stereoplay 35 Jahre (Vorschau)
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HiFi-Legenden<br />
Lautsprecher<br />
Der Zeit voraus<br />
Seit mehr als 30 <strong>Jahre</strong>n gibt es bei Canton hochwertige Boxen, die auf den<br />
Namen Ergo hören. Das zeitlos-gefällige Design hat sich seither nur wenig<br />
geändert, Technik und Klang dafür umso mehr.<br />
Manche Produkte der wilden<br />
80er-<strong>Jahre</strong> waren<br />
optisch derart aufdringlich, dass<br />
sie nach wenigen <strong>Jahre</strong>n wieder<br />
in der Versenkung verschwanden.<br />
Andere reiften zu Klassikern,<br />
denen man ihr wahres<br />
Alter auch nach Jahrzehnten<br />
nicht ansieht.<br />
Hätten Sie gewusst, dass das<br />
Design der heutigen Ergo 690<br />
auf einem über 30 <strong>Jahre</strong> alten<br />
Entwurf basiert? Die sanft gerundeten<br />
Kanten und die charakteristische<br />
Gitterabdeckung<br />
zum Schutz der Chassis besaß<br />
bereits die Ur-Ergo (siehe Bild,<br />
Seite 38 oben), die <strong>stereoplay</strong><br />
im Dezember 1981 getestet hat.<br />
Typische HiFi-Boxen jener<br />
Zeit waren breiter und gedrungener<br />
als ihre heutigen Geschwister.<br />
Besonders schalldruckfeste<br />
Exemplare besaßen<br />
Der Autor: Wolfram Eifert<br />
Er ist seit Mitte der 90er-<br />
<strong>Jahre</strong> stolzer Besitzer<br />
der Maßstab setzenden<br />
Canton Digital 1.<br />
Eifert, Jahrgang 1958, war bis<br />
zum Umzug nach München<br />
„der“ Boxen-Spezialist von<br />
<strong>stereoplay</strong>. Viele der in der<br />
aktuellen Rang & Namen-Liste<br />
aufgeführten Boxen hat er<br />
getestet. Abgesehen von einer<br />
kleinen Auszeit (1995 bis 1999)<br />
war der studierte Medientechniker<br />
von 1988 bis 2012 fester<br />
Bestandteil der Redak tion.<br />
Wolfram Eifert arbeitet heute<br />
als freier Autor für AUDIO.<br />
Tieftöner im 12-Zoll-Format<br />
und waren entsprechend bullig<br />
geformt. Viele Boxen waren<br />
wegen ihrer geringen Höhe auf<br />
Podeste angewiesen, um ihre<br />
akustischen Zentren auf Ohrhöhe<br />
zu bringen.<br />
Das Ergo-Design brach mit<br />
dieser nicht sonderlich sinnvollen<br />
Tradition. Sperrige Einzeltieftöner<br />
wurden durch mehrere<br />
kleine Treiber ersetzt, die<br />
den Raum gleichmäßiger anregen.<br />
Dank einer Bauhöhe von<br />
deutlich über einem Meter lagen<br />
Hoch- und Mitteltöner automatisch<br />
dort, wo sie aus klanglicher<br />
Sicht hingehören.<br />
Die klanglichen Vorteile der<br />
Bauweise waren derart überzeugend,<br />
dass auch andere Hersteller<br />
nach und nach auf den<br />
Zug aufsprangen. Heute sind<br />
Standboxen mit mehreren parallel<br />
geschalteten Tieftönern<br />
und akustischen Zentren auf<br />
Ohrhöhe die normalste Sache<br />
der Welt.<br />
Zeitlos und wertig<br />
Dass das Ergo-Design so erfolgreich<br />
wurde, liegt auch an<br />
seiner handwerklichen Umsetzung.<br />
Die fein modellierten Radien<br />
nehmen der Form die<br />
Strenge und vermitteln das, was<br />
heutige Käuferkreise gerne als<br />
Wertigkeit bezeichnen. Die<br />
Rundungen sind mit Massivholz-Viertelstäben<br />
ausgeführt<br />
und betonen so die hochwertige<br />
Verarbeitung der furnierten<br />
Oberflächen zusätzlich.<br />
Seit der Erstausgabe wurde<br />
das Design nur behutsam modifiziert.<br />
Mit den <strong>Jahre</strong>n wurden<br />
die Ergo-Modelle dem Zeitgeschmack<br />
folgend noch etwas<br />
schlanker – vor allem durch<br />
schmalere Schallwände. Auch<br />
die Furniere wurden immer wieder<br />
geändert, weil der Zeitgeist<br />
mal eher helle und dann wieder<br />
dunklere Hölzer bevorzugt. Aktuell<br />
sind Esche-Schwarz, Kirsche<br />
und Wenge verfügbar.<br />
Unter der hübschen Haube<br />
hat sich wesentlich mehr getan.<br />
So haben die in der Ergo 690<br />
eingesetzten Chassis und Filter<br />
mit denen der frühen <strong>Jahre</strong> so<br />
gut wie nichts mehr gemeinsam.<br />
Besonders deutlich wird dies<br />
beim Vergleich der Hoch- und<br />
Mitteltöner. Im Gegensatz zu<br />
den Basstreibern, die mit der<br />
Zeit kleiner wurden, wuchsen<br />
hier die Membranflächen. Der<br />
Durchmesser der Hochtonkalotten<br />
stieg von 19 auf 25 Millimeter<br />
und die Körbe der Mitteltöner<br />
vergrößerten sich von<br />
12 auf 18 Zentimeter.<br />
Besonders deutlich wird der<br />
Fortschritt bei den Membranwerkstoffen.<br />
Anstelle von Textilgewebe<br />
(bei Hochtönern) und<br />
beschichtetem Papier (bei Konustreibern)<br />
dient heute Aluminium<br />
als Ausgangsmaterial. Die<br />
Metallmembranen sind steifer<br />
und können komplexen Signalen<br />
präziser folgen. Auch<br />
ihre Stabilität gegenüber Umweltfaktoren<br />
wie beispielsweise<br />
UV-Licht ist höher.<br />
Über die Generationen stieg<br />
auch die thermische Belastbarkeit.<br />
Dafür verantwortlich sind<br />
Kleber, die höhere Temperaturen<br />
verkraften, und besser<br />
belüftete Schwingsysteme mit<br />
größeren Durchmessern. Heute<br />
liegt die Nennbelastbarkeit einer<br />
Ergo 690 bei satten 170<br />
Watt. Dass Chassis oder Weichenbauteile<br />
wegen Überhitzung<br />
den Dienst versagten, war<br />
vor 30 <strong>Jahre</strong>n keine Seltenheit,<br />
heute liegen die Ausfallraten<br />
bei sachgerechter Nutzung im<br />
Promillebereich.<br />
Tatsächlich können die frühen<br />
Ergo-Generationen weder<br />
messtechnisch noch klanglich<br />
neben den Vertretern der<br />
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5/13 <strong>stereoplay</strong>.de