stereoplay 35 Jahre (Vorschau)
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Musik Jazz<br />
BASS SOLO<br />
CD DES MONATS<br />
KLANGTIPP<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Bass erstaunt<br />
Nur wenige Kontrabassisten im Jazz riskierten es<br />
bisher, ein Soloalbum aufzunehmen. Maßstäbe<br />
gesetzt haben Miroslav Vitous mit „Emergency“<br />
und Dave Holland mit „Emerald Tears“. Nun<br />
hat auch Charnett Moffett die sich selbst auferlegte<br />
Herausforderung mit Bravour bestanden.<br />
Der 46-Jährige spielte dafür an zwei Tagen 20<br />
Stücke ein – Standards, Eigenes sowie zwei Popsongs.<br />
Und mit einer Ausnahme, Miles Davis’<br />
„All Blues“, ganz frei von Overdubs.<br />
Charnett Moffett<br />
Motéma / Membran<br />
(55:28)<br />
The Bridge<br />
Keith Rigling und Steven Schlapper nahmen<br />
Moffetts Miniaturen für Saiten, Holz, Finger und<br />
die Pferdehaare des Bogens sehr natürlich und<br />
direkt auf. Sie kennen die Grenzlinie zwischen<br />
Diskretion und Intimität – ihr Klangbild gibt die<br />
Geräusche der Finger beim Andrücken und<br />
Anschlagen der Saiten wieder, ohne diese überzubetonen.<br />
So wird hier auch die handwerkliche<br />
Auseinandersetzung mit dem Instrument dokumentiert.<br />
Im Vordergrund stehen aber die musikalischen<br />
Aspekte: Melodien, Rhythmen, Akkorde,<br />
das Volumen des Resonanzraums, das Ein- und<br />
Ausschwingen der Töne.<br />
Unverkennbar hat Charnett Moffett die großen<br />
Kontrabassisten studiert. So leitet er Duke Ellingtons<br />
„Caravan“ mit einem Flamenco-Zitat<br />
aus Charles Mingus’ „Ysabel’s Table Dance“ ein:<br />
nur eine von vielen kleinen Anspielungen. Den<br />
„Haitian Fight Song“ gestaltet er hingegen wesentlich<br />
leichtfingriger als der große Bassgrantler<br />
Mingus. Wenn Moffett auf bekannte Themen<br />
wie „Eleanor Rigby“ (Beatles), „Fragile“ (Sting),<br />
ein Monk-Medley oder Eden Ahbez’ „Nature<br />
Boy“ zurückgreift, lässt er diese behutsam aufblühen<br />
und nach einigen Abwandlungen ausklingen.<br />
Diese Konzentration unterscheidet ihn von<br />
Holland, dessen Stücke stärkere Bezüge zur europäischen<br />
Kammermusik aufwiesen, sowie von<br />
Vitous, der sich sogar auf die große Form einließ,<br />
indem er Miles’ Adaption des „Concierto de<br />
Aranjuez“ variierte.<br />
WS<br />
VOCAL JAZZ<br />
Maria Markesini<br />
KLANGTIPP<br />
Cinema Passionata<br />
Ob der Inhalt hier wohl so sexy ist wie die Verpackung?<br />
Die in Griechenland geborene Wahl-<br />
Holländerin Maria Markesini ist ohne Zweifel ein<br />
Hingucker, und zu ihrem CD-Motto „Cinema<br />
Passionata“ gehört die optische Komponente<br />
ohnehin dazu. Doch die rothaarige Diva mit den<br />
neckischen Sommersprossen bringt Männer nicht<br />
nur mit ihrem Augenaufschlag zum Träumen. In<br />
13 Filmsongs und zwei Eigenkompositionen zeigt<br />
sie, begleitet von Orchester und versierter Band<br />
und gehüllt in seidige, großzügig geschnittene<br />
Klangkleider, beeindruckende Ausdrucksvielfalt:<br />
von Renaissance-Flair bis Kunstlied und Barjazz.<br />
Musik zum Abheben, teils himmlisch schön. MI<br />
Sony Classical<br />
(61:05)<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
PIANO-JAZZ<br />
Rantala, Wollny, Moždžer<br />
POSTMODERNER JAZZ<br />
Marius Neset<br />
JAZZ, POSTROCK<br />
Ceramic Dog<br />
Jazz at Berlin Philharm. I<br />
Birds<br />
Your Turn<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Klang: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
Tolle Idee, Norman Grantz’ US-Konzertkonzept<br />
„Jazz at the Philharmonic“ in die deutsche Hauptstadt<br />
zu verpflanzen! Die Auftaktveranstaltung<br />
von „Jazz at Berlin Philharmonic“ gibt’s nun auch<br />
als sauber aufgezeichnete Tonkonserve, die aber<br />
die Faszination eines solchen Abends nur ungenügend<br />
wiedergeben kann. Drei Weltklasse-<br />
Pianisten – der Finne Iiro Rantala, der Deutsche<br />
Michael Wollny und der Pole Leszek Moždžer –<br />
demonstrieren ihre unglaubliche Virtuosität in<br />
wechselnden Konstellationen und in Stücken zwischen<br />
E und U. Man staunt – und fängt doch<br />
nicht so recht Feuer, weil einfach die optische<br />
Komponente fehlt bei dieser Leistungsschau. MI<br />
ACT / Edel:Kultur<br />
(56:30)<br />
Marius Nesets Jazz verweist nicht allein auf Swing<br />
und Bebop. Folklore sowie die zeitgenössische<br />
und klassische Kammermusik sind für den norwegischen<br />
Saxofonisten weitere Bezugspunkte,<br />
aus denen sein Quintett plus Gäste teils minutiös<br />
arrangierte, teils virtuos improvisierte Stücke zaubern.<br />
Mal reibt sich ein nervöser Puls an süffigen<br />
Melodien, mal scheint die zuvor präsente Musik<br />
– vom Tontechniker geschickt eingefädelt – in<br />
nebelverhangene Räume abzudriften. Minimalistische<br />
Drehwurmfiguren und ineinander verzahnte<br />
Klangschichten machen Neset zu einem der<br />
interessantesten Bandleader und Komponisten<br />
der letzten <strong>Jahre</strong>.<br />
WS<br />
Edition / Soulfood<br />
(62:47)<br />
Im Gespräch erzählt Marc Ribot, dass er natürlich<br />
ein Fan von Velvet Underground ist. Deshalb<br />
zerhackt er deren historischen Sound auch ein<br />
wenig, wie so manches Andere aus der urbanen<br />
Klangkultur, das er sich mit seinem Trio Ceramic<br />
Dog vornimmt. Da schreit, jault die Gitarre,<br />
scherzt wieder, wirkt wütend, entrüstet oder<br />
humorvoll verstockt in Kommunikation mit den<br />
derben Beats von Drummer Ches Smith und den<br />
kraftvollen Linien des Bassisten Shahzad Ismaily.<br />
Die Ironisierung des Avantgardehaften kommt<br />
so versteckt, dass man Ribot dieses Spaßprojekt<br />
als klares Statement gegen alles Konventionelle<br />
abnimmt. Famos herb.<br />
RD<br />
yellowbird / Soulfood<br />
(52:05)<br />
FOTO: Eva Kinader<br />
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