stereoplay 35 Jahre (Vorschau)
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HiFi-Legenden<br />
Plattenspieler<br />
Mit Stil zum Ziel<br />
Einige Transrotor-Plattenspieler sehen einfach „rattenscharf“ aus. Für den<br />
völlig neu überarbeiteten Classic gilt das erst recht. Aber das ist noch nicht<br />
mal das Beste an dem schicken Acryldreher.<br />
Große Musiker gab es zu<br />
allen Zeiten. Musiker, die<br />
stilbildend wirken, sind allerdings<br />
deutlich seltener. Die<br />
Beatles gehören in diese Ausnahmekategorie,<br />
sicher auch<br />
Toscanini, Glenn Gould oder<br />
Miles Davis. Bei Plattenspielern<br />
sieht das ähnlich aus: Nur wenige<br />
Konstruktionen haben den<br />
Lauf der Dinge nachhaltig verändert<br />
und wurden so zu Kultgeräten.<br />
Man denke an den<br />
Technics SL-1210MK2 und den<br />
Linn LP12 oder aber an den<br />
Transrotor AC und seinen legitimen<br />
Nachfolger, den Transrotor<br />
Classic.<br />
Als ich zum ersten Mal einen<br />
Transrotor AC zu Gesicht bekam,<br />
war eigentlich nichts mehr<br />
wie zuvor. Eine vergleichbare<br />
Wirkung hatten zu dieser Zeit<br />
Der Autor: Marius Dittert<br />
Schallplatten sind seine<br />
große Passion. Und an<br />
besonderen Tagen hört<br />
er am liebsten Mono...<br />
vielleicht noch die „Drei Engel<br />
für Charlie“. Der Acryldreher<br />
von Transrotor sah dabei fast<br />
noch heißer aus als Farrah Fawcett<br />
und war gleichzeitig unfassbar<br />
cool. Der AC wurde so<br />
völlig zu Recht zum Kultgerät<br />
und zur Urform aller Acrylglas-<br />
Plattenspieler. Kurzum: Der AC<br />
war stilbildend.<br />
Etwa zehn <strong>Jahre</strong> nach dem<br />
AC erschuf Jochen Räke den<br />
Transrotor Classic, den es von<br />
Anfang an in den Ausführungen<br />
Classic Chrom und Classic<br />
Gold gab. Inklusive SME-MK2-<br />
Arm kostete er rund 4000 DM.<br />
Der Classic ging zurück auf<br />
eine Anfrage der Firma Grundig,<br />
die eine adäquate Plattenspieler-Ergänzung<br />
für ihre damals<br />
hochgelobte Fine-Arts-<br />
Serie benötigte (siehe den<br />
Marius Dittert war Mitglied der<br />
<strong>stereoplay</strong>-Redaktion von<br />
1995 bis 1999. Zuerst als<br />
Praktikant, später als Volontär<br />
und Testredakteur, unterbrochen<br />
nur durch ein kleines<br />
Intermezzo bei der AUDIO<br />
(1996/‘97). Der Analogfan blieb<br />
der <strong>stereoplay</strong> stets freundschaftlich<br />
verbunden und<br />
schrieb auch für AUDIOphile.<br />
Heute arbeitet er bei den René<br />
Staud Studios in Leonberg.<br />
Historien-Abschnitt, Seite 43).<br />
Zusammen mit dem AC ist der<br />
Classic das bis heute populärste<br />
Transrotor-Gerät. Über 4000<br />
Exemplare wechselten im Laufe<br />
der Jahrzehnte den Besitzer.<br />
Der Classic ließ die Gene des<br />
AC von Anfang an acrylklar<br />
durchscheinen, gab sich aber<br />
weniger verspielt und noch puristischer.<br />
Ähnlich war beiden<br />
Geräten die Grundkonstruktion<br />
mit einer Basis aus hochstabilem<br />
Plexiglas, einem Wechselstrommotor<br />
mit hoher Masse<br />
und einem Antrieb mit Rundriemen.<br />
Abkehr vom AC<br />
Gänzlich anders als beim AC<br />
fiel beim Classic der Plattenteller<br />
aus: Räke nahm hier einen<br />
resonanztechnisch äußerst sorgfältig<br />
gefertigten Präzisions-<br />
Acrylteller, bei dem er die für<br />
Transrotor-Geräte charakteristischen<br />
Gewichte auf die Unterseite<br />
des Tellers verlagerte.<br />
Der Grund: Die schwindsüchtigen<br />
LP-Pressungen der 80er-<br />
<strong>Jahre</strong> wären zwischen den Gewichten<br />
auf der Oberseite glatt<br />
durchgehangen.<br />
Der neue Classic.3 (Modell<br />
2014) ist die inzwischen dritte<br />
Evolutionsstufe. Allerdings hat<br />
Jochen Räke seinen Bestseller<br />
nicht nur facegeliftet, sondern<br />
gleich in allen Details neu<br />
durchdacht und entsprechend<br />
verbessert. Das und die Tatsache,<br />
dass der Classic.3 nur in<br />
Kleinstserie gefertigt wird, erklären<br />
den kräftigen Preissprung<br />
zumindest teilweise. Voll aufgetakelt<br />
– mit dem derzeit besten<br />
SME-Arm V9 und dem<br />
Transrotor-Moving-Coil-System<br />
Merlot, mit Acrylhaube und<br />
Netzteil – beläuft sich das Testmuster<br />
auf nunmehr 14215<br />
Euro. Das ist gerade für einen<br />
wieder aufgelegten Klassiker<br />
eine hübsche Stange Geld. Doch<br />
bei genauer Betrachtung hat ja<br />
der Classic.3 mit seinem Ahn<br />
aus Grundig-Tagen nur noch<br />
wenig zu tun. Es ist vielmehr<br />
das derzeit modernste Räke-<br />
Laufwerk – halt nur mit einem<br />
seit vielen <strong>Jahre</strong>n bekannten<br />
Äußeren.<br />
Alles, was man anfasst, fühlt<br />
sich am Classic derart edel, satt<br />
und für die Ewigkeit gebaut an,<br />
dass man seine Finger überhaupt<br />
nicht mehr davon lassen<br />
mag. Es ist ein großes sinnliches<br />
Vergnügen, mit den Händen<br />
über die perfekt gefertigten Metallteile<br />
aus Messing und Bronze<br />
zu streichen, deren ebenfalls<br />
perfekt hochglanzpolierte und<br />
verchromte Oberflächen wie<br />
permanente Netzhautpflege wirken.<br />
Das gleiche überragende<br />
Qualitätsgefühl vermitteln auch<br />
die Haube und die Acrylglas-<br />
Grundplatte.<br />
Apropos Acrylglas-Grundplatte:<br />
Für den Classic.3 verwendet<br />
Jochen Räke eine<br />
40<br />
5/13 <strong>stereoplay</strong>.de