkumpel Sonny Landreth. WA<br />
BRITROCK<br />
Johnny Marr<br />
BRITROCK & -POP<br />
Suede<br />
PSYCHEDELIC POP & ROCK<br />
Kashmir<br />
The Messenger<br />
Bloodsports<br />
E.A.R.<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Wer über The Smiths spricht, der meint in den<br />
meisten Fällen Morrissey. Der einstige Vorsänger<br />
hat es geschafft, die Wahrnehmung auf sich<br />
zu konzentrieren, dabei war der Sound der Band<br />
vor allem durch Johnny Marrs feinsinniges, schwebendes<br />
Gitarrenspiel bestimmt. „The Messenger“<br />
ist nun Marrs erstes Album unter eigenem Namen,<br />
und es ist ein unspektakulär charmantes<br />
Musterstück des Brit-Rock geworden. Da flirren<br />
die Gitarren, pathetisch in großen Räumen agierend,<br />
von einem Hauch Folk durchzogen, von<br />
schlichtem Gesang flankiert und um ein paar<br />
Synthesizer-Flächen ergänzt. Das hat viel von damals<br />
– irgendwie.<br />
RD<br />
Warner<br />
(48:30)<br />
Für jüngere Musikfans: Suede feierten in den<br />
1990er-<strong>Jahre</strong>n mit glamourösem Britpop große<br />
Erfolge. Frontmann Brett Anderson war mindestens<br />
so cool wie Kurt Cobain und stritt sich gern<br />
und ausgiebig mit Gitarrist Bernard Butler – bis<br />
der entnervt die Band verließ. Auf dem ersten<br />
Album seit mehr als zehn <strong>Jahre</strong>n blitzt nur noch<br />
selten die alte Grandezza auf. Etwas schwerfällig<br />
schleppt sich die Band um die Gründer Brett<br />
Anderson und Matt Osman in die neue Zeit: Zu<br />
überladen sind die Arrangements, zu undifferenziert<br />
geriet der Klang, zu verkrampft setzen die<br />
Engländer auf rockigen Sound, mit dem sie in<br />
den großen Arenen bestehen können. MS<br />
ADA / Warner<br />
(39:50)<br />
Ein Songklassiker von Led Zeppelin stand Pate<br />
bei der Namensgebung dieser Band aus Dänemark,<br />
die es seit 1991 gibt und die mit ihrem versponnenen,<br />
atmosphärisch reizvollen Indie-Rock<br />
eine große Fangemeinde um sich geschart hat.<br />
Wer in die meist gemächlich dahinfließenden<br />
Soundströme des achten Kashmir-Albums<br />
„E.A.R.“ eintaucht, wird verblüffende Parallelen<br />
zu Coldplay feststellen: in der Melodieführung<br />
sowie in den leicht schrägen, flehenden Vocals<br />
von Kasper Eistrup. Dennoch tönt das alles eigenständig,<br />
und die ins klare Klangbild eingestreuten<br />
Soundtupfer stehen für eine zeitgemäße<br />
Psychedelia, die nicht drogenbefeuert ist. MI<br />
Sony<br />
(61:14)<br />
FOTO: Eva Kinader<br />
148 5/13 <strong>stereoplay</strong>.de